an seine Geliebte verdanke. Mit folgenden leisen Worten trägt er darin seine Bitte, sie zu sehen vor:
"Wenn ich wüßte, daß ich die schöne Seele, die jetzt neben dem erhabnen Emanuel, neben dem Frühling und unter ihren schönen Gedanken glücklich seyn wird, nur einen Augenblick durch dieses Blatt be¬ klemmte oder störte: o recht gerne opferte ich diese seelige Stunde auf, um sie vielleicht zu verdienen. Aber nein, ewige Freundin, Ihr weiches Herz be¬ gehrt mein Schweigen nicht! Ach der Mensch muß so oft Kälte und Kummer verbergen, warum noch gar Liebe und Freude? -- Und ich würd' es auch heute nicht können.
O wenn ein Erdenmensch in einem Traum durch das Elysium gegangen, wenn große unbekannte Blu¬ men über ihn zusammengeschlagen wären, wenn ein Seeliger, ihm eine von diesen Blumen gereicht hätte mit den Worten: "diese erinnere dich, wenn du er¬ "wachst, daß du nicht geträumt hast!" wie würde er schmachten nach dem elysischen Lande so oft er die Blume ansähe. -- Unvergeßliche! Sie haben in der Schimmernacht, wo mein Herz zweimal erlag, aber nur einmal vor Schmerz, einem Menschen ein Eden gegeben, das hinausreicht über sein leben; aber mir war bisher als würd' ich wacher aus der zurückge¬
an ſeine Geliebte verdanke. Mit folgenden leiſen Worten traͤgt er darin ſeine Bitte, ſie zu ſehen vor:
»Wenn ich wuͤßte, daß ich die ſchoͤne Seele, die jetzt neben dem erhabnen Emanuel, neben dem Fruͤhling und unter ihren ſchoͤnen Gedanken gluͤcklich ſeyn wird, nur einen Augenblick durch dieſes Blatt be¬ klemmte oder ſtoͤrte: o recht gerne opferte ich dieſe ſeelige Stunde auf, um ſie vielleicht zu verdienen. Aber nein, ewige Freundin, Ihr weiches Herz be¬ gehrt mein Schweigen nicht! Ach der Menſch muß ſo oft Kaͤlte und Kummer verbergen, warum noch gar Liebe und Freude? — Und ich wuͤrd' es auch heute nicht koͤnnen.
O wenn ein Erdenmenſch in einem Traum durch das Elyſium gegangen, wenn große unbekannte Blu¬ men uͤber ihn zuſammengeſchlagen waͤren, wenn ein Seeliger, ihm eine von dieſen Blumen gereicht haͤtte mit den Worten: »dieſe erinnere dich, wenn du er¬ »wachſt, daß du nicht getraͤumt haſt!« wie wuͤrde er ſchmachten nach dem elyſiſchen Lande ſo oft er die Blume anſaͤhe. — Unvergeßliche! Sie haben in der Schimmernacht, wo mein Herz zweimal erlag, aber nur einmal vor Schmerz, einem Menſchen ein Eden gegeben, das hinausreicht uͤber ſein leben; aber mir war bisher als wuͤrd' ich wacher aus der zuruͤckge¬
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0049"n="39"/>
an ſeine Geliebte verdanke. Mit folgenden leiſen<lb/>
Worten traͤgt er darin ſeine Bitte, ſie zu ſehen vor:</p><lb/><p>»Wenn ich wuͤßte, daß ich die ſchoͤne Seele, die<lb/>
jetzt neben dem erhabnen Emanuel, neben dem Fruͤhling<lb/>
und <choice><sic>nnter</sic><corr>unter</corr></choice> ihren ſchoͤnen Gedanken gluͤcklich ſeyn<lb/>
wird, nur einen Augenblick durch dieſes Blatt be¬<lb/>
klemmte oder ſtoͤrte: o recht gerne opferte ich dieſe<lb/>ſeelige Stunde auf, um ſie vielleicht zu verdienen.<lb/>
Aber nein, ewige Freundin, Ihr weiches Herz be¬<lb/>
gehrt mein Schweigen nicht! Ach der Menſch muß<lb/>ſo oft Kaͤlte und Kummer verbergen, warum noch<lb/>
gar Liebe und Freude? — Und ich wuͤrd' es auch<lb/>
heute nicht koͤnnen.</p><lb/><p>O wenn ein Erdenmenſch in einem Traum durch<lb/>
das Elyſium gegangen, wenn große unbekannte Blu¬<lb/>
men uͤber ihn zuſammengeſchlagen waͤren, wenn ein<lb/>
Seeliger, ihm eine von dieſen Blumen gereicht haͤtte<lb/>
mit den Worten: »dieſe erinnere dich, wenn du er¬<lb/>
»wachſt, daß du nicht getraͤumt haſt!« wie wuͤrde<lb/>
er ſchmachten nach dem elyſiſchen Lande ſo oft er die<lb/>
Blume anſaͤhe. — Unvergeßliche! Sie haben in der<lb/>
Schimmernacht, wo mein Herz zweimal erlag, aber<lb/>
nur einmal vor Schmerz, einem Menſchen ein Eden<lb/>
gegeben, das hinausreicht uͤber ſein leben; aber mir<lb/>
war bisher als wuͤrd' ich wacher aus der zuruͤckge¬<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[39/0049]
an ſeine Geliebte verdanke. Mit folgenden leiſen
Worten traͤgt er darin ſeine Bitte, ſie zu ſehen vor:
»Wenn ich wuͤßte, daß ich die ſchoͤne Seele, die
jetzt neben dem erhabnen Emanuel, neben dem Fruͤhling
und unter ihren ſchoͤnen Gedanken gluͤcklich ſeyn
wird, nur einen Augenblick durch dieſes Blatt be¬
klemmte oder ſtoͤrte: o recht gerne opferte ich dieſe
ſeelige Stunde auf, um ſie vielleicht zu verdienen.
Aber nein, ewige Freundin, Ihr weiches Herz be¬
gehrt mein Schweigen nicht! Ach der Menſch muß
ſo oft Kaͤlte und Kummer verbergen, warum noch
gar Liebe und Freude? — Und ich wuͤrd' es auch
heute nicht koͤnnen.
O wenn ein Erdenmenſch in einem Traum durch
das Elyſium gegangen, wenn große unbekannte Blu¬
men uͤber ihn zuſammengeſchlagen waͤren, wenn ein
Seeliger, ihm eine von dieſen Blumen gereicht haͤtte
mit den Worten: »dieſe erinnere dich, wenn du er¬
»wachſt, daß du nicht getraͤumt haſt!« wie wuͤrde
er ſchmachten nach dem elyſiſchen Lande ſo oft er die
Blume anſaͤhe. — Unvergeßliche! Sie haben in der
Schimmernacht, wo mein Herz zweimal erlag, aber
nur einmal vor Schmerz, einem Menſchen ein Eden
gegeben, das hinausreicht uͤber ſein leben; aber mir
war bisher als wuͤrd' ich wacher aus der zuruͤckge¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/49>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.