zuletzt über die Verlobung der Schwester eine Wuth geäußert, die er durch nichts als durch die Vorspie¬ gelung eines verkappten Duels mit dem Vater be¬ friedigen können -- denn um einen zweiten Kampf zwischen Vater und Sohn, den das Schweigen des Lords angezettelt, abzuwenden, hab' er ihn selber unternommen, aber leider zu unglücklich.
So weit der Edle: die uns bekannten wahren Einschiebsel unterschlag' ich. Jenner, der jetzt dem Evangelisten für die Wegnahme einer Furcht gewo¬ gen wurde, in die er ihn selber gesetzt hatte, that die natürliche Frage: "warum Flamin den Mord auf sich nehme." -- Matthieu: "ich flüchtete so¬ "gleich, und es stand nicht bei mir, seine Unwahr¬ "heit, deren ich mich nicht versehen konnte, zu ver¬ "hüten; aber es stand bei mir, sie zu widerlegen." -- Jenner: "Fahren Sie in Ihrer Freimüthigkeit fort, "sie ist Ihre Schutzschrift, weichen Sie nicht aus!" -- Matthieu mit einer freiern Mine: "was ich zu sa¬ "gen wußte, hab' ich schon gesagt im Anfange, um "ihn zu retten; und jetzt ist er gerettet." -- Jen¬ ner sann zurück, begrif nichts und bat: "noch deut¬ "licher!" -- Matthieu mit der absichtlichen Mine eines Menschen, der Versilberungen seines Vortrags zurechtmacht: "aus Großmuth würd' er für den ge¬ "storben seyn, der für ihn gesündigt hatte, (für Ma¬ "zen), wenn ihn nicht seine Freunde retteten." Jen¬
zuletzt uͤber die Verlobung der Schweſter eine Wuth geaͤußert, die er durch nichts als durch die Vorſpie¬ gelung eines verkappten Duels mit dem Vater be¬ friedigen koͤnnen — denn um einen zweiten Kampf zwiſchen Vater und Sohn, den das Schweigen des Lords angezettelt, abzuwenden, hab' er ihn ſelber unternommen, aber leider zu ungluͤcklich.
So weit der Edle: die uns bekannten wahren Einſchiebſel unterſchlag' ich. Jenner, der jetzt dem Evangeliſten fuͤr die Wegnahme einer Furcht gewo¬ gen wurde, in die er ihn ſelber geſetzt hatte, that die natuͤrliche Frage: »warum Flamin den Mord auf ſich nehme.» — Matthieu: »ich fluͤchtete ſo¬ »gleich, und es ſtand nicht bei mir, ſeine Unwahr¬ »heit, deren ich mich nicht verſehen konnte, zu ver¬ »huͤten; aber es ſtand bei mir, ſie zu widerlegen.» — Jenner: »Fahren Sie in Ihrer Freimuͤthigkeit fort, »ſie iſt Ihre Schutzſchrift, weichen Sie nicht aus!» — Matthieu mit einer freiern Mine: »was ich zu ſa¬ »gen wußte, hab' ich ſchon geſagt im Anfange, um »ihn zu retten; und jetzt iſt er gerettet.» — Jen¬ ner ſann zuruͤck, begrif nichts und bat: »noch deut¬ »licher!» — Matthieu mit der abſichtlichen Mine eines Menſchen, der Verſilberungen ſeines Vortrags zurechtmacht: »aus Großmuth wuͤrd' er fuͤr den ge¬ »ſtorben ſeyn, der fuͤr ihn geſuͤndigt hatte, (fuͤr Ma¬ »zen), wenn ihn nicht ſeine Freunde retteten.» Jen¬
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zuletzt uͤber die Verlobung der Schweſter eine Wuth
geaͤußert, die er durch nichts als durch die Vorſpie¬
gelung eines verkappten Duels mit dem Vater be¬
friedigen koͤnnen — denn um einen zweiten Kampf
zwiſchen Vater und Sohn, den das Schweigen des
Lords angezettelt, abzuwenden, hab' er ihn ſelber
unternommen, aber leider zu ungluͤcklich.
So weit der Edle: die uns bekannten wahren
Einſchiebſel unterſchlag' ich. Jenner, der jetzt dem
Evangeliſten fuͤr die Wegnahme einer Furcht gewo¬
gen wurde, in die er ihn ſelber geſetzt hatte, that
die natuͤrliche Frage: »warum Flamin den Mord
auf ſich nehme.» — Matthieu: »ich fluͤchtete ſo¬
»gleich, und es ſtand nicht bei mir, ſeine Unwahr¬
»heit, deren ich mich nicht verſehen konnte, zu ver¬
»huͤten; aber es ſtand bei mir, ſie zu widerlegen.» —
Jenner: »Fahren Sie in Ihrer Freimuͤthigkeit fort,
»ſie iſt Ihre Schutzſchrift, weichen Sie nicht aus!» —
Matthieu mit einer freiern Mine: »was ich zu ſa¬
»gen wußte, hab' ich ſchon geſagt im Anfange, um
»ihn zu retten; und jetzt iſt er gerettet.» — Jen¬
ner ſann zuruͤck, begrif nichts und bat: »noch deut¬
»licher!» — Matthieu mit der abſichtlichen Mine
eines Menſchen, der Verſilberungen ſeines Vortrags
zurechtmacht: »aus Großmuth wuͤrd' er fuͤr den ge¬
»ſtorben ſeyn, der fuͤr ihn geſuͤndigt hatte, (fuͤr Ma¬
»zen), wenn ihn nicht ſeine Freunde retteten.» Jen¬
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795, S. 379. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/389>, abgerufen am 23.11.2024.
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