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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809.

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tet -- was damals Adoriren geheißen --; doch
sey einem Manne, der plötzlich aus dem stren-
gen mathematisch-anatomischen Heerlager ins
Kindergärtchen des Verliebens hinein gemußt,
damals zu Muthe gewesen, wie einem Lachse,
der im Lenze aus seinem Salz-Ozean in süße
Flüsse schwimmen muß, um zu leichen. Noch
dazu wäre zu seiner Zeit eine bessere Zeit gewe-
sen -- damals habe man aus der brennenden
Pfeife der Liebe polizeymäßig wie ohne Pfeifen-
deckel geraucht. -- Man habe von der sogenann-
ten Liebe nirgends in Kutschen und Kellern ge-
sprochen, sondern von Haushalten, von Sich-
Einrichten, und Ansetzen. So gesteh' er z. B.
seiner Seits, daß er aus Scham nicht gewagt,
seine Werbung bey seiner durch Maikäfer ent-
führten Braut anders einzukleiden, als in die
wahrhaftige Wendung: nächstens gedenke er sich
als Geburtshelfer zu setzen in Pira, wisse aber
leider, daß junge Männer selten gerufen wür-
den, und schwache Praxis hätten, so lange sie
unverehlicht wären." -- "Freilich, setzte er hinzu,
war ich damals hölzern in der Liebe, und erst

tet — was damals Adoriren geheißen —; doch
ſey einem Manne, der ploͤtzlich aus dem ſtren-
gen mathematiſch-anatomiſchen Heerlager ins
Kindergaͤrtchen des Verliebens hinein gemußt,
damals zu Muthe geweſen, wie einem Lachſe,
der im Lenze aus ſeinem Salz-Ozean in ſuͤße
Fluͤſſe ſchwimmen muß, um zu leichen. Noch
dazu wäre zu ſeiner Zeit eine beſſere Zeit gewe-
ſen — damals habe man aus der brennenden
Pfeife der Liebe polizeymaͤßig wie ohne Pfeifen-
deckel geraucht. — Man habe von der ſogenann-
ten Liebe nirgends in Kutſchen und Kellern ge-
ſprochen, ſondern von Haushalten, von Sich-
Einrichten, und Anſetzen. So geſteh’ er z. B.
ſeiner Seits, daß er aus Scham nicht gewagt,
ſeine Werbung bey ſeiner durch Maikaͤfer ent-
fuͤhrten Braut anders einzukleiden, als in die
wahrhaftige Wendung: naͤchſtens gedenke er ſich
als Geburtshelfer zu ſetzen in Pira, wiſſe aber
leider, daß junge Maͤnner ſelten gerufen wuͤr-
den, und ſchwache Praxis haͤtten, ſo lange ſie
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[61/0079] tet — was damals Adoriren geheißen —; doch ſey einem Manne, der ploͤtzlich aus dem ſtren- gen mathematiſch-anatomiſchen Heerlager ins Kindergaͤrtchen des Verliebens hinein gemußt, damals zu Muthe geweſen, wie einem Lachſe, der im Lenze aus ſeinem Salz-Ozean in ſuͤße Fluͤſſe ſchwimmen muß, um zu leichen. Noch dazu wäre zu ſeiner Zeit eine beſſere Zeit gewe- ſen — damals habe man aus der brennenden Pfeife der Liebe polizeymaͤßig wie ohne Pfeifen- deckel geraucht. — Man habe von der ſogenann- ten Liebe nirgends in Kutſchen und Kellern ge- ſprochen, ſondern von Haushalten, von Sich- Einrichten, und Anſetzen. So geſteh’ er z. B. ſeiner Seits, daß er aus Scham nicht gewagt, ſeine Werbung bey ſeiner durch Maikaͤfer ent- fuͤhrten Braut anders einzukleiden, als in die wahrhaftige Wendung: naͤchſtens gedenke er ſich als Geburtshelfer zu ſetzen in Pira, wiſſe aber leider, daß junge Maͤnner ſelten gerufen wuͤr- den, und ſchwache Praxis haͤtten, ſo lange ſie unverehlicht waͤren.” — „Freilich, ſetzte er hinzu, war ich damals hoͤlzern in der Liebe, und erſt

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Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger01_1809/79>, abgerufen am 25.11.2024.