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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795.

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selnde Menschenliebe, weil wir den Werth der
Menschen mit ihrem Recht vermengen und nichts
an ihnen lieben wollen als Tugenden.

Unserem Viktor wurde so leicht wie nach einem
Gewitter: das Bitterste, womit uns Beleidigungen
angreifen, ist daß sie uns zu haßen nöthigen. Auf
der andern Seite fühlte er jetzt, wie unrein unser
für Tugend ausgegebene Widerstand gegen Schlimme
sey und wie sauer es selber einer edeln Seele wer¬
de, Feinde zu bekämpfen ohne sie anzufeinden --
denn dieses ist noch schwerer als sie zu beglücken
und zu beschützen ohne sie zu lieben. -- --

So strichen einige Wochen unter seinen erzwung¬
nen Landungen am feindlichen Hofe vorüber -- denn
die Bitte seines Vaters beherrschte sein Herz -- und
unter vergeblichen Hoffnungen auf Klotildens Ent¬
scheidung und unter thränenden Zurücksehnen in die
innehaltenden Tage der Liebe und in die verheer¬
ten
Tage der Freundschaft. Klotildens Schweigen
willigte aber eben in seine Ankunft ein; doch melde¬
te er ihr durch einen zweiten Brief noch zum Ueber¬
fluß das Datum derselben. Uebrigens wurde ihm,
-- so an den Thron wie an einen Baum gebunden,
so aus allen Gegenständen seiner Liebe herausge¬
schleudert, so auf nichts geheftet als auf eine von
weitem donnernende Zukunft, in der sein Emanuel
nach 14 Tagen unter die Erde einsinkt und seine

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ſelnde Menſchenliebe, weil wir den Werth der
Menſchen mit ihrem Recht vermengen und nichts
an ihnen lieben wollen als Tugenden.

Unſerem Viktor wurde ſo leicht wie nach einem
Gewitter: das Bitterſte, womit uns Beleidigungen
angreifen, iſt daß ſie uns zu haßen noͤthigen. Auf
der andern Seite fuͤhlte er jetzt, wie unrein unſer
fuͤr Tugend ausgegebene Widerſtand gegen Schlimme
ſey und wie ſauer es ſelber einer edeln Seele wer¬
de, Feinde zu bekaͤmpfen ohne ſie anzufeinden —
denn dieſes iſt noch ſchwerer als ſie zu begluͤcken
und zu beſchuͤtzen ohne ſie zu lieben. — —

So ſtrichen einige Wochen unter ſeinen erzwung¬
nen Landungen am feindlichen Hofe voruͤber — denn
die Bitte ſeines Vaters beherrſchte ſein Herz — und
unter vergeblichen Hoffnungen auf Klotildens Ent¬
ſcheidung und unter thraͤnenden Zuruͤckſehnen in die
innehaltenden Tage der Liebe und in die verheer¬
ten
Tage der Freundſchaft. Klotildens Schweigen
willigte aber eben in ſeine Ankunft ein; doch melde¬
te er ihr durch einen zweiten Brief noch zum Ueber¬
fluß das Datum derſelben. Uebrigens wurde ihm,
— ſo an den Thron wie an einen Baum gebunden,
ſo aus allen Gegenſtaͤnden ſeiner Liebe herausge¬
ſchleudert, ſo auf nichts geheftet als auf eine von
weitem donnernende Zukunft, in der ſein Emanuel
nach 14 Tagen unter die Erde einſinkt und ſeine

Q 2
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[243/0253] ſelnde Menſchenliebe, weil wir den Werth der Menſchen mit ihrem Recht vermengen und nichts an ihnen lieben wollen als Tugenden. Unſerem Viktor wurde ſo leicht wie nach einem Gewitter: das Bitterſte, womit uns Beleidigungen angreifen, iſt daß ſie uns zu haßen noͤthigen. Auf der andern Seite fuͤhlte er jetzt, wie unrein unſer fuͤr Tugend ausgegebene Widerſtand gegen Schlimme ſey und wie ſauer es ſelber einer edeln Seele wer¬ de, Feinde zu bekaͤmpfen ohne ſie anzufeinden — denn dieſes iſt noch ſchwerer als ſie zu begluͤcken und zu beſchuͤtzen ohne ſie zu lieben. — — So ſtrichen einige Wochen unter ſeinen erzwung¬ nen Landungen am feindlichen Hofe voruͤber — denn die Bitte ſeines Vaters beherrſchte ſein Herz — und unter vergeblichen Hoffnungen auf Klotildens Ent¬ ſcheidung und unter thraͤnenden Zuruͤckſehnen in die innehaltenden Tage der Liebe und in die verheer¬ ten Tage der Freundſchaft. Klotildens Schweigen willigte aber eben in ſeine Ankunft ein; doch melde¬ te er ihr durch einen zweiten Brief noch zum Ueber¬ fluß das Datum derſelben. Uebrigens wurde ihm, — ſo an den Thron wie an einen Baum gebunden, ſo aus allen Gegenſtaͤnden ſeiner Liebe herausge¬ ſchleudert, ſo auf nichts geheftet als auf eine von weitem donnernende Zukunft, in der ſein Emanuel nach 14 Tagen unter die Erde einſinkt und ſeine Q 2

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Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/253>, abgerufen am 23.11.2024.