dunkeln unermeßlichen Mantel, in dem er uns durch sein kaltes Reich trägt, vordringen würden. Sein Herz lag in einer unbeschreiblichen Mittagsruhe, die zum Theil von körperlichen Ermatten und vom schönen Tag herkam. Eine innere Windstille, die nirgends so groß und so magisch ist als in Seelen, an denen Wirbelorkane hin und her gerissen haben, überdeckte sein ganzes Wesen mit einer sehnsüchti¬ gen Wonne, die in andern Augen als seinen in Thränentropfen zerflossen wäre.
O Ruhe, du sanftes Wort! -- Herbstflor aus Eden! Mondschein des Geistes! Ruhe der Seele, wenn hältst du unser Haupt, daß es still liege, und unser Herz, daß es nicht klopfe? Ach eh' jenes bleich und dieses starr ist, so kommst du oft und geh'st du oft und nur unten bei dem Schlafe und bei dem Tode bleibest du, indeß oben die Stürme die Menschen mit den größten Flügeln gleich Paradießvögeln am meisten umherwerfen!
Emanuels Ruhe, womit er die Gastrolle des Lebens bis aufs letzte Merkwort ausspielte, womit er alles einpackte -- zurechtstellte -- anbefahl -- verabschiedete, trieb im gequälten Freunde Thränen und Stürme zusammen -- Viktors Herz war zwar vom Schicksal über einem steinigten Weg wund ge¬ schleift, aber die Entzündungen desselben kühlte jetzt der Gedanke des Todes sanft ab; doch konnt' er es
dunkeln unermeßlichen Mantel, in dem er uns durch ſein kaltes Reich traͤgt, vordringen wuͤrden. Sein Herz lag in einer unbeſchreiblichen Mittagsruhe, die zum Theil von koͤrperlichen Ermatten und vom ſchoͤnen Tag herkam. Eine innere Windſtille, die nirgends ſo groß und ſo magiſch iſt als in Seelen, an denen Wirbelorkane hin und her geriſſen haben, uͤberdeckte ſein ganzes Weſen mit einer ſehnſuͤchti¬ gen Wonne, die in andern Augen als ſeinen in Thraͤnentropfen zerfloſſen waͤre.
O Ruhe, du ſanftes Wort! — Herbſtflor aus Eden! Mondſchein des Geiſtes! Ruhe der Seele, wenn haͤltſt du unſer Haupt, daß es ſtill liege, und unſer Herz, daß es nicht klopfe? Ach eh' jenes bleich und dieſes ſtarr iſt, ſo kommſt du oft und geh'ſt du oft und nur unten bei dem Schlafe und bei dem Tode bleibeſt du, indeß oben die Stuͤrme die Menſchen mit den groͤßten Fluͤgeln gleich Paradießvoͤgeln am meiſten umherwerfen!
Emanuels Ruhe, womit er die Gaſtrolle des Lebens bis aufs letzte Merkwort ausſpielte, womit er alles einpackte — zurechtſtellte — anbefahl — verabſchiedete, trieb im gequaͤlten Freunde Thraͤnen und Stuͤrme zuſammen — Viktors Herz war zwar vom Schickſal uͤber einem ſteinigten Weg wund ge¬ ſchleift, aber die Entzuͤndungen deſſelben kuͤhlte jetzt der Gedanke des Todes ſanft ab; doch konnt' er es
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dunkeln unermeßlichen Mantel, in dem er uns durch
ſein kaltes Reich traͤgt, vordringen wuͤrden. Sein
Herz lag in einer unbeſchreiblichen Mittagsruhe,
die zum Theil von koͤrperlichen Ermatten und vom
ſchoͤnen Tag herkam. Eine innere Windſtille, die
nirgends ſo groß und ſo magiſch iſt als in Seelen,
an denen Wirbelorkane hin und her geriſſen haben,
uͤberdeckte ſein ganzes Weſen mit einer ſehnſuͤchti¬
gen Wonne, die in andern Augen als ſeinen in
Thraͤnentropfen zerfloſſen waͤre.
O Ruhe, du ſanftes Wort! — Herbſtflor aus
Eden! Mondſchein des Geiſtes! Ruhe der Seele,
wenn haͤltſt du unſer Haupt, daß es ſtill liege, und
unſer Herz, daß es nicht klopfe? Ach eh' jenes
bleich und dieſes ſtarr iſt, ſo kommſt du oft und
geh'ſt du oft und nur unten bei dem Schlafe und
bei dem Tode bleibeſt du, indeß oben die Stuͤrme
die Menſchen mit den groͤßten Fluͤgeln gleich
Paradießvoͤgeln am meiſten umherwerfen!
Emanuels Ruhe, womit er die Gaſtrolle des
Lebens bis aufs letzte Merkwort ausſpielte, womit
er alles einpackte — zurechtſtellte — anbefahl —
verabſchiedete, trieb im gequaͤlten Freunde Thraͤnen
und Stuͤrme zuſammen — Viktors Herz war zwar
vom Schickſal uͤber einem ſteinigten Weg wund ge¬
ſchleift, aber die Entzuͤndungen deſſelben kuͤhlte jetzt
der Gedanke des Todes ſanft ab; doch konnt' er es
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/268>, abgerufen am 25.11.2024.
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