Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite

kränzte Theoda ihren Vater mit allen möglichen
Redeblumen, um dem Freund ihres Dichters
ihre Tochter-Augen für ihn zu leihen. Beson-
ders hob sie dessen reines Feuer für die Wissen-
schaft heraus, für die er Leben und Geld ver-
schwende, und beklagte sein Loos, ein gelehrter
einsamer Riese zu seyn. Da der Edelmann ge-
wiß voraussetzte, daß die Augen-Sperre des
Riesen nichts sey, als ein Aufmachen von ein
Paar Dionysius-Ohren, wie überhaupt Blinde
besser hören: so fiel er ihr unbedingt bey, und
erklärte, er erstaune über Katzenbergers Genie.
Dieser hörte dies wirklich, und hatte Mühe,
nicht aus dem Schlafe heraus zu lächeln wie
ein Kind, womit Engel spielen. Des blin-
den optischen Schlafes bedient er sich bloß, um
selber zu hören, wie weit Nieß sein Verlieben
in Theoda treibe; um dann etwa bey feurigen
Welt- und Redetheilen rasch auf zu wachen,
und mit Schnee und Scherz einzufallen. Jetzt
ging Theoda, die den Schlummer glaubte, weil
ihr Vater sich selten die Mühe der Verstellung
gab, noch weiter und sagte dem Edelmanne frei:

kraͤnzte Theoda ihren Vater mit allen moͤglichen
Redeblumen, um dem Freund ihres Dichters
ihre Tochter-Augen für ihn zu leihen. Beſon-
ders hob ſie deſſen reines Feuer fuͤr die Wiſſen-
ſchaft heraus, fuͤr die er Leben und Geld ver-
ſchwende, und beklagte ſein Loos, ein gelehrter
einſamer Rieſe zu ſeyn. Da der Edelmann ge-
wiß vorausſetzte, daß die Augen-Sperre des
Rieſen nichts ſey, als ein Aufmachen von ein
Paar Dionyſius-Ohren, wie uͤberhaupt Blinde
beſſer hoͤren: ſo fiel er ihr unbedingt bey, und
erklaͤrte, er erſtaune uͤber Katzenbergers Genie.
Dieſer hoͤrte dies wirklich, und hatte Muͤhe,
nicht aus dem Schlafe heraus zu laͤcheln wie
ein Kind, womit Engel ſpielen. Des blin-
den optiſchen Schlafes bedient er ſich bloß, um
ſelber zu hoͤren, wie weit Nieß ſein Verlieben
in Theoda treibe; um dann etwa bey feurigen
Welt- und Redetheilen raſch auf zu wachen,
und mit Schnee und Scherz einzufallen. Jetzt
ging Theoda, die den Schlummer glaubte, weil
ihr Vater ſich ſelten die Muͤhe der Verſtellung
gab, noch weiter und ſagte dem Edelmanne frei:

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0071" n="53"/>
kra&#x0364;nzte Theoda ihren Vater mit allen mo&#x0364;glichen<lb/>
Redeblumen, um dem Freund ihres Dichters<lb/>
ihre Tochter-Augen für ihn zu leihen. Be&#x017F;on-<lb/>
ders hob &#x017F;ie de&#x017F;&#x017F;en reines Feuer fu&#x0364;r die Wi&#x017F;&#x017F;en-<lb/>
&#x017F;chaft heraus, fu&#x0364;r die er Leben und Geld ver-<lb/>
&#x017F;chwende, und beklagte &#x017F;ein Loos, ein gelehrter<lb/>
ein&#x017F;amer Rie&#x017F;e zu &#x017F;eyn. Da der Edelmann ge-<lb/>
wiß voraus&#x017F;etzte, daß die Augen-Sperre des<lb/>
Rie&#x017F;en nichts &#x017F;ey, als ein Aufmachen von ein<lb/>
Paar Diony&#x017F;ius-Ohren, wie u&#x0364;berhaupt <hi rendition="#g">Blinde</hi><lb/>
be&#x017F;&#x017F;er <hi rendition="#g">ho&#x0364;ren</hi>: &#x017F;o fiel er ihr unbedingt bey, und<lb/>
erkla&#x0364;rte, er er&#x017F;taune u&#x0364;ber Katzenbergers Genie.<lb/>
Die&#x017F;er ho&#x0364;rte dies wirklich, und hatte Mu&#x0364;he,<lb/>
nicht aus dem Schlafe heraus zu la&#x0364;cheln wie<lb/>
ein Kind, womit Engel &#x017F;pielen. Des blin-<lb/>
den opti&#x017F;chen Schlafes bedient er &#x017F;ich bloß, um<lb/>
&#x017F;elber zu ho&#x0364;ren, wie weit Nieß &#x017F;ein Verlieben<lb/>
in Theoda treibe; um dann etwa bey feurigen<lb/>
Welt- und Redetheilen ra&#x017F;ch auf zu wachen,<lb/>
und mit Schnee und Scherz einzufallen. Jetzt<lb/>
ging Theoda, die den Schlummer glaubte, weil<lb/>
ihr Vater &#x017F;ich &#x017F;elten die Mu&#x0364;he der Ver&#x017F;tellung<lb/>
gab, noch weiter und &#x017F;agte dem Edelmanne frei:<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[53/0071] kraͤnzte Theoda ihren Vater mit allen moͤglichen Redeblumen, um dem Freund ihres Dichters ihre Tochter-Augen für ihn zu leihen. Beſon- ders hob ſie deſſen reines Feuer fuͤr die Wiſſen- ſchaft heraus, fuͤr die er Leben und Geld ver- ſchwende, und beklagte ſein Loos, ein gelehrter einſamer Rieſe zu ſeyn. Da der Edelmann ge- wiß vorausſetzte, daß die Augen-Sperre des Rieſen nichts ſey, als ein Aufmachen von ein Paar Dionyſius-Ohren, wie uͤberhaupt Blinde beſſer hoͤren: ſo fiel er ihr unbedingt bey, und erklaͤrte, er erſtaune uͤber Katzenbergers Genie. Dieſer hoͤrte dies wirklich, und hatte Muͤhe, nicht aus dem Schlafe heraus zu laͤcheln wie ein Kind, womit Engel ſpielen. Des blin- den optiſchen Schlafes bedient er ſich bloß, um ſelber zu hoͤren, wie weit Nieß ſein Verlieben in Theoda treibe; um dann etwa bey feurigen Welt- und Redetheilen raſch auf zu wachen, und mit Schnee und Scherz einzufallen. Jetzt ging Theoda, die den Schlummer glaubte, weil ihr Vater ſich ſelten die Muͤhe der Verſtellung gab, noch weiter und ſagte dem Edelmanne frei:

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger01_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger01_1809/71
Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger01_1809/71>, abgerufen am 24.11.2024.