Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

scher Zeusel an: denn jede humoristische Ergießung
richtete er ordentlicher Weise an den, der sie am
wenigsten verstand; ich wills aber hier an die Patri¬
zier und membra gerichtet wissen) "Giebts denn,
"mein lieber Mann, hier zu Lande nichts als Gal¬
"gen und Zimmerleute und Justizbeamten, ich meine
"so, daß also die erstern keine Axt anrühren, wenn
"nicht die letztern damit den ersten Hieb gethan?
"Will Er denn alle Narrheiten wie die Moden von
"oben herabbekommen, wie ein Wind allemal in den
"obern Luftregionen sauset eh' er unten an unsere
"Fenster anpfeift? -- Und wo ist denn ein Reichs¬
"abschied oder ein Vikariatskonklusum, das einem
"Reichs-Deutschen verböte, närrisch zu seyn? Ich
"hoffe, Zeusel, es soll noch eine Zeit kommen, wo
"Er und ich und jeder so viel Verstand hat, daß er
"seinen eignen hat und seine eigne aus seinem
"Fleisch und Blut gezeugte Privat-Narrheit, als
"Autodidaktus in jeder Toll- und Weisheit. --
"O ihr armen Menschen! fangt doch nach den Flü¬
"gel- und Schwanzfedern der Freude unter den for¬
"cierten Märschen euerer Tage! O ihr Armen!
"Will denn kein guter Freund einen Imperialfo¬
"lianten zusammenschmieren und euch darthun, daß
"ihr wenig Zeit habt gleich dem Teufel in der Apo¬
"kalypsis? Ach der Genius verspricht so wenig --
"die Hofnung hält so wenig -- Der Säe- und

Y 2

ſcher Zeuſel an: denn jede humoriſtiſche Ergießung
richtete er ordentlicher Weiſe an den, der ſie am
wenigſten verſtand; ich wills aber hier an die Patri¬
zier und membra gerichtet wiſſen) »Giebts denn,
»mein lieber Mann, hier zu Lande nichts als Gal¬
»gen und Zimmerleute und Juſtizbeamten, ich meine
»ſo, daß alſo die erſtern keine Axt anruͤhren, wenn
»nicht die letztern damit den erſten Hieb gethan?
»Will Er denn alle Narrheiten wie die Moden von
»oben herabbekommen, wie ein Wind allemal in den
»obern Luftregionen ſauſet eh' er unten an unſere
»Fenſter anpfeift? — Und wo iſt denn ein Reichs¬
»abſchied oder ein Vikariatskonkluſum, das einem
»Reichs-Deutſchen verboͤte, naͤrriſch zu ſeyn? Ich
»hoffe, Zeuſel, es ſoll noch eine Zeit kommen, wo
»Er und ich und jeder ſo viel Verſtand hat, daß er
»ſeinen eignen hat und ſeine eigne aus ſeinem
»Fleiſch und Blut gezeugte Privat-Narrheit, als
»Autodidaktus in jeder Toll- und Weisheit. —
»O ihr armen Menſchen! fangt doch nach den Fluͤ¬
»gel- und Schwanzfedern der Freude unter den for¬
»cierten Maͤrſchen euerer Tage! O ihr Armen!
»Will denn kein guter Freund einen Imperialfo¬
»lianten zuſammenſchmieren und euch darthun, daß
»ihr wenig Zeit habt gleich dem Teufel in der Apo¬
»kalypſis? Ach der Genius verſpricht ſo wenig —
»die Hofnung haͤlt ſo wenig — Der Saͤe- und

Y 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0349" n="339"/>
&#x017F;cher Zeu&#x017F;el an: denn jede humori&#x017F;ti&#x017F;che Ergießung<lb/>
richtete er ordentlicher Wei&#x017F;e an den, der &#x017F;ie am<lb/>
wenig&#x017F;ten ver&#x017F;tand; ich wills aber hier an die Patri¬<lb/>
zier und <hi rendition="#aq">membra</hi> gerichtet wi&#x017F;&#x017F;en) »Giebts denn,<lb/>
»mein lieber Mann, hier zu Lande nichts als Gal¬<lb/>
»gen und Zimmerleute und Ju&#x017F;tizbeamten, ich meine<lb/>
»&#x017F;o, daß al&#x017F;o die er&#x017F;tern keine Axt anru&#x0364;hren, wenn<lb/>
»nicht die letztern damit den er&#x017F;ten Hieb gethan?<lb/>
»Will Er denn alle Narrheiten wie die Moden von<lb/>
»oben herabbekommen, wie ein Wind allemal in den<lb/>
»obern Luftregionen &#x017F;au&#x017F;et eh' er unten an un&#x017F;ere<lb/>
»Fen&#x017F;ter anpfeift? &#x2014; Und wo i&#x017F;t denn ein Reichs¬<lb/>
»ab&#x017F;chied oder ein Vikariatskonklu&#x017F;um, das einem<lb/>
»Reichs-Deut&#x017F;chen verbo&#x0364;te, na&#x0364;rri&#x017F;ch zu &#x017F;eyn? Ich<lb/>
»hoffe, Zeu&#x017F;el, es &#x017F;oll noch eine Zeit kommen, wo<lb/>
»Er und ich und jeder &#x017F;o viel Ver&#x017F;tand hat, daß er<lb/>
»&#x017F;einen eignen hat und &#x017F;eine eigne aus &#x017F;einem<lb/>
»Flei&#x017F;ch und Blut gezeugte Privat-Narrheit, als<lb/>
»Autodidaktus in jeder Toll- und Weisheit. &#x2014;<lb/>
»O ihr armen Men&#x017F;chen! fangt doch nach den Flu&#x0364;¬<lb/>
»gel- und Schwanzfedern der Freude unter den for¬<lb/>
»cierten Ma&#x0364;r&#x017F;chen euerer Tage! O ihr Armen!<lb/>
»Will denn kein guter Freund einen Imperialfo¬<lb/>
»lianten zu&#x017F;ammen&#x017F;chmieren und euch darthun, daß<lb/>
»ihr wenig Zeit habt gleich dem Teufel in der Apo¬<lb/>
»kalyp&#x017F;is? Ach der Genius ver&#x017F;pricht &#x017F;o wenig &#x2014;<lb/>
»die Hofnung ha&#x0364;lt &#x017F;o wenig &#x2014; Der Sa&#x0364;e- und<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Y 2<lb/></fw>
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[339/0349] ſcher Zeuſel an: denn jede humoriſtiſche Ergießung richtete er ordentlicher Weiſe an den, der ſie am wenigſten verſtand; ich wills aber hier an die Patri¬ zier und membra gerichtet wiſſen) »Giebts denn, »mein lieber Mann, hier zu Lande nichts als Gal¬ »gen und Zimmerleute und Juſtizbeamten, ich meine »ſo, daß alſo die erſtern keine Axt anruͤhren, wenn »nicht die letztern damit den erſten Hieb gethan? »Will Er denn alle Narrheiten wie die Moden von »oben herabbekommen, wie ein Wind allemal in den »obern Luftregionen ſauſet eh' er unten an unſere »Fenſter anpfeift? — Und wo iſt denn ein Reichs¬ »abſchied oder ein Vikariatskonkluſum, das einem »Reichs-Deutſchen verboͤte, naͤrriſch zu ſeyn? Ich »hoffe, Zeuſel, es ſoll noch eine Zeit kommen, wo »Er und ich und jeder ſo viel Verſtand hat, daß er »ſeinen eignen hat und ſeine eigne aus ſeinem »Fleiſch und Blut gezeugte Privat-Narrheit, als »Autodidaktus in jeder Toll- und Weisheit. — »O ihr armen Menſchen! fangt doch nach den Fluͤ¬ »gel- und Schwanzfedern der Freude unter den for¬ »cierten Maͤrſchen euerer Tage! O ihr Armen! »Will denn kein guter Freund einen Imperialfo¬ »lianten zuſammenſchmieren und euch darthun, daß »ihr wenig Zeit habt gleich dem Teufel in der Apo¬ »kalypſis? Ach der Genius verſpricht ſo wenig — »die Hofnung haͤlt ſo wenig — Der Saͤe- und Y 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/349
Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/349>, abgerufen am 23.11.2024.