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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795.

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"neres Land durch glücklichere Klagen der Nachtigal
"hindurch in unsere Herzen, die damals so froh
"waren -- am ersten Pfingsttage fand ich dich, als
"die Nachtigal schlug -- am zweiten sank ich vor
"Wonne und Hochachtung vor dir nieder, als der
"Regen um uns glänzte -- am dritten ging oben an
"der Abendfontaine ein weiter Himmel auf und ich
"sah einen einzigen Engel glänzend und lächelnd dar¬
"innen stehen -- -- Unsere drei Tage waren Träu¬
"me von schönen Blumen, denn Träume von Blu¬
"men bedeuten Jammer" -- Er hatte bisher seine
weiche Seele gegen dieses grausame Gemälde verhär¬
tet; aber als er gar mit gepreßter Stimme dazu ge¬
fügt hatte: "Damals lebte unser Emanuel noch und
"besuchte abends sein ofnes Grab. . . .": so mußte
sein Herz zerreißen und alle Thränen quollen über
das tief hineingedrückte Schwert wie blutige Tro¬
pfen heraus und er sagte, sie heftiger an sich fas¬
send: "O komm', wir wollen weinen ohne Maaß:
"wir wollen uns nicht trösten. Wir sind nicht
"lange mehr beisammen: o ich möchte mich jetzt
"zerrütten durch Kummer -- Erhabner Dahore!
"schau diese Sterbende an und ihre Thränen um
"dich und vergelt' ihre Trauer und gieb der müden
"Seele einmal Ruhe und deinen Frieden und alles
"was den Menschen fehlt!"

»neres Land durch gluͤcklichere Klagen der Nachtigal
»hindurch in unſere Herzen, die damals ſo froh
»waren — am erſten Pfingſttage fand ich dich, als
»die Nachtigal ſchlug — am zweiten ſank ich vor
»Wonne und Hochachtung vor dir nieder, als der
»Regen um uns glaͤnzte — am dritten ging oben an
»der Abendfontaine ein weiter Himmel auf und ich
»ſah einen einzigen Engel glaͤnzend und laͤchelnd dar¬
»innen ſtehen — — Unſere drei Tage waren Traͤu¬
»me von ſchoͤnen Blumen, denn Traͤume von Blu¬
»men bedeuten Jammer» — Er hatte bisher ſeine
weiche Seele gegen dieſes grauſame Gemaͤlde verhaͤr¬
tet; aber als er gar mit gepreßter Stimme dazu ge¬
fuͤgt hatte: »Damals lebte unſer Emanuel noch und
»beſuchte abends ſein ofnes Grab. . . .»: ſo mußte
ſein Herz zerreißen und alle Thraͤnen quollen uͤber
das tief hineingedruͤckte Schwert wie blutige Tro¬
pfen heraus und er ſagte, ſie heftiger an ſich fas¬
ſend: »O komm', wir wollen weinen ohne Maaß:
»wir wollen uns nicht troͤſten. Wir ſind nicht
»lange mehr beiſammen: o ich moͤchte mich jetzt
»zerruͤtten durch Kummer — Erhabner Dahore!
»ſchau dieſe Sterbende an und ihre Thraͤnen um
»dich und vergelt' ihre Trauer und gieb der muͤden
»Seele einmal Ruhe und deinen Frieden und alles
»was den Menſchen fehlt!»

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[312/0322] »neres Land durch gluͤcklichere Klagen der Nachtigal »hindurch in unſere Herzen, die damals ſo froh »waren — am erſten Pfingſttage fand ich dich, als »die Nachtigal ſchlug — am zweiten ſank ich vor »Wonne und Hochachtung vor dir nieder, als der »Regen um uns glaͤnzte — am dritten ging oben an »der Abendfontaine ein weiter Himmel auf und ich »ſah einen einzigen Engel glaͤnzend und laͤchelnd dar¬ »innen ſtehen — — Unſere drei Tage waren Traͤu¬ »me von ſchoͤnen Blumen, denn Traͤume von Blu¬ »men bedeuten Jammer» — Er hatte bisher ſeine weiche Seele gegen dieſes grauſame Gemaͤlde verhaͤr¬ tet; aber als er gar mit gepreßter Stimme dazu ge¬ fuͤgt hatte: »Damals lebte unſer Emanuel noch und »beſuchte abends ſein ofnes Grab. . . .»: ſo mußte ſein Herz zerreißen und alle Thraͤnen quollen uͤber das tief hineingedruͤckte Schwert wie blutige Tro¬ pfen heraus und er ſagte, ſie heftiger an ſich fas¬ ſend: »O komm', wir wollen weinen ohne Maaß: »wir wollen uns nicht troͤſten. Wir ſind nicht »lange mehr beiſammen: o ich moͤchte mich jetzt »zerruͤtten durch Kummer — Erhabner Dahore! »ſchau dieſe Sterbende an und ihre Thraͤnen um »dich und vergelt' ihre Trauer und gieb der muͤden »Seele einmal Ruhe und deinen Frieden und alles »was den Menſchen fehlt!»

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Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/322>, abgerufen am 23.11.2024.