Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795.schöne von Würmern untergrabene Angesicht nur ein Viktor erwartete also vorher die Ankunft Klotil¬ ſchoͤne von Wuͤrmern untergrabene Angeſicht nur ein Viktor erwartete alſo vorher die Ankunft Klotil¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0368" n="358"/> ſchoͤne von Wuͤrmern untergrabene Angeſicht nur ein<lb/> mal ſaͤhe, nur noch ein mal, ja er wollte wenig¬<lb/> ſtens die kalte Larve blind betaſten — das hatt' er<lb/> anfangs gebeten; aber in wenig Wochen hatt' er ſei¬<lb/> ne Arme unter dem Todten weggezogen und ſie ganz<lb/> (wie ein wahres Kind) mit aller ſeiner liebkoſenden<lb/> Liebe um den <hi rendition="#g">immer</hi> bei ihm zu Hauſe bleibenden<lb/> Viktor geſchlungen. Sogar zu Nachts reichten ſie<lb/> ſich aus ihren zwei nahen Betten die warmen Haͤnde<lb/> zu und giengen, ſo verknuͤpft, in die Abendlaͤnder<lb/> der Traͤume hinein. Den kindlichen Blinden hatte<lb/> ſogar das fortklingende Getoͤſe des Stadtgetuͤm¬<lb/> mels, das ſeinem Dorfe abgegangen war, ge¬<lb/> troͤſtet. . . .</p><lb/> <p>Viktor erwartete alſo vorher die Ankunft Klotil¬<lb/> dens — ach er haͤtt' es auch ohne den Blinden ge¬<lb/> than. — Mußt' er nicht ſeine gute Mutter noch<lb/> einmal ſehen, ſeine unvergeßliche Geliebte noch ein¬<lb/> mal hoͤren? — Ich kann es uͤbrigens nicht ver¬<lb/> heimlichen, daß ihm nicht bloß die Rettung Flamins,<lb/> ſondern eigentlicher Lebensekel die Hand bei ſeinem<lb/> Todesurtheil fuͤhrten. Im Urtheil des moͤrderiſchen<lb/> Ekels ſtanden als Entſcheidungsgruͤnde der erhabne<lb/> Sonnenuntergang Emanuels. — Viktors gelaͤufige<lb/> Nachtgedanken uͤber unſer Lukubrieren des Lebens —<lb/> ſeine gaͤnzliche Umſtuͤrzung ſeiner buͤrgerlichen Verhaͤlt¬<lb/> niſſe — das aͤhnliche vergangene oder kuͤnftige Muſter<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [358/0368]
ſchoͤne von Wuͤrmern untergrabene Angeſicht nur ein
mal ſaͤhe, nur noch ein mal, ja er wollte wenig¬
ſtens die kalte Larve blind betaſten — das hatt' er
anfangs gebeten; aber in wenig Wochen hatt' er ſei¬
ne Arme unter dem Todten weggezogen und ſie ganz
(wie ein wahres Kind) mit aller ſeiner liebkoſenden
Liebe um den immer bei ihm zu Hauſe bleibenden
Viktor geſchlungen. Sogar zu Nachts reichten ſie
ſich aus ihren zwei nahen Betten die warmen Haͤnde
zu und giengen, ſo verknuͤpft, in die Abendlaͤnder
der Traͤume hinein. Den kindlichen Blinden hatte
ſogar das fortklingende Getoͤſe des Stadtgetuͤm¬
mels, das ſeinem Dorfe abgegangen war, ge¬
troͤſtet. . . .
Viktor erwartete alſo vorher die Ankunft Klotil¬
dens — ach er haͤtt' es auch ohne den Blinden ge¬
than. — Mußt' er nicht ſeine gute Mutter noch
einmal ſehen, ſeine unvergeßliche Geliebte noch ein¬
mal hoͤren? — Ich kann es uͤbrigens nicht ver¬
heimlichen, daß ihm nicht bloß die Rettung Flamins,
ſondern eigentlicher Lebensekel die Hand bei ſeinem
Todesurtheil fuͤhrten. Im Urtheil des moͤrderiſchen
Ekels ſtanden als Entſcheidungsgruͤnde der erhabne
Sonnenuntergang Emanuels. — Viktors gelaͤufige
Nachtgedanken uͤber unſer Lukubrieren des Lebens —
ſeine gaͤnzliche Umſtuͤrzung ſeiner buͤrgerlichen Verhaͤlt¬
niſſe — das aͤhnliche vergangene oder kuͤnftige Muſter
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