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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809.

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Wenn wirklich, wie schon Swift nach
Rochefaucault sagt, wir in jedes Freundes
Unglück etwas weniges finden, was uns heim-
lich erlabt: so mußte allerdings der Brunnen-
arzt in der Aussicht auf die Ausprügelung sei-
nes Freundes Semmelmann etwas Behagliches
finden, da er so lange diese sich selber zuge-
dacht geglaubt; auch wurde diese Behaglichkeit
durch die Betrachtung eher vermehrt als ver-
mindert, daß der Leibmedikus, sein Neben-
buhler, der als Weg-Aufseher der ersten und
zweyten Wege des Fürsten mehrere Wege
Rechtens und Himmelfahrten und bedeckten
Wege und engen Pässe des Landes besetzte,
vom berühmten Katzenberger vielleicht durch
Prügel könnte um einigen Kredit, wenn nicht
um Glieder, und mehr gebracht werden. Dieß
hielt ihn aber nicht ab, vielmehr spornte es
ihn an, sich nicht nur unter vier Ohren son-
dern vielleicht vor mehr als zehn Hörmaschi-
nen des Hofs im Finstern entschieden des Leib-
medikus oder der Semmelmannschen Unschuld
anzunehmen, und zwar mit so größerer Wärme

Wenn wirklich, wie ſchon Swift nach
Rochefaucault ſagt, wir in jedes Freundes
Ungluͤck etwas weniges finden, was uns heim-
lich erlabt: ſo mußte allerdings der Brunnen-
arzt in der Ausſicht auf die Auspruͤgelung ſei-
nes Freundes Semmelmann etwas Behagliches
finden, da er ſo lange dieſe ſich ſelber zuge-
dacht geglaubt; auch wurde dieſe Behaglichkeit
durch die Betrachtung eher vermehrt als ver-
mindert, daß der Leibmedikus, ſein Neben-
buhler, der als Weg-Aufſeher der erſten und
zweyten Wege des Fuͤrſten mehrere Wege
Rechtens und Himmelfahrten und bedeckten
Wege und engen Paͤſſe des Landes beſetzte,
vom beruͤhmten Katzenberger vielleicht durch
Pruͤgel koͤnnte um einigen Kredit, wenn nicht
um Glieder, und mehr gebracht werden. Dieß
hielt ihn aber nicht ab, vielmehr ſpornte es
ihn an, ſich nicht nur unter vier Ohren ſon-
dern vielleicht vor mehr als zehn Hörmaſchi-
nen des Hofs im Finſtern entſchieden des Leib-
medikus oder der Semmelmannſchen Unſchuld
anzunehmen, und zwar mit ſo groͤßerer Waͤrme

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[114/0120] Wenn wirklich, wie ſchon Swift nach Rochefaucault ſagt, wir in jedes Freundes Ungluͤck etwas weniges finden, was uns heim- lich erlabt: ſo mußte allerdings der Brunnen- arzt in der Ausſicht auf die Auspruͤgelung ſei- nes Freundes Semmelmann etwas Behagliches finden, da er ſo lange dieſe ſich ſelber zuge- dacht geglaubt; auch wurde dieſe Behaglichkeit durch die Betrachtung eher vermehrt als ver- mindert, daß der Leibmedikus, ſein Neben- buhler, der als Weg-Aufſeher der erſten und zweyten Wege des Fuͤrſten mehrere Wege Rechtens und Himmelfahrten und bedeckten Wege und engen Paͤſſe des Landes beſetzte, vom beruͤhmten Katzenberger vielleicht durch Pruͤgel koͤnnte um einigen Kredit, wenn nicht um Glieder, und mehr gebracht werden. Dieß hielt ihn aber nicht ab, vielmehr ſpornte es ihn an, ſich nicht nur unter vier Ohren ſon- dern vielleicht vor mehr als zehn Hörmaſchi- nen des Hofs im Finſtern entſchieden des Leib- medikus oder der Semmelmannſchen Unſchuld anzunehmen, und zwar mit ſo groͤßerer Waͤrme

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Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger02_1809/120>, abgerufen am 22.11.2024.