Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.nicht um es zu Reginen hinzuziehen sondern um nicht um es zu Reginen hinzuziehen ſondern um <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0127" n="91"/> nicht um es zu Reginen hinzuziehen ſondern um<lb/> von ihm hingezogen zu werden: denn die beſte<lb/> Liebe iſt am bloͤdeſten, und die ſchlimmſte am kuͤhn¬<lb/> ſten. Wie ein ſtillender Mond legte ſich alsdann,<lb/> wenn ſie mehr in ſeinen Gedanken als in ſeinen<lb/> Augen war, ihr Bild an ſeine traͤumende Seele<lb/> und ſo viel war ihm genug. — Sein zweites Mit¬<lb/> tel, ihr Akzeſſiſt zu werden, war der runde Schat¬<lb/> ten eines tiefer unten ſchwankenden Lindenbaums,<lb/> hinter dem die Abendſonne wie hinter einem Ja¬<lb/> louſieladen ſich zerſplitterte. Mit dieſem Schatten<lb/> rutſcht' er nun der Regina immer naͤher; unter<lb/> dem Vorwand als mied' er die eine Sonne, ruͤckte<lb/> er einer andern roͤthern zu. Von ſolchen kleinen<lb/> Spitzbuͤbereien laͤuft die Liebe uͤber; ſie werden<lb/> aber alle <choice><sic>erroͤthen</sic><corr type="corrigenda">errathen</corr></choice> und alle verziehen; und ſie wer¬<lb/> den oft mehr vom Inſtinkt als vom Bewuſtſeyn in¬<lb/> ſpirirt. Wenn freilich der Abend langſam aus dem<lb/> Thal ſich in die Hoͤhe richtete — wenn die ein¬<lb/> ſchlummernde Natur in abgebrochenen Lauten des<lb/> zu Bette gegangnen Vogels gleichſam noch ein<lb/> Paar Worte im halben Schlafe ſagte — wenn das<lb/> Glockenſpiel am Halſe der Heerde, die unſchuldige<lb/> Blumen der Freude aus — Wieſen pfluͤckte, und<lb/> der uniſone Guckguck und das verwirrte Abendge¬<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [91/0127]
nicht um es zu Reginen hinzuziehen ſondern um
von ihm hingezogen zu werden: denn die beſte
Liebe iſt am bloͤdeſten, und die ſchlimmſte am kuͤhn¬
ſten. Wie ein ſtillender Mond legte ſich alsdann,
wenn ſie mehr in ſeinen Gedanken als in ſeinen
Augen war, ihr Bild an ſeine traͤumende Seele
und ſo viel war ihm genug. — Sein zweites Mit¬
tel, ihr Akzeſſiſt zu werden, war der runde Schat¬
ten eines tiefer unten ſchwankenden Lindenbaums,
hinter dem die Abendſonne wie hinter einem Ja¬
louſieladen ſich zerſplitterte. Mit dieſem Schatten
rutſcht' er nun der Regina immer naͤher; unter
dem Vorwand als mied' er die eine Sonne, ruͤckte
er einer andern roͤthern zu. Von ſolchen kleinen
Spitzbuͤbereien laͤuft die Liebe uͤber; ſie werden
aber alle errathen und alle verziehen; und ſie wer¬
den oft mehr vom Inſtinkt als vom Bewuſtſeyn in¬
ſpirirt. Wenn freilich der Abend langſam aus dem
Thal ſich in die Hoͤhe richtete — wenn die ein¬
ſchlummernde Natur in abgebrochenen Lauten des
zu Bette gegangnen Vogels gleichſam noch ein
Paar Worte im halben Schlafe ſagte — wenn das
Glockenſpiel am Halſe der Heerde, die unſchuldige
Blumen der Freude aus — Wieſen pfluͤckte, und
der uniſone Guckguck und das verwirrte Abendge¬
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Zitationshilfe: | Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/127>, abgerufen am 23.07.2024. |