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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795.

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ihnen als heute. Jenner ließ ihn abtreten, um sich
wieder zusammenzulesen.

Wir wollen jetzt in der Antichambre drei Worte
über den Abwesenden reden. Mir sagte einmal ein
feiner Mann, er habe einmal zu einem großen Welt¬
kenner gesagt: "der Fehler der Großen wäre, sich
"selber nichts zuzutrauen, und daher würden sie
"von jedem gelenkt;" und der Weltkenner habe
geantwortet: er treff' es. -- Jenner liebte Mazen
nicht, und das blos seines satirischen und wollüsti¬
gen Gesichts wegen -- aber nicht etwan seiner La¬
ster wegen. Ich setze voraus, der Leser wird doch
Höfe genug gesehen haben -- auf dem Theater, wo
die höhern Stände ihre Begriffe von Landleuten und
wir unsere von ihnen abholen --, um zu wissen, was
man da hasset -- -- keine Lasterhaften, nicht ein¬
mal Tugendhafte, sondern beide liebt man wirklich
gerade wie dasige Bratschisten, Wezlaer Prokurato¬
ren, Intendanten, wenn man sie nöthig hat. -- --

Der Junker kam wieder vor. Jenner hatte das
süße väterliche Wallen über die Neuigkeit, da er
bisher alle seine Kinder verloren gegeben, gestillt;
aber er begehrte jetzt den Beweis, daß Flamin der
(angebliche) Sohn des Kammerherrn sei. Ums
Duel kümmerte er sich gar nicht. Der Beweis war
der aufrichtigen Seele leicht zu führen: die Seele
berief sich geradezu auf die Mutter, die eben gerade

ihnen als heute. Jenner ließ ihn abtreten, um ſich
wieder zuſammenzuleſen.

Wir wollen jetzt in der Antichambre drei Worte
uͤber den Abweſenden reden. Mir ſagte einmal ein
feiner Mann, er habe einmal zu einem großen Welt¬
kenner geſagt: »der Fehler der Großen waͤre, ſich
»ſelber nichts zuzutrauen, und daher wuͤrden ſie
»von jedem gelenkt;» und der Weltkenner habe
geantwortet: er treff' es. — Jenner liebte Mazen
nicht, und das blos ſeines ſatiriſchen und wolluͤſti¬
gen Geſichts wegen — aber nicht etwan ſeiner La¬
ſter wegen. Ich ſetze voraus, der Leſer wird doch
Hoͤfe genug geſehen haben — auf dem Theater, wo
die hoͤhern Staͤnde ihre Begriffe von Landleuten und
wir unſere von ihnen abholen —, um zu wiſſen, was
man da haſſet — — keine Laſterhaften, nicht ein¬
mal Tugendhafte, ſondern beide liebt man wirklich
gerade wie daſige Bratſchiſten, Wezlaer Prokurato¬
ren, Intendanten, wenn man ſie noͤthig hat. — —

Der Junker kam wieder vor. Jenner hatte das
ſuͤße vaͤterliche Wallen uͤber die Neuigkeit, da er
bisher alle ſeine Kinder verloren gegeben, geſtillt;
aber er begehrte jetzt den Beweis, daß Flamin der
(angebliche) Sohn des Kammerherrn ſei. Ums
Duel kuͤmmerte er ſich gar nicht. Der Beweis war
der aufrichtigen Seele leicht zu fuͤhren: die Seele
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[376/0386] ihnen als heute. Jenner ließ ihn abtreten, um ſich wieder zuſammenzuleſen. Wir wollen jetzt in der Antichambre drei Worte uͤber den Abweſenden reden. Mir ſagte einmal ein feiner Mann, er habe einmal zu einem großen Welt¬ kenner geſagt: »der Fehler der Großen waͤre, ſich »ſelber nichts zuzutrauen, und daher wuͤrden ſie »von jedem gelenkt;» und der Weltkenner habe geantwortet: er treff' es. — Jenner liebte Mazen nicht, und das blos ſeines ſatiriſchen und wolluͤſti¬ gen Geſichts wegen — aber nicht etwan ſeiner La¬ ſter wegen. Ich ſetze voraus, der Leſer wird doch Hoͤfe genug geſehen haben — auf dem Theater, wo die hoͤhern Staͤnde ihre Begriffe von Landleuten und wir unſere von ihnen abholen —, um zu wiſſen, was man da haſſet — — keine Laſterhaften, nicht ein¬ mal Tugendhafte, ſondern beide liebt man wirklich gerade wie daſige Bratſchiſten, Wezlaer Prokurato¬ ren, Intendanten, wenn man ſie noͤthig hat. — — Der Junker kam wieder vor. Jenner hatte das ſuͤße vaͤterliche Wallen uͤber die Neuigkeit, da er bisher alle ſeine Kinder verloren gegeben, geſtillt; aber er begehrte jetzt den Beweis, daß Flamin der (angebliche) Sohn des Kammerherrn ſei. Ums Duel kuͤmmerte er ſich gar nicht. Der Beweis war der aufrichtigen Seele leicht zu fuͤhren: die Seele berief ſich geradezu auf die Mutter, die eben gerade

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Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795, S. 376. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/386>, abgerufen am 23.11.2024.