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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809.

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verdichtet -- das schönste deutsche Pantheon
werden, wo die Nazion ihre Unsterblichen
thronen und zurückglänzen, und ihre Opfer-
flammen zu Einem Feuer und in Einen Him-
mel steigen sieht. Darum ist's so erfreulich
daß einem andern Reformator auf der Bühne,
die er selber umgeschaffen, die Trauer- und
Hochzeitfackeln angezündet werden, dem ewi-
gen Schiller. Nicht Er am meisten, der
den Mondregenbogen der brittischen Reflexions-
poesie zu einem Sonnenregenbogen, wenn auch
nicht zu einem reinen Phöbus entzündete und
den dichterischen Zauberkreis wenigstens durch
ein unendliches Zaubervieleck ersetzte, sondern
Er, welcher der Kunst den Künstler opfernd,
lieber aufflog als nur fortflog und untere Ferne
und obere Kälte gern mit höherer Bahn be-
zahlte, so, daß sogar seine spätern Irrthümer
nur Opfer sind, wie seine früheren Fehltritte
nur Fehlflüge. Aber doch wird ein Herz, das
Thränen um den hohen Menschen und Ge-
danken für die Ewigkeit hat, seine Todtenseyer
am schmerzlichsten und am innigsten begehen

verdichtet — das ſchoͤnſte deutſche Pantheon
werden, wo die Nazion ihre Unſterblichen
thronen und zuruͤckglaͤnzen, und ihre Opfer-
flammen zu Einem Feuer und in Einen Him-
mel ſteigen ſieht. Darum iſt’s ſo erfreulich
daß einem andern Reformator auf der Buͤhne,
die er ſelber umgeſchaffen, die Trauer- und
Hochzeitfackeln angezuͤndet werden, dem ewi-
gen Schiller. Nicht Er am meiſten, der
den Mondregenbogen der brittiſchen Reflexions-
poeſie zu einem Sonnenregenbogen, wenn auch
nicht zu einem reinen Phoͤbus entzuͤndete und
den dichteriſchen Zauberkreis wenigſtens durch
ein unendliches Zaubervieleck erſetzte, ſondern
Er, welcher der Kunſt den Kuͤnſtler opfernd,
lieber aufflog als nur fortflog und untere Ferne
und obere Kaͤlte gern mit hoͤherer Bahn be-
zahlte, ſo, daß ſogar ſeine ſpaͤtern Irrthuͤmer
nur Opfer ſind, wie ſeine fruͤheren Fehltritte
nur Fehlfluͤge. Aber doch wird ein Herz, das
Thraͤnen um den hohen Menſchen und Ge-
danken fuͤr die Ewigkeit hat, ſeine Todtenſeyer
am ſchmerzlichſten und am innigſten begehen

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[190/0196] verdichtet — das ſchoͤnſte deutſche Pantheon werden, wo die Nazion ihre Unſterblichen thronen und zuruͤckglaͤnzen, und ihre Opfer- flammen zu Einem Feuer und in Einen Him- mel ſteigen ſieht. Darum iſt’s ſo erfreulich daß einem andern Reformator auf der Buͤhne, die er ſelber umgeſchaffen, die Trauer- und Hochzeitfackeln angezuͤndet werden, dem ewi- gen Schiller. Nicht Er am meiſten, der den Mondregenbogen der brittiſchen Reflexions- poeſie zu einem Sonnenregenbogen, wenn auch nicht zu einem reinen Phoͤbus entzuͤndete und den dichteriſchen Zauberkreis wenigſtens durch ein unendliches Zaubervieleck erſetzte, ſondern Er, welcher der Kunſt den Kuͤnſtler opfernd, lieber aufflog als nur fortflog und untere Ferne und obere Kaͤlte gern mit hoͤherer Bahn be- zahlte, ſo, daß ſogar ſeine ſpaͤtern Irrthuͤmer nur Opfer ſind, wie ſeine fruͤheren Fehltritte nur Fehlfluͤge. Aber doch wird ein Herz, das Thraͤnen um den hohen Menſchen und Ge- danken fuͤr die Ewigkeit hat, ſeine Todtenſeyer am ſchmerzlichſten und am innigſten begehen

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Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger02_1809/196>, abgerufen am 24.11.2024.