Herz legte stille Trauer an unter Bäumen voll Bie¬ nen neben Gesträuchen voll äzenden Vögeln, auf al¬ len bisherigen Spaziergängen und Sonnenwegen die¬ ses sterbenden Festes -- und es standen alle Kinder¬ stunden aus dem Winterschlafe bei Gedächtnißes auf und berührten sein Herz, aber es zerfloß. -- -- O wenn uns weit entlegne Minuten mit ihrem Glo¬ ckenspiel antönen, so fallen große Tropfen aus der weichen Seele, wie das nähere Herüberklingen fer¬ ner Glocken Regen bedeutet. Ich verdenke dir nichts, Viktor, -- du bist doch nur weich, aber nicht weichlich -- so gut dir dein Biograph deine Erweichung nachzuschreiben und dein Leser sie nach¬ zufühlen vermag, ohne die festen Muskeln des Her¬ zens abzuspannen, eben so gut vermagst du es auch und nur ein Mann, der bittere Thränen erpressen kann, wird süße verhöhnen und keine selber ver¬ gießen.
Endlich ging Viktor zur letzten Freude, in den Garten des Endes, um mit sanften Thränen in der Abtei von allen Freundinnen abzuscheiden. Ein sonderbarer Vorfall verschob es ein wenig: denn in¬ dem er von Emanuel wegging, stieß ihm Julius auf, der aus dem Garten kam und ihm sagte, "wenn "er zu Emanuel wolle, er sei im Garten." -- Sie erhoben einen freundschaftlichen Streit, weil jeder ihn gerade jetzt gesprochen haben wollte. Viktor
Herz legte ſtille Trauer an unter Baͤumen voll Bie¬ nen neben Geſtraͤuchen voll aͤzenden Voͤgeln, auf al¬ len bisherigen Spaziergaͤngen und Sonnenwegen die¬ ſes ſterbenden Feſtes — und es ſtanden alle Kinder¬ ſtunden aus dem Winterſchlafe bei Gedaͤchtnißes auf und beruͤhrten ſein Herz, aber es zerfloß. — — O wenn uns weit entlegne Minuten mit ihrem Glo¬ ckenſpiel antoͤnen, ſo fallen große Tropfen aus der weichen Seele, wie das naͤhere Heruͤberklingen fer¬ ner Glocken Regen bedeutet. Ich verdenke dir nichts, Viktor, — du biſt doch nur weich, aber nicht weichlich — ſo gut dir dein Biograph deine Erweichung nachzuſchreiben und dein Leſer ſie nach¬ zufuͤhlen vermag, ohne die feſten Muskeln des Her¬ zens abzuſpannen, eben ſo gut vermagſt du es auch und nur ein Mann, der bittere Thraͤnen erpreſſen kann, wird ſuͤße verhoͤhnen und keine ſelber ver¬ gießen.
Endlich ging Viktor zur letzten Freude, in den Garten des Endes, um mit ſanften Thraͤnen in der Abtei von allen Freundinnen abzuſcheiden. Ein ſonderbarer Vorfall verſchob es ein wenig: denn in¬ dem er von Emanuel wegging, ſtieß ihm Julius auf, der aus dem Garten kam und ihm ſagte, »wenn »er zu Emanuel wolle, er ſei im Garten.» — Sie erhoben einen freundſchaftlichen Streit, weil jeder ihn gerade jetzt geſprochen haben wollte. Viktor
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Herz legte ſtille Trauer an unter Baͤumen voll Bie¬
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ſes ſterbenden Feſtes — und es ſtanden alle Kinder¬
ſtunden aus dem Winterſchlafe bei Gedaͤchtnißes auf
und beruͤhrten ſein Herz, aber es zerfloß. — — O
wenn uns weit entlegne Minuten mit ihrem Glo¬
ckenſpiel antoͤnen, ſo fallen große Tropfen aus der
weichen Seele, wie das naͤhere Heruͤberklingen fer¬
ner Glocken Regen bedeutet. Ich verdenke dir
nichts, Viktor, — du biſt doch nur weich, aber
nicht weichlich — ſo gut dir dein Biograph deine
Erweichung nachzuſchreiben und dein Leſer ſie nach¬
zufuͤhlen vermag, ohne die feſten Muskeln des Her¬
zens abzuſpannen, eben ſo gut vermagſt du es auch
und nur ein Mann, der bittere Thraͤnen erpreſſen
kann, wird ſuͤße verhoͤhnen und keine ſelber ver¬
gießen.
Endlich ging Viktor zur letzten Freude, in den
Garten des Endes, um mit ſanften Thraͤnen in der
Abtei von allen Freundinnen abzuſcheiden. Ein
ſonderbarer Vorfall verſchob es ein wenig: denn in¬
dem er von Emanuel wegging, ſtieß ihm Julius
auf, der aus dem Garten kam und ihm ſagte, »wenn
»er zu Emanuel wolle, er ſei im Garten.» — Sie
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/210>, abgerufen am 22.11.2024.
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