auf sie und sprach gegen ihn: "feuer' nur, hier ist mein Leben!" -- Flamin schrie laut "du zuerst!" -- Viktor schoß, hob den Arm weit empor, um in die Luft zu schießen und der zersplitterte Gipfel wurde von seiner Kugel heruntergestürzt. -- Klotilde wachte auf, -- Emanuel flog her, -- warf sich an seines Schülers Herz, -- seiner seit Jahren zum erstenmale von Leidenschaft auseinandergerissenen Brust quoll das sieche Blut aus, -- Flamin schleuderte stolz seine Pistole weg und sagte zu Matthieu: komm! es ist der Mühe nicht werth" und ging mit ihm davon.
Als Klotilde Emanuels Blut auf ihres Geliebten Kleidern sah, hielt sie ihn für getroffen und legte ihr Tuch auf das Blut und sagte: "ach das haben Sie nicht um mich verdient." -- Emanuel athmete wieder durch sein Blut hindurch, niemand konnte weiter sprechen, niemand überlegen, jeder fürchtete sich, zu trösten, die tödtlich zermalmten Herzen schieden mit verbissenem Weh auseinander: blos Viktor, den das gräßliche Wort "Schurke" bei jeder Erinnerung wie ein Dolch durchstieß, sagte noch zur Schwester: "ich lieb' ihn nicht mehr, aber "er ist unglücklicher als wir, ach er hat alles verlo¬ "ren und nichts behalten als einen Teufel" --
Nämlich Matthieu. Dieser hatte heute die Stimme Emanuels, die mit Julius gesprochen und die Dahore für des Vaters seine gehalten, und
auf ſie und ſprach gegen ihn: »feuer' nur, hier iſt mein Leben!» — Flamin ſchrie laut »du zuerſt!» — Viktor ſchoß, hob den Arm weit empor, um in die Luft zu ſchießen und der zerſplitterte Gipfel wurde von ſeiner Kugel heruntergeſtuͤrzt. — Klotilde wachte auf, — Emanuel flog her, — warf ſich an ſeines Schuͤlers Herz, — ſeiner ſeit Jahren zum erſtenmale von Leidenſchaft auseinandergeriſſenen Bruſt quoll das ſieche Blut aus, — Flamin ſchleuderte ſtolz ſeine Piſtole weg und ſagte zu Matthieu: komm! es iſt der Muͤhe nicht werth» und ging mit ihm davon.
Als Klotilde Emanuels Blut auf ihres Geliebten Kleidern ſah, hielt ſie ihn fuͤr getroffen und legte ihr Tuch auf das Blut und ſagte: »ach das haben Sie nicht um mich verdient.» — Emanuel athmete wieder durch ſein Blut hindurch, niemand konnte weiter ſprechen, niemand uͤberlegen, jeder fuͤrchtete ſich, zu troͤſten, die toͤdtlich zermalmten Herzen ſchieden mit verbiſſenem Weh auseinander: blos Viktor, den das graͤßliche Wort »Schurke» bei jeder Erinnerung wie ein Dolch durchſtieß, ſagte noch zur Schweſter: »ich lieb' ihn nicht mehr, aber »er iſt ungluͤcklicher als wir, ach er hat alles verlo¬ »ren und nichts behalten als einen Teufel» —
Naͤmlich Matthieu. Dieſer hatte heute die Stimme Emanuels, die mit Julius geſprochen und die Dahore fuͤr des Vaters ſeine gehalten, und
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0225"n="215"/>
auf ſie und ſprach gegen ihn: »feuer' nur, hier iſt<lb/>
mein Leben!» — Flamin ſchrie laut »du zuerſt!» —<lb/>
Viktor ſchoß, hob den Arm weit empor, um in die<lb/>
Luft zu ſchießen und der zerſplitterte Gipfel wurde<lb/>
von ſeiner Kugel heruntergeſtuͤrzt. — Klotilde wachte<lb/>
auf, — Emanuel flog her, — warf ſich an ſeines<lb/>
Schuͤlers Herz, —ſeiner ſeit Jahren zum erſtenmale<lb/>
von Leidenſchaft auseinandergeriſſenen Bruſt quoll das<lb/>ſieche Blut aus, — Flamin ſchleuderte ſtolz ſeine<lb/>
Piſtole weg und ſagte zu Matthieu: komm! es iſt<lb/>
der Muͤhe nicht werth» und ging mit ihm davon.</p><lb/><p>Als Klotilde Emanuels Blut auf ihres Geliebten<lb/>
Kleidern ſah, hielt ſie ihn fuͤr getroffen und legte<lb/>
ihr Tuch auf das Blut und ſagte: »ach das haben<lb/>
Sie nicht um mich verdient.» — Emanuel athmete<lb/>
wieder durch ſein Blut hindurch, niemand konnte<lb/>
weiter ſprechen, niemand uͤberlegen, jeder fuͤrchtete<lb/>ſich, zu troͤſten, die toͤdtlich zermalmten Herzen<lb/>ſchieden mit verbiſſenem Weh auseinander: blos<lb/>
Viktor, den das graͤßliche Wort »Schurke» bei<lb/>
jeder Erinnerung wie ein Dolch durchſtieß, ſagte<lb/>
noch zur Schweſter: »ich lieb' ihn nicht mehr, aber<lb/>
»er iſt ungluͤcklicher als wir, ach er hat alles verlo¬<lb/>
»ren und nichts behalten als einen Teufel» —</p><lb/><p>Naͤmlich Matthieu. Dieſer hatte heute die<lb/>
Stimme Emanuels, die mit Julius geſprochen und<lb/>
die Dahore fuͤr des Vaters ſeine gehalten, und<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[215/0225]
auf ſie und ſprach gegen ihn: »feuer' nur, hier iſt
mein Leben!» — Flamin ſchrie laut »du zuerſt!» —
Viktor ſchoß, hob den Arm weit empor, um in die
Luft zu ſchießen und der zerſplitterte Gipfel wurde
von ſeiner Kugel heruntergeſtuͤrzt. — Klotilde wachte
auf, — Emanuel flog her, — warf ſich an ſeines
Schuͤlers Herz, — ſeiner ſeit Jahren zum erſtenmale
von Leidenſchaft auseinandergeriſſenen Bruſt quoll das
ſieche Blut aus, — Flamin ſchleuderte ſtolz ſeine
Piſtole weg und ſagte zu Matthieu: komm! es iſt
der Muͤhe nicht werth» und ging mit ihm davon.
Als Klotilde Emanuels Blut auf ihres Geliebten
Kleidern ſah, hielt ſie ihn fuͤr getroffen und legte
ihr Tuch auf das Blut und ſagte: »ach das haben
Sie nicht um mich verdient.» — Emanuel athmete
wieder durch ſein Blut hindurch, niemand konnte
weiter ſprechen, niemand uͤberlegen, jeder fuͤrchtete
ſich, zu troͤſten, die toͤdtlich zermalmten Herzen
ſchieden mit verbiſſenem Weh auseinander: blos
Viktor, den das graͤßliche Wort »Schurke» bei
jeder Erinnerung wie ein Dolch durchſtieß, ſagte
noch zur Schweſter: »ich lieb' ihn nicht mehr, aber
»er iſt ungluͤcklicher als wir, ach er hat alles verlo¬
»ren und nichts behalten als einen Teufel» —
Naͤmlich Matthieu. Dieſer hatte heute die
Stimme Emanuels, die mit Julius geſprochen und
die Dahore fuͤr des Vaters ſeine gehalten, und
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/225>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.