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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809.

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Der Sterbliche blickte, schneller auf die
Erde zufallend, mit erhobenen betenden Hän-
den, nach der Stelle im Himmesblau empor,
wo der Unendliche seinem Herzen erschienen
war -- und ein stiller Glanz hing unverrückt
an der hohen Stelle. Und als er noch schwe-
rer den erleuchteten weichenden Dunst unserer
Kugel betrat und zertheilte: stand noch immer
der Glanz im Aether fest, nur tiefer an der
umrollenden Erde ....

Und da er unsern kalten Boden berührte,
erwachte er; aber der feste Glanz stand im
blauen Osten noch, und war die -- Sonne.

Der Kranke stand unten im Garten, der
erste, herbe giftige Traum hatte ihn hinab-
gedrängt -- die Morgenluft wehte -- das
Feuer war gelöscht -- sein Fieber war geheilt
und sein Herz in Seelenruhe.

Und wie die Qual des Fiebers den hölli-
schen, und der Sieg der Natur den himmli-
schen Traum gebohren; und wie wieder der
folternde Traum den Scheidepunkt, und der

Der Sterbliche blickte, ſchneller auf die
Erde zufallend, mit erhobenen betenden Haͤn-
den, nach der Stelle im Himmesblau empor,
wo der Unendliche ſeinem Herzen erſchienen
war — und ein ſtiller Glanz hing unverrückt
an der hohen Stelle. Und als er noch ſchwe-
rer den erleuchteten weichenden Dunſt unſerer
Kugel betrat und zertheilte: ſtand noch immer
der Glanz im Aether feſt, nur tiefer an der
umrollenden Erde ....

Und da er unſern kalten Boden beruͤhrte,
erwachte er; aber der feſte Glanz ſtand im
blauen Oſten noch, und war die — Sonne.

Der Kranke ſtand unten im Garten, der
erſte, herbe giftige Traum hatte ihn hinab-
gedraͤngt — die Morgenluft wehte — das
Feuer war geloͤſcht — ſein Fieber war geheilt
und ſein Herz in Seelenruhe.

Und wie die Qual des Fiebers den hoͤlli-
ſchen, und der Sieg der Natur den himmli-
ſchen Traum gebohren; und wie wieder der
folternde Traum den Scheidepunkt, und der

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[280/0286] Der Sterbliche blickte, ſchneller auf die Erde zufallend, mit erhobenen betenden Haͤn- den, nach der Stelle im Himmesblau empor, wo der Unendliche ſeinem Herzen erſchienen war — und ein ſtiller Glanz hing unverrückt an der hohen Stelle. Und als er noch ſchwe- rer den erleuchteten weichenden Dunſt unſerer Kugel betrat und zertheilte: ſtand noch immer der Glanz im Aether feſt, nur tiefer an der umrollenden Erde .... Und da er unſern kalten Boden beruͤhrte, erwachte er; aber der feſte Glanz ſtand im blauen Oſten noch, und war die — Sonne. Der Kranke ſtand unten im Garten, der erſte, herbe giftige Traum hatte ihn hinab- gedraͤngt — die Morgenluft wehte — das Feuer war geloͤſcht — ſein Fieber war geheilt und ſein Herz in Seelenruhe. Und wie die Qual des Fiebers den hoͤlli- ſchen, und der Sieg der Natur den himmli- ſchen Traum gebohren; und wie wieder der folternde Traum den Scheidepunkt, und der

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Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger02_1809/286>, abgerufen am 22.11.2024.