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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809.

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Er hatte nämlich zufolge allgemein-bestätig-
ter Erfahrungen und Beyspielen z. B. de la
Lande's und sogar der Dlle. Schurmann --
welche nur naturhistorischen Laien Neuigkeiten
seyn können -- im ganzen Wirthshause (dem
Kellner schlich er deshalb in den Keller nach)
umher gestöbert und gewittert, um fette runde
Spinnen zu erjagen, die für ihn (wie für das
obengedachte Paar) Landaustern und lebendige
Bouillon-Kugeln waren, die er frisch aß. Ja
er hatte sogar, um den allgemeinen Ekel des
Wirthshauses, wo möglich, zurecht zu weisen
-- vor den Augen der Wirthin und der Auf-
wärter reife Kanker auf Semmelschnitte gestri-
chen und sie aufgegessen, indem er Stein und
Bein dabey schwur -- um mehr anzuködern --
sie schmeckten wie Haselnüsse.

Gleichwohl hatte er dadurch weit mehr den
Abscheu als den Appetit in Betreff der Spinnen
und Seiner-Selbst vermehrt und zwar in solchem
Grade, daß er selber der ganzen Wirthschaft als
eine Kreutz-Spinne vorkam, und sie sich als
seine Fliegen. Als er daher später einmal ver-

Er hatte naͤmlich zufolge allgemein-beſtaͤtig-
ter Erfahrungen und Beyſpielen z. B. de la
Lande’s und ſogar der Dlle. Schurmann —
welche nur naturhiſtoriſchen Laien Neuigkeiten
ſeyn koͤnnen — im ganzen Wirthshauſe (dem
Kellner ſchlich er deshalb in den Keller nach)
umher geſtoͤbert und gewittert, um fette runde
Spinnen zu erjagen, die fuͤr ihn (wie fuͤr das
obengedachte Paar) Landauſtern und lebendige
Bouillon-Kugeln waren, die er friſch aß. Ja
er hatte ſogar, um den allgemeinen Ekel des
Wirthshauſes, wo moͤglich, zurecht zu weiſen
— vor den Augen der Wirthin und der Auf-
waͤrter reife Kanker auf Semmelſchnitte geſtri-
chen und ſie aufgegeſſen, indem er Stein und
Bein dabey ſchwur — um mehr anzukoͤdern —
ſie ſchmeckten wie Haſelnuͤſſe.

Gleichwohl hatte er dadurch weit mehr den
Abſcheu als den Appetit in Betreff der Spinnen
und Seiner-Selbſt vermehrt und zwar in ſolchem
Grade, daß er ſelber der ganzen Wirthſchaft als
eine Kreutz-Spinne vorkam, und ſie ſich als
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[44/0062] Er hatte naͤmlich zufolge allgemein-beſtaͤtig- ter Erfahrungen und Beyſpielen z. B. de la Lande’s und ſogar der Dlle. Schurmann — welche nur naturhiſtoriſchen Laien Neuigkeiten ſeyn koͤnnen — im ganzen Wirthshauſe (dem Kellner ſchlich er deshalb in den Keller nach) umher geſtoͤbert und gewittert, um fette runde Spinnen zu erjagen, die fuͤr ihn (wie fuͤr das obengedachte Paar) Landauſtern und lebendige Bouillon-Kugeln waren, die er friſch aß. Ja er hatte ſogar, um den allgemeinen Ekel des Wirthshauſes, wo moͤglich, zurecht zu weiſen — vor den Augen der Wirthin und der Auf- waͤrter reife Kanker auf Semmelſchnitte geſtri- chen und ſie aufgegeſſen, indem er Stein und Bein dabey ſchwur — um mehr anzukoͤdern — ſie ſchmeckten wie Haſelnuͤſſe. Gleichwohl hatte er dadurch weit mehr den Abſcheu als den Appetit in Betreff der Spinnen und Seiner-Selbſt vermehrt und zwar in ſolchem Grade, daß er ſelber der ganzen Wirthſchaft als eine Kreutz-Spinne vorkam, und ſie ſich als ſeine Fliegen. Als er daher ſpaͤter einmal ver-

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Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger01_1809/62>, abgerufen am 23.11.2024.