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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809.

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Theudobach -- fuhr er fort -- behalten ihre
Aehnlichkeit sogar in der Statur; denn Er ist so
lang als ich." -- "Nein, unterfuhr ich, dann
ist er kürzer als ich; eine Frau, die so lang ist
als ein Mann, ist länger als ein Mann." --
Es schwollen beynahe Giftblasen mir auf, ge-
steh' ich gern. Es verdroß mich das ewige Prah-
len mit der körperlichen Aehnlichkeit Theudobachs
bey so wenig geistiger. Ich denke an seine un-
ritterliche Furcht und an meine Perücke beym
Wagen-Umwurf. Er wollte sich an meinen
Kopf anhalten, um seinen zu retten. Raufen
aber ist eine eigne Weise, einem Mädchen den
Kopf zu verrücken. Mein Vater wird ihn mit
dieser Perrücke, womit er in die Grube gefahren,
noch oft fegen, wie die Bedienten in Irland da-
mit die Treppen.

Freilich wars an ihn eine dumme Mädchen-
frage, die ich nachher gethan, wie ich Dir beich-
ten will. Aber wer denn anders? Die Lese-
rinnen eines Dichters sind alle seine heimlichen
Liebhaberinnen -- die Jünglinge werdens mit
Dichterinnen auch nicht besser machen --; und

Theudobach — fuhr er fort — behalten ihre
Aehnlichkeit ſogar in der Statur; denn Er iſt ſo
lang als ich.” — „Nein, unterfuhr ich, dann
iſt er kuͤrzer als ich; eine Frau, die ſo lang iſt
als ein Mann, iſt laͤnger als ein Mann.” —
Es ſchwollen beynahe Giftblaſen mir auf, ge-
ſteh’ ich gern. Es verdroß mich das ewige Prah-
len mit der koͤrperlichen Aehnlichkeit Theudobachs
bey ſo wenig geiſtiger. Ich denke an ſeine un-
ritterliche Furcht und an meine Peruͤcke beym
Wagen-Umwurf. Er wollte ſich an meinen
Kopf anhalten, um ſeinen zu retten. Raufen
aber iſt eine eigne Weiſe, einem Maͤdchen den
Kopf zu verruͤcken. Mein Vater wird ihn mit
dieſer Perrücke, womit er in die Grube gefahren,
noch oft fegen, wie die Bedienten in Irland da-
mit die Treppen.

Freilich wars an ihn eine dumme Maͤdchen-
frage, die ich nachher gethan, wie ich Dir beich-
ten will. Aber wer denn anders? Die Leſe-
rinnen eines Dichters ſind alle ſeine heimlichen
Liebhaberinnen — die Juͤnglinge werdens mit
Dichterinnen auch nicht beſſer machen —; und

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[75/0093] Theudobach — fuhr er fort — behalten ihre Aehnlichkeit ſogar in der Statur; denn Er iſt ſo lang als ich.” — „Nein, unterfuhr ich, dann iſt er kuͤrzer als ich; eine Frau, die ſo lang iſt als ein Mann, iſt laͤnger als ein Mann.” — Es ſchwollen beynahe Giftblaſen mir auf, ge- ſteh’ ich gern. Es verdroß mich das ewige Prah- len mit der koͤrperlichen Aehnlichkeit Theudobachs bey ſo wenig geiſtiger. Ich denke an ſeine un- ritterliche Furcht und an meine Peruͤcke beym Wagen-Umwurf. Er wollte ſich an meinen Kopf anhalten, um ſeinen zu retten. Raufen aber iſt eine eigne Weiſe, einem Maͤdchen den Kopf zu verruͤcken. Mein Vater wird ihn mit dieſer Perrücke, womit er in die Grube gefahren, noch oft fegen, wie die Bedienten in Irland da- mit die Treppen. Freilich wars an ihn eine dumme Maͤdchen- frage, die ich nachher gethan, wie ich Dir beich- ten will. Aber wer denn anders? Die Leſe- rinnen eines Dichters ſind alle ſeine heimlichen Liebhaberinnen — die Juͤnglinge werdens mit Dichterinnen auch nicht beſſer machen —; und

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Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger01_1809/93>, abgerufen am 26.11.2024.