Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite

schrift und Einlaufssumme an, bis zu weni-
gen Vorschlägen ihres Verbrauchs; und Mu-
surus Scherz und jeder Scherz verkleinert vol-
lends alles, sogar das Kleinste. In unsern
kalten, geitzigen, glaubenslosen Tagen, wo die
Religion nur noch die Kabinette und Gerichts-
stuben hat (nicht diese etwa jene), ist die Er-
scheinung herzerhebend, daß man noch des al-
ten herrlichen Luthers, dieses Höllenstürmers
vormaliger Himmelsstürmer durch ernste Tha-
ten gedenkt, indem auf der einen Seite eine
von seiner Erinnerung begeisterte Gesellschaft
rastlos und muthvoll ein, anfangs so wenig
versprechendes Unternehmen verfolgt, und in-
dem sie auf der andern sich durch einen thäti-
gen Antheil von vielen Seiten, wenn nicht
belohnt, doch ermuntert sieht. Wessen Herz
aus Religion und Menschenliebe die Nahrung
zieht, dem quillt sie reichlich aus dem Anblicke
einer gebenden Vereinigung zu, welche für ei-
nen höhern Zweck, als gewöhnliche Waisen-
haussteuer, und aus höherem Triebe opfert;
auch wer seine Hand nicht öffnete, muß ge-

ſchrift und Einlaufsſumme an, bis zu weni-
gen Vorſchlägen ihres Verbrauchs; und Mu-
ſurus Scherz und jeder Scherz verkleinert vol-
lends alles, ſogar das Kleinſte. In unſern
kalten, geitzigen, glaubensloſen Tagen, wo die
Religion nur noch die Kabinette und Gerichts-
ſtuben hat (nicht dieſe etwa jene), iſt die Er-
ſcheinung herzerhebend, daß man noch des al-
ten herrlichen Luthers, dieſes Hoͤllenſtuͤrmers
vormaliger Himmelsſtuͤrmer durch ernſte Tha-
ten gedenkt, indem auf der einen Seite eine
von ſeiner Erinnerung begeiſterte Geſellſchaft
raſtlos und muthvoll ein, anfangs ſo wenig
verſprechendes Unternehmen verfolgt, und in-
dem ſie auf der andern ſich durch einen thäti-
gen Antheil von vielen Seiten, wenn nicht
belohnt, doch ermuntert ſieht. Weſſen Herz
aus Religion und Menſchenliebe die Nahrung
zieht, dem quillt ſie reichlich aus dem Anblicke
einer gebenden Vereinigung zu, welche fuͤr ei-
nen hoͤhern Zweck, als gewoͤhnliche Waiſen-
hausſteuer, und aus hoͤherem Triebe opfert;
auch wer ſeine Hand nicht öffnete, muß ge-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0180" n="174"/>
&#x017F;chrift und Einlaufs&#x017F;umme an, bis zu weni-<lb/>
gen Vor&#x017F;chlägen ihres Verbrauchs; und Mu-<lb/>
&#x017F;urus Scherz und jeder Scherz verkleinert vol-<lb/>
lends alles, &#x017F;ogar das Klein&#x017F;te. In un&#x017F;ern<lb/>
kalten, geitzigen, glaubenslo&#x017F;en Tagen, wo die<lb/>
Religion nur noch die Kabinette und Gerichts-<lb/>
&#x017F;tuben hat (nicht die&#x017F;e etwa jene), i&#x017F;t die Er-<lb/>
&#x017F;cheinung herzerhebend, daß man noch des al-<lb/>
ten herrlichen Luthers, die&#x017F;es Ho&#x0364;llen&#x017F;tu&#x0364;rmers<lb/>
vormaliger Himmels&#x017F;tu&#x0364;rmer durch ern&#x017F;te Tha-<lb/>
ten gedenkt, indem auf der einen Seite eine<lb/>
von &#x017F;einer Erinnerung begei&#x017F;terte Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft<lb/>
ra&#x017F;tlos und muthvoll ein, anfangs &#x017F;o wenig<lb/>
ver&#x017F;prechendes Unternehmen verfolgt, und in-<lb/>
dem &#x017F;ie auf der andern &#x017F;ich durch einen thäti-<lb/>
gen Antheil von vielen Seiten, wenn nicht<lb/>
belohnt, doch ermuntert &#x017F;ieht. We&#x017F;&#x017F;en Herz<lb/>
aus Religion und Men&#x017F;chenliebe die Nahrung<lb/>
zieht, dem quillt &#x017F;ie reichlich aus dem Anblicke<lb/>
einer gebenden Vereinigung zu, welche fu&#x0364;r ei-<lb/>
nen ho&#x0364;hern Zweck, als gewo&#x0364;hnliche Wai&#x017F;en-<lb/>
haus&#x017F;teuer, und aus ho&#x0364;herem Triebe opfert;<lb/>
auch wer &#x017F;eine Hand nicht öffnete, muß ge-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[174/0180] ſchrift und Einlaufsſumme an, bis zu weni- gen Vorſchlägen ihres Verbrauchs; und Mu- ſurus Scherz und jeder Scherz verkleinert vol- lends alles, ſogar das Kleinſte. In unſern kalten, geitzigen, glaubensloſen Tagen, wo die Religion nur noch die Kabinette und Gerichts- ſtuben hat (nicht dieſe etwa jene), iſt die Er- ſcheinung herzerhebend, daß man noch des al- ten herrlichen Luthers, dieſes Hoͤllenſtuͤrmers vormaliger Himmelsſtuͤrmer durch ernſte Tha- ten gedenkt, indem auf der einen Seite eine von ſeiner Erinnerung begeiſterte Geſellſchaft raſtlos und muthvoll ein, anfangs ſo wenig verſprechendes Unternehmen verfolgt, und in- dem ſie auf der andern ſich durch einen thäti- gen Antheil von vielen Seiten, wenn nicht belohnt, doch ermuntert ſieht. Weſſen Herz aus Religion und Menſchenliebe die Nahrung zieht, dem quillt ſie reichlich aus dem Anblicke einer gebenden Vereinigung zu, welche fuͤr ei- nen hoͤhern Zweck, als gewoͤhnliche Waiſen- hausſteuer, und aus hoͤherem Triebe opfert; auch wer ſeine Hand nicht öffnete, muß ge-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger02_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger02_1809/180
Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger02_1809/180>, abgerufen am 22.11.2024.