neigt seyn, jede brüderlich zu drücken, die sich aufgethan. Eine Opferflamme entzündet die andere, und vielleicht ist der edle Schiller seine Todes- und Unsterblichkeits-Feyertage den Ge- rüsten zu Luthers Tempel schuldig. Auch dem Reichsanzeiger komme -- bey der deutschen Staatenzersplitterung, welche nur vertiefte Gläser zum Zerstreuen, nicht erhobene zum Sammeln vorhält -- sein Lob, das deutsche Unterhaus zu seyn, welches deutsche Stimmen und Ohren und Gaben sammelt.
Oft wiegt die Bewundrung mehr auf der Geisteswage, als ihr Gegenstand; und folg- lich könnte die Begeisterung für Luther sich sel- ber adeln, unabhängig von Luthers Adel. Aber schauet in diesen, immer grünen Eichbaum und seine Aeste hinauf, an diesen Thurm, der immer, wenn nicht ein Leucht- doch ein Kirch- thurm war mit Sturmglocken und friedlichem Glockenspiele. Nicht seinen Märtyrer-Muth acht' ich am meisten, so viel eiserner er auch war, als er scheinen kann. Denn jedes kühne Leben erscheint aus der Vergangenheit nach
neigt ſeyn, jede bruͤderlich zu druͤcken, die ſich aufgethan. Eine Opferflamme entzuͤndet die andere, und vielleicht iſt der edle Schiller ſeine Todes- und Unſterblichkeits-Feyertage den Ge- ruͤſten zu Luthers Tempel ſchuldig. Auch dem Reichsanzeiger komme — bey der deutſchen Staatenzerſplitterung, welche nur vertiefte Glaͤſer zum Zerſtreuen, nicht erhobene zum Sammeln vorhaͤlt — ſein Lob, das deutſche Unterhaus zu ſeyn, welches deutſche Stimmen und Ohren und Gaben ſammelt.
Oft wiegt die Bewundrung mehr auf der Geiſteswage, als ihr Gegenſtand; und folg- lich koͤnnte die Begeiſterung fuͤr Luther ſich ſel- ber adeln, unabhaͤngig von Luthers Adel. Aber ſchauet in dieſen, immer gruͤnen Eichbaum und ſeine Aeſte hinauf, an dieſen Thurm, der immer, wenn nicht ein Leucht- doch ein Kirch- thurm war mit Sturmglocken und friedlichem Glockenſpiele. Nicht ſeinen Maͤrtyrer-Muth acht’ ich am meiſten, ſo viel eiſerner er auch war, als er ſcheinen kann. Denn jedes kuͤhne Leben erſcheint aus der Vergangenheit nach
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neigt ſeyn, jede bruͤderlich zu druͤcken, die ſich
aufgethan. Eine Opferflamme entzuͤndet die
andere, und vielleicht iſt der edle Schiller ſeine
Todes- und Unſterblichkeits-Feyertage den Ge-
ruͤſten zu Luthers Tempel ſchuldig. Auch dem
Reichsanzeiger komme — bey der deutſchen
Staatenzerſplitterung, welche nur vertiefte
Glaͤſer zum Zerſtreuen, nicht erhobene zum
Sammeln vorhaͤlt — ſein Lob, das deutſche
Unterhaus zu ſeyn, welches deutſche Stimmen
und Ohren und Gaben ſammelt.
Oft wiegt die Bewundrung mehr auf der
Geiſteswage, als ihr Gegenſtand; und folg-
lich koͤnnte die Begeiſterung fuͤr Luther ſich ſel-
ber adeln, unabhaͤngig von Luthers Adel.
Aber ſchauet in dieſen, immer gruͤnen Eichbaum
und ſeine Aeſte hinauf, an dieſen Thurm, der
immer, wenn nicht ein Leucht- doch ein Kirch-
thurm war mit Sturmglocken und friedlichem
Glockenſpiele. Nicht ſeinen Maͤrtyrer-Muth
acht’ ich am meiſten, ſo viel eiſerner er auch
war, als er ſcheinen kann. Denn jedes kuͤhne
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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger02_1809/181>, abgerufen am 22.11.2024.
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