Die entzückte Stimme des Todten rief: "sey ge¬ "grüßet, du stilles Elysium! o du schimmerndes Land "der Ruhe! nimm den neuen Schatten auf -- ach "wie glimmst du sanft -- wie wehest du sanft -- "wie ruhest du sanft." . . .
Emanuels Augen waren aufgegangen; aber in sei¬ nem Gehirn brannte der elysische Wahnsinn, er sey gestorben und erwache in der zweiten Welt. O du Ueberseeliger! dich umfing ja auch ein blinkendes Eden -- ach dieses Schimmern, dieses Wehen, die¬ ses Duften, dieses Ruhen war zu schön für eine Erde -- Der Mond überwebte mit Silberfäden wie mit fliegendem Sommergespinnste das Nacht Grün -- von Blatt zu Blatt, von Bäumen zu Bäumen reichte die Funkendecke des überstrahlten Regens -- über allen Wassern wankten flimmernde Nebelbänke -- ein leises Wehen warf tropfende Edelsteine von den Zweigen in die Silberflüsse -- die Bäume und Berge stiegen wie Riesen in die Nacht -- der ewige Himmel stand über den fallenden Funken, über den eilenden Düften, über den spielenden Blättern, allein unveränderlich mit festen Sonnen mit dem ewigen Welten-Bogen, groß, kühl, licht und blau -- So glimmte, so duftete, so lispelte, so zauberte niemals ein Thal. . . .
Emanuel umarmte den funkelnden Boden und rief aus der brennenden, der Wonne erliegenden stok¬
Die entzuͤckte Stimme des Todten rief: »ſey ge¬ »gruͤßet, du ſtilles Elyſium! o du ſchimmerndes Land »der Ruhe! nimm den neuen Schatten auf — ach »wie glimmſt du ſanft — wie weheſt du ſanft — »wie ruheſt du ſanft.« . . .
Emanuels Augen waren aufgegangen; aber in ſei¬ nem Gehirn brannte der elyſiſche Wahnſinn, er ſey geſtorben und erwache in der zweiten Welt. O du Ueberſeeliger! dich umfing ja auch ein blinkendes Eden — ach dieſes Schimmern, dieſes Wehen, die¬ ſes Duften, dieſes Ruhen war zu ſchoͤn fuͤr eine Erde — Der Mond uͤberwebte mit Silberfaͤden wie mit fliegendem Sommergeſpinnſte das Nacht Gruͤn — von Blatt zu Blatt, von Baͤumen zu Baͤumen reichte die Funkendecke des uͤberſtrahlten Regens — uͤber allen Waſſern wankten flimmernde Nebelbaͤnke — ein leiſes Wehen warf tropfende Edelſteine von den Zweigen in die Silberfluͤſſe — die Baͤume und Berge ſtiegen wie Rieſen in die Nacht — der ewige Himmel ſtand uͤber den fallenden Funken, uͤber den eilenden Duͤften, uͤber den ſpielenden Blaͤttern, allein unveraͤnderlich mit feſten Sonnen mit dem ewigen Welten-Bogen, groß, kuͤhl, licht und blau — So glimmte, ſo duftete, ſo liſpelte, ſo zauberte niemals ein Thal. . . .
Emanuel umarmte den funkelnden Boden und rief aus der brennenden, der Wonne erliegenden ſtok¬
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Die entzuͤckte Stimme des Todten rief: »ſey ge¬
»gruͤßet, du ſtilles Elyſium! o du ſchimmerndes Land
»der Ruhe! nimm den neuen Schatten auf — ach
»wie glimmſt du ſanft — wie weheſt du ſanft —
»wie ruheſt du ſanft.« . . .
Emanuels Augen waren aufgegangen; aber in ſei¬
nem Gehirn brannte der elyſiſche Wahnſinn, er ſey
geſtorben und erwache in der zweiten Welt. O du
Ueberſeeliger! dich umfing ja auch ein blinkendes
Eden — ach dieſes Schimmern, dieſes Wehen, die¬
ſes Duften, dieſes Ruhen war zu ſchoͤn fuͤr eine
Erde — Der Mond uͤberwebte mit Silberfaͤden wie
mit fliegendem Sommergeſpinnſte das Nacht Gruͤn
— von Blatt zu Blatt, von Baͤumen zu Baͤumen
reichte die Funkendecke des uͤberſtrahlten Regens —
uͤber allen Waſſern wankten flimmernde Nebelbaͤnke
— ein leiſes Wehen warf tropfende Edelſteine von
den Zweigen in die Silberfluͤſſe — die Baͤume und
Berge ſtiegen wie Rieſen in die Nacht — der ewige
Himmel ſtand uͤber den fallenden Funken, uͤber den
eilenden Duͤften, uͤber den ſpielenden Blaͤttern, allein
unveraͤnderlich mit feſten Sonnen mit dem ewigen
Welten-Bogen, groß, kuͤhl, licht und blau — So
glimmte, ſo duftete, ſo liſpelte, ſo zauberte niemals
ein Thal. . . .
Emanuel umarmte den funkelnden Boden und
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/289>, abgerufen am 23.11.2024.
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