Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.4 Uhr sich allemal eine lange Haselgerte abdrehte Nur im tausendjährigen Reiche giebts solche 4 Uhr ſich allemal eine lange Haſelgerte abdrehte Nur im tauſendjaͤhrigen Reiche giebts ſolche <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0125" n="89"/> 4 Uhr ſich allemal eine lange Haſelgerte abdrehte<lb/> und damit ein Ochſenjunge wurde und neben der<lb/> eilfjaͤhrigen Stroͤßners Regina die Schaaf- und<lb/> Rindsheerde und das Lamm am Band mit ſolchem<lb/> Stolze und mit ſolchen Jupiters Augenbraunen<lb/> austrieb, daß er leicht andeutete, er lenke den<lb/> ganzen Stall und die Reichsritterſchaft ſolle ihm<lb/> nur jezt kommen.</p><lb/> <p>Nur im tauſendjaͤhrigen Reiche giebts ſolche<lb/> Nachmittage wie Guſtav an der Anhoͤhe gleichſam<lb/> auf dem Schooße der Erde hatte. Mein Vater<lb/> haͤtte mich in die Zeichenſchule ſenden ſollen: koͤnnt'<lb/> ich nicht jezt die ganze Landſchaft in meinem Far¬<lb/> benſtrom ſtatt im Dintenſtrom auffangen und hin¬<lb/> ausſpiegeln? Wahrhaftig ich koͤnnte jedes Ge¬<lb/> buͤſch mit dem hineinſchluͤpfenden Vogel dem Leſer<lb/> in die Augen reflektiren, jede lippenfarbige Roth¬<lb/> beere der Felſen-Abdachung jedes von Anflug uͤber¬<lb/> wachſene Schaaf und jeden Baum den das Eich¬<lb/> hoͤrngen mit zerbroͤckelten Tanzapfen umſaͤete. In¬<lb/> zwiſchen giebts Dinge an denen wieder die Iltis-<lb/> Haare des Pinſels vergeblich buͤrſten, die aber<lb/> ſchoͤn aus meinem Kiele rinnen — das auf Genuͤſ¬<lb/> ſen ſchwimmende Auge Guſtavs, <choice><sic>ſchießet</sic><corr type="corrigenda">fließet</corr></choice> ſanft<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [89/0125]
4 Uhr ſich allemal eine lange Haſelgerte abdrehte
und damit ein Ochſenjunge wurde und neben der
eilfjaͤhrigen Stroͤßners Regina die Schaaf- und
Rindsheerde und das Lamm am Band mit ſolchem
Stolze und mit ſolchen Jupiters Augenbraunen
austrieb, daß er leicht andeutete, er lenke den
ganzen Stall und die Reichsritterſchaft ſolle ihm
nur jezt kommen.
Nur im tauſendjaͤhrigen Reiche giebts ſolche
Nachmittage wie Guſtav an der Anhoͤhe gleichſam
auf dem Schooße der Erde hatte. Mein Vater
haͤtte mich in die Zeichenſchule ſenden ſollen: koͤnnt'
ich nicht jezt die ganze Landſchaft in meinem Far¬
benſtrom ſtatt im Dintenſtrom auffangen und hin¬
ausſpiegeln? Wahrhaftig ich koͤnnte jedes Ge¬
buͤſch mit dem hineinſchluͤpfenden Vogel dem Leſer
in die Augen reflektiren, jede lippenfarbige Roth¬
beere der Felſen-Abdachung jedes von Anflug uͤber¬
wachſene Schaaf und jeden Baum den das Eich¬
hoͤrngen mit zerbroͤckelten Tanzapfen umſaͤete. In¬
zwiſchen giebts Dinge an denen wieder die Iltis-
Haare des Pinſels vergeblich buͤrſten, die aber
ſchoͤn aus meinem Kiele rinnen — das auf Genuͤſ¬
ſen ſchwimmende Auge Guſtavs, fließet ſanft
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Zitationshilfe: | Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/125>, abgerufen am 16.02.2025. |