und ich starrte die aufsteigende Unsterbliche an mit unendlicher und trostloser Liebe -- Ach, dacht' ich, das Leben ist ein Traum; aber ich könnt' ihr's vielleicht sagen, wie ich sie liebe, wär' ich nur erwacht.
Dann erwacht' ich -- O Klotilde, kann es der Mensch sagen, wie sehr er liebe?
H.
Sein Karakter und der Inhalt dieses Traums schließen den Argwohn der Erdichtung aus -- Uebri¬ gens wenn ihm auch Klotilde den eingehüllten Wunsch, sie in Maienthal zu sehen, versagt: so muß sie es doch auf einem Blättgen und mit drei Zeilen thun, die er dann tausendmal lesen kann und die das Bilder- und Siegelkabinet, worin schon Hut und Prospekte liegen, um ein Ansehnliches bereichern. Inzwischen stand er in seinem schönen Alpenthal zwischen zwei hohen Bergen, auf deren jedem sich der Stof zu einer Schneelauvine regte -- vielleicht ist schon oben eine im erquetschenden Gange und er kann sie noch nicht sehen. -- Die erste Lauvine, die sein geringster Laut über ihn herunterwerfen kann, ist sein tolles Verhältniß mit seiner höfischen Be¬
und ich ſtarrte die aufſteigende Unſterbliche an mit unendlicher und troſtloſer Liebe — Ach, dacht' ich, das Leben iſt ein Traum; aber ich koͤnnt' ihr's vielleicht ſagen, wie ich ſie liebe, waͤr' ich nur erwacht.
Dann erwacht' ich — O Klotilde, kann es der Menſch ſagen, wie ſehr er liebe?
H.
Sein Karakter und der Inhalt dieſes Traums ſchließen den Argwohn der Erdichtung aus — Uebri¬ gens wenn ihm auch Klotilde den eingehuͤllten Wunſch, ſie in Maienthal zu ſehen, verſagt: ſo muß ſie es doch auf einem Blaͤttgen und mit drei Zeilen thun, die er dann tauſendmal leſen kann und die das Bilder- und Siegelkabinet, worin ſchon Hut und Proſpekte liegen, um ein Anſehnliches bereichern. Inzwiſchen ſtand er in ſeinem ſchoͤnen Alpenthal zwiſchen zwei hohen Bergen, auf deren jedem ſich der Stof zu einer Schneelauvine regte — vielleicht iſt ſchon oben eine im erquetſchenden Gange und er kann ſie noch nicht ſehen. — Die erſte Lauvine, die ſein geringſter Laut uͤber ihn herunterwerfen kann, iſt ſein tolles Verhaͤltniß mit ſeiner hoͤfiſchen Be¬
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0054"n="44"/>
und ich ſtarrte die aufſteigende Unſterbliche an mit<lb/>
unendlicher und troſtloſer Liebe — Ach, dacht' ich,<lb/>
das Leben iſt ein Traum; aber ich koͤnnt' ihr's<lb/>
vielleicht ſagen, wie ich ſie liebe, waͤr' ich nur<lb/>
erwacht.</p><lb/><p>Dann erwacht' ich — O Klotilde, kann es der<lb/>
Menſch ſagen, wie ſehr er liebe?</p><lb/><prendition="#right">H.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Sein Karakter und der Inhalt dieſes Traums<lb/>ſchließen den Argwohn der Erdichtung aus — Uebri¬<lb/>
gens wenn ihm auch Klotilde den eingehuͤllten<lb/>
Wunſch, ſie in Maienthal zu ſehen, verſagt: ſo muß<lb/>ſie es doch auf einem Blaͤttgen und mit drei Zeilen<lb/>
thun, die er dann tauſendmal leſen kann und die<lb/>
das Bilder- und Siegelkabinet, worin ſchon Hut<lb/>
und Proſpekte liegen, um ein Anſehnliches bereichern.<lb/>
Inzwiſchen ſtand er in ſeinem ſchoͤnen Alpenthal<lb/>
zwiſchen zwei hohen Bergen, auf deren jedem ſich<lb/>
der Stof zu einer Schneelauvine regte — vielleicht<lb/>
iſt ſchon oben eine im erquetſchenden Gange und er<lb/>
kann ſie noch nicht ſehen. — Die erſte Lauvine, die<lb/>ſein geringſter Laut uͤber ihn herunterwerfen kann,<lb/>
iſt ſein tolles Verhaͤltniß mit ſeiner hoͤfiſchen Be¬<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[44/0054]
und ich ſtarrte die aufſteigende Unſterbliche an mit
unendlicher und troſtloſer Liebe — Ach, dacht' ich,
das Leben iſt ein Traum; aber ich koͤnnt' ihr's
vielleicht ſagen, wie ich ſie liebe, waͤr' ich nur
erwacht.
Dann erwacht' ich — O Klotilde, kann es der
Menſch ſagen, wie ſehr er liebe?
H.
Sein Karakter und der Inhalt dieſes Traums
ſchließen den Argwohn der Erdichtung aus — Uebri¬
gens wenn ihm auch Klotilde den eingehuͤllten
Wunſch, ſie in Maienthal zu ſehen, verſagt: ſo muß
ſie es doch auf einem Blaͤttgen und mit drei Zeilen
thun, die er dann tauſendmal leſen kann und die
das Bilder- und Siegelkabinet, worin ſchon Hut
und Proſpekte liegen, um ein Anſehnliches bereichern.
Inzwiſchen ſtand er in ſeinem ſchoͤnen Alpenthal
zwiſchen zwei hohen Bergen, auf deren jedem ſich
der Stof zu einer Schneelauvine regte — vielleicht
iſt ſchon oben eine im erquetſchenden Gange und er
kann ſie noch nicht ſehen. — Die erſte Lauvine, die
ſein geringſter Laut uͤber ihn herunterwerfen kann,
iſt ſein tolles Verhaͤltniß mit ſeiner hoͤfiſchen Be¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/54>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.