Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite

Erdmassen vor uns, oder sähen wir außer denen
droben zugleich die drunten: so wäre man
schwerlich auf die Hoffnung dieser himmlischen
Völkerwanderungen verfallen, und hätten un-
serer heiligsten Sehnsucht nicht die Richtung nach
einer bloß methaphorischen Höhe gegeben --
Der Zeltische Himmel aus Wolken, und der
jetzige aus Welten wären uns nur in der Grö-
ße verschieden, ja der griechische sey besser, der
die schattige träumerische Unterwelt einnehme.

Ernst versetzte mystisch, es gäbe ein absolutes
Oben, welches im Siege über die Schwerkraft,
in der Freyheit bestehe, und das die Flammen und
die Wurzelkeime auf dem Avers und Reversuuserer
Kugel suchen. -- Gegen meinen Unglauben
an eine zweyte Verkörperung und Menschwer-
dung fragt' er: ob das Erkennen und das sittliche
Handeln ohne irgend eine möglich sey ---- "bey
endlichen Wesen meynen Sie ohnehin, setzt' ich
darzu: denn vom unendlichen ists gewiß," --
und wenn das künftig seyn könnte, warum man
denn überhaupt die erste hiesige umbekommen? --
Aber das völlige Ausscheiden aus unserer Körper-

Erdmaſſen vor uns, oder ſaͤhen wir außer denen
droben zugleich die drunten: ſo wäre man
ſchwerlich auf die Hoffnung dieſer himmliſchen
Völkerwanderungen verfallen, und haͤtten un-
ſerer heiligſten Sehnſucht nicht die Richtung nach
einer bloß methaphoriſchen Hoͤhe gegeben —
Der Zeltiſche Himmel aus Wolken, und der
jetzige aus Welten wären uns nur in der Groͤ-
ße verſchieden, ja der griechiſche ſey beſſer, der
die ſchattige traͤumeriſche Unterwelt einnehme.

Ernſt verſetzte myſtiſch, es gäbe ein abſolutes
Oben, welches im Siege uͤber die Schwerkraft,
in der Freyheit beſtehe, und das die Flammen und
die Wurzelkeime auf dem Avers und Reversuuſerer
Kugel ſuchen. — Gegen meinen Unglauben
an eine zweyte Verkoͤrperung und Menſchwer-
dung fragt’ er: ob das Erkennen und das ſittliche
Handeln ohne irgend eine moͤglich ſey —— „bey
endlichen Weſen meynen Sie ohnehin, ſetzt’ ich
darzu: denn vom unendlichen iſts gewiß,” —
und wenn das kuͤnftig ſeyn koͤnnte, warum man
denn uͤberhaupt die erſte hieſige umbekommen? —
Aber das voͤllige Ausſcheiden aus unſerer Koͤrper-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0258" n="240"/>
Erdma&#x017F;&#x017F;en vor uns, oder &#x017F;a&#x0364;hen wir außer denen<lb/><hi rendition="#g">droben</hi> zugleich die <hi rendition="#g">drunten</hi>: &#x017F;o wäre man<lb/>
&#x017F;chwerlich auf die Hoffnung die&#x017F;er himmli&#x017F;chen<lb/>
Völkerwanderungen verfallen, und ha&#x0364;tten un-<lb/>
&#x017F;erer heilig&#x017F;ten Sehn&#x017F;ucht nicht die Richtung nach<lb/>
einer bloß methaphori&#x017F;chen <hi rendition="#g">Ho&#x0364;he</hi> gegeben &#x2014;<lb/>
Der Zelti&#x017F;che Himmel aus Wolken, und der<lb/>
jetzige aus Welten wären uns nur in der Gro&#x0364;-<lb/>
ße ver&#x017F;chieden, ja der griechi&#x017F;che &#x017F;ey be&#x017F;&#x017F;er, der<lb/>
die &#x017F;chattige tra&#x0364;umeri&#x017F;che Unterwelt einnehme.</p><lb/>
        <p>Ern&#x017F;t ver&#x017F;etzte my&#x017F;ti&#x017F;ch, es gäbe ein ab&#x017F;olutes<lb/><hi rendition="#g">Oben</hi>, welches im Siege u&#x0364;ber die Schwerkraft,<lb/>
in der Freyheit be&#x017F;tehe, und das die Flammen und<lb/>
die Wurzelkeime auf dem Avers und Reversuu&#x017F;erer<lb/>
Kugel &#x017F;uchen. &#x2014; Gegen meinen Unglauben<lb/>
an eine zweyte Verko&#x0364;rperung und Men&#x017F;chwer-<lb/>
dung fragt&#x2019; er: ob das Erkennen und das &#x017F;ittliche<lb/>
Handeln ohne irgend eine mo&#x0364;glich &#x017F;ey &#x2014;&#x2014; &#x201E;bey<lb/>
endlichen We&#x017F;en meynen Sie ohnehin, &#x017F;etzt&#x2019; ich<lb/>
darzu: denn vom unendlichen i&#x017F;ts gewiß,&#x201D; &#x2014;<lb/>
und wenn das ku&#x0364;nftig &#x017F;eyn ko&#x0364;nnte, warum man<lb/>
denn u&#x0364;berhaupt die er&#x017F;te hie&#x017F;ige umbekommen? &#x2014;<lb/>
Aber das vo&#x0364;llige Aus&#x017F;cheiden aus un&#x017F;erer Ko&#x0364;rper-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[240/0258] Erdmaſſen vor uns, oder ſaͤhen wir außer denen droben zugleich die drunten: ſo wäre man ſchwerlich auf die Hoffnung dieſer himmliſchen Völkerwanderungen verfallen, und haͤtten un- ſerer heiligſten Sehnſucht nicht die Richtung nach einer bloß methaphoriſchen Hoͤhe gegeben — Der Zeltiſche Himmel aus Wolken, und der jetzige aus Welten wären uns nur in der Groͤ- ße verſchieden, ja der griechiſche ſey beſſer, der die ſchattige traͤumeriſche Unterwelt einnehme. Ernſt verſetzte myſtiſch, es gäbe ein abſolutes Oben, welches im Siege uͤber die Schwerkraft, in der Freyheit beſtehe, und das die Flammen und die Wurzelkeime auf dem Avers und Reversuuſerer Kugel ſuchen. — Gegen meinen Unglauben an eine zweyte Verkoͤrperung und Menſchwer- dung fragt’ er: ob das Erkennen und das ſittliche Handeln ohne irgend eine moͤglich ſey —— „bey endlichen Weſen meynen Sie ohnehin, ſetzt’ ich darzu: denn vom unendlichen iſts gewiß,” — und wenn das kuͤnftig ſeyn koͤnnte, warum man denn uͤberhaupt die erſte hieſige umbekommen? — Aber das voͤllige Ausſcheiden aus unſerer Koͤrper-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger01_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger01_1809/258
Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger01_1809/258>, abgerufen am 24.11.2024.