der entrückten Unsterblichkeit ging, und wenn das Auge und das Herz voll Feuer und man- ches zu einer Sonne wurde, die der Tod in jene schimmernde Reihen selber einsetzte: so be- gegnen wir auf physischen Höhen, nur geisti- ger Erniedrigung, und wie von Heeren, wer- den die Anhöhen von zerstörten Missethätern besetzt, und der einzige Sokrates-Genius, der Nein zu uns sagt, ist der Nachrichter. Aber nicht die Furcht, nur die Begeisterung thut Wunder, nicht der Brechwein, sondern der Wein berauscht; und welchen der Galgen bes- sert und hebt, ist fast schon an ihm.
O! Werft lieber, wie der Russe, auf eine Gestalt in Verzuckungen das verhüllende Tuch, und nehmt von einem glänzenden Angesicht die Mosisdecke, als das ihr beydes umkehrt und Gebrechen lieber als Kräfte fortpflanzt!
Die reinste Empfindung hienieden, sagt Chateaubriand, ist die Bewunderung; und zu- gleich setze ich hinzu, die wirksamste in den edlern Lebenstheilen. Ein versinkendes Volk erstickt das heilige Feuer der Achtung in Mo-
der entruͤckten Unſterblichkeit ging, und wenn das Auge und das Herz voll Feuer und man- ches zu einer Sonne wurde, die der Tod in jene ſchimmernde Reihen ſelber einſetzte: ſo be- gegnen wir auf phyſiſchen Hoͤhen, nur geiſti- ger Erniedrigung, und wie von Heeren, wer- den die Anhoͤhen von zerſtoͤrten Miſſethaͤtern beſetzt, und der einzige Sokrates-Genius, der Nein zu uns ſagt, iſt der Nachrichter. Aber nicht die Furcht, nur die Begeiſterung thut Wunder, nicht der Brechwein, ſondern der Wein berauſcht; und welchen der Galgen beſ- ſert und hebt, iſt faſt ſchon an ihm.
O! Werft lieber, wie der Ruſſe, auf eine Geſtalt in Verzuckungen das verhuͤllende Tuch, und nehmt von einem glaͤnzenden Angeſicht die Moſisdecke, als das ihr beydes umkehrt und Gebrechen lieber als Kraͤfte fortpflanzt!
Die reinſte Empfindung hienieden, ſagt Chateaubriand, iſt die Bewunderung; und zu- gleich ſetze ich hinzu, die wirkſamſte in den edlern Lebenstheilen. Ein verſinkendes Volk erſtickt das heilige Feuer der Achtung in Mo-
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der entruͤckten Unſterblichkeit ging, und wenn
das Auge und das Herz voll Feuer und man-
ches zu einer Sonne wurde, die der Tod in
jene ſchimmernde Reihen ſelber einſetzte: ſo be-
gegnen wir auf phyſiſchen Hoͤhen, nur geiſti-
ger Erniedrigung, und wie von Heeren, wer-
den die Anhoͤhen von zerſtoͤrten Miſſethaͤtern
beſetzt, und der einzige Sokrates-Genius, der
Nein zu uns ſagt, iſt der Nachrichter. Aber
nicht die Furcht, nur die Begeiſterung thut
Wunder, nicht der Brechwein, ſondern der
Wein berauſcht; und welchen der Galgen beſ-
ſert und hebt, iſt faſt ſchon an ihm.
O! Werft lieber, wie der Ruſſe, auf eine
Geſtalt in Verzuckungen das verhuͤllende Tuch,
und nehmt von einem glaͤnzenden Angeſicht
die Moſisdecke, als das ihr beydes umkehrt
und Gebrechen lieber als Kraͤfte fortpflanzt!
Die reinſte Empfindung hienieden, ſagt
Chateaubriand, iſt die Bewunderung; und zu-
gleich ſetze ich hinzu, die wirkſamſte in den
edlern Lebenstheilen. Ein verſinkendes Volk
erſtickt das heilige Feuer der Achtung in Mo-
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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger02_1809/194>, abgerufen am 22.11.2024.
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