und eine Addresse ans Volk wurden bey ihr gefunden. Bey dem Eintritt in die Abtey rannte ein Jüngling mit der Bitte herzu, ihm statt ihrer Gefängniß und Tod zu geben; er erhielt beydes nur wie sie **). Wer auf den Todten eine Thräne fallen läßt, stirbt ihm nach, sagt der Aberglaube; so tödtet in der Despotie, die Thräne, welche auf das schuld- lose Opfer rinnt. -- Die ganze Nacht sprach das begeisterte Mädchen von den Rettungs- mitteln der Republik: "ich habe das Meinige gethan, sagte es vergnügt, (nach Drouets Bericht), die Andern mögen das Uebrige thun."
Um diese Zeit hörte der edle Mainzer, Adam Lux, von ihr sprechen', wiewohl als von einer wahnsinnigen alten Betschwester, und aristokratischen Schwärmerin; aber bald dar- auf schauete ein starkes Herz in ein zweytes; er begegnete ihr auf ihrem Sieges- und Leichen- wagen zur Guillotine, und bestieg ihn bald darauf selber, (am 10ten Oktober) *) weil
**) Frankreich 1800 St. S. 79. etc.
*) Louvet am angeführten Orte.
und eine Addreſſe ans Volk wurden bey ihr gefunden. Bey dem Eintritt in die Abtey rannte ein Jüngling mit der Bitte herzu, ihm ſtatt ihrer Gefaͤngniß und Tod zu geben; er erhielt beydes nur wie ſie **). Wer auf den Todten eine Thraͤne fallen laͤßt, ſtirbt ihm nach, ſagt der Aberglaube; ſo toͤdtet in der Despotie, die Thraͤne, welche auf das ſchuld- loſe Opfer rinnt. — Die ganze Nacht ſprach das begeiſterte Maͤdchen von den Rettungs- mitteln der Republik: „ich habe das Meinige gethan, ſagte es vergnuͤgt, (nach Drouets Bericht), die Andern moͤgen das Uebrige thun.“
Um dieſe Zeit hoͤrte der edle Mainzer, Adam Lux, von ihr ſprechen’, wiewohl als von einer wahnſinnigen alten Betſchweſter, und ariſtokratiſchen Schwärmerin; aber bald dar- auf ſchauete ein ſtarkes Herz in ein zweytes; er begegnete ihr auf ihrem Sieges- und Leichen- wagen zur Guillotine, und beſtieg ihn bald darauf ſelber, (am 10ten Oktober) *) weil
**) Frankreich 1800 St. S. 79. ꝛc.
*) Louvet am angeführten Orte.
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und eine Addreſſe ans Volk wurden bey ihr
gefunden. Bey dem Eintritt in die Abtey
rannte ein Jüngling mit der Bitte herzu, ihm
ſtatt ihrer Gefaͤngniß und Tod zu geben; er
erhielt beydes nur wie ſie **). Wer auf den
Todten eine Thraͤne fallen laͤßt, ſtirbt ihm
nach, ſagt der Aberglaube; ſo toͤdtet in der
Despotie, die Thraͤne, welche auf das ſchuld-
loſe Opfer rinnt. — Die ganze Nacht ſprach
das begeiſterte Maͤdchen von den Rettungs-
mitteln der Republik: „ich habe das Meinige
gethan, ſagte es vergnuͤgt, (nach Drouets
Bericht), die Andern moͤgen das Uebrige thun.“
Um dieſe Zeit hoͤrte der edle Mainzer,
Adam Lux, von ihr ſprechen’, wiewohl als
von einer wahnſinnigen alten Betſchweſter,
und ariſtokratiſchen Schwärmerin; aber bald dar-
auf ſchauete ein ſtarkes Herz in ein zweytes; er
begegnete ihr auf ihrem Sieges- und Leichen-
wagen zur Guillotine, und beſtieg ihn bald
darauf ſelber, (am 10ten Oktober) *) weil
**) Frankreich 1800 St. S. 79. ꝛc.
*) Louvet am angeführten Orte.
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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger02_1809/254>, abgerufen am 27.07.2024.
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