lern, die den Reim und das Sylbenmaas ihres Dichters im Sprechen zu umgehen wissen.
Das Dorf oder das Wirthshaus vielmehr gab ihrer Himmelsleiter eine vierte Sproße, den vierten Pfingsttag -- Der Engländer Kato der ältere fuhr heraus, der aus Kussewiz mit einem wandernden Orchester Prager Virtuosen von seiner Gesellschaft weggelaufen war, um das Maienthal auch zu sehen. Er konnte nie in seinem Leben auf etwas warten. Er sagte zu Viktor, morgen komm' er zu ihm, heu¬ te beschau' er die besäeten Prospekte und passe mit der Ouvertüre der Prager nur auf das Ausläuten der Vesperpredigt. Endlich sagt' er ihm, daß Fla¬ min und Matthieu übermorgen verreiseten und wie¬ der zurückgingen nach Kussewiz und folglich da län¬ ger verweilten als sie gewollt. Diese Gegenwart des Engländers und die spätere Zurückkehr des Ei¬ fersüchtigen machte auf einmal den letzten Willen in Viktor fest, auch den vierten Pfingstlag als die vier¬ te Saite auf dieses Freuden-Tetrachord aufzuziehen. Und da an diesem vierten Tage gerade das durch alle Heftlein dieses Buchs laufende Räthsel mit dem Engel in die Entzifferungskanzlei der Zeit getragen wird, weil Julius den Brief desselben Klotilden zum Vorlesen übergiebt: so konnt' er sich weiß machen, er bliebe deswegen; und zu sich sagen: "Wunders¬ "halber sollte man's doch abwarten, was es mit
lern, die den Reim und das Sylbenmaas ihres Dichters im Sprechen zu umgehen wiſſen.
Das Dorf oder das Wirthshaus vielmehr gab ihrer Himmelsleiter eine vierte Sproße, den vierten Pfingſttag — Der Englaͤnder Kato der aͤltere fuhr heraus, der aus Kuſſewiz mit einem wandernden Orcheſter Prager Virtuoſen von ſeiner Geſellſchaft weggelaufen war, um das Maienthal auch zu ſehen. Er konnte nie in ſeinem Leben auf etwas warten. Er ſagte zu Viktor, morgen komm' er zu ihm, heu¬ te beſchau' er die beſaͤeten Proſpekte und paſſe mit der Ouvertuͤre der Prager nur auf das Auslaͤuten der Veſperpredigt. Endlich ſagt' er ihm, daß Fla¬ min und Matthieu uͤbermorgen verreiſeten und wie¬ der zuruͤckgingen nach Kuſſewiz und folglich da laͤn¬ ger verweilten als ſie gewollt. Dieſe Gegenwart des Englaͤnders und die ſpaͤtere Zuruͤckkehr des Ei¬ ferſuͤchtigen machte auf einmal den letzten Willen in Viktor feſt, auch den vierten Pfingſtlag als die vier¬ te Saite auf dieſes Freuden-Tetrachord aufzuziehen. Und da an dieſem vierten Tage gerade das durch alle Heftlein dieſes Buchs laufende Raͤthſel mit dem Engel in die Entzifferungskanzlei der Zeit getragen wird, weil Julius den Brief deſſelben Klotilden zum Vorleſen uͤbergiebt: ſo konnt' er ſich weiß machen, er bliebe deswegen; und zu ſich ſagen: »Wunders¬ »halber ſollte man's doch abwarten, was es mit
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lern, die den Reim und das Sylbenmaas ihres
Dichters im Sprechen zu umgehen wiſſen.
Das Dorf oder das Wirthshaus vielmehr gab
ihrer Himmelsleiter eine vierte Sproße, den vierten
Pfingſttag — Der Englaͤnder Kato der aͤltere fuhr
heraus, der aus Kuſſewiz mit einem wandernden
Orcheſter Prager Virtuoſen von ſeiner Geſellſchaft
weggelaufen war, um das Maienthal auch zu ſehen.
Er konnte nie in ſeinem Leben auf etwas warten.
Er ſagte zu Viktor, morgen komm' er zu ihm, heu¬
te beſchau' er die beſaͤeten Proſpekte und paſſe mit
der Ouvertuͤre der Prager nur auf das Auslaͤuten
der Veſperpredigt. Endlich ſagt' er ihm, daß Fla¬
min und Matthieu uͤbermorgen verreiſeten und wie¬
der zuruͤckgingen nach Kuſſewiz und folglich da laͤn¬
ger verweilten als ſie gewollt. Dieſe Gegenwart
des Englaͤnders und die ſpaͤtere Zuruͤckkehr des Ei¬
ferſuͤchtigen machte auf einmal den letzten Willen in
Viktor feſt, auch den vierten Pfingſtlag als die vier¬
te Saite auf dieſes Freuden-Tetrachord aufzuziehen.
Und da an dieſem vierten Tage gerade das durch
alle Heftlein dieſes Buchs laufende Raͤthſel mit dem
Engel in die Entzifferungskanzlei der Zeit getragen
wird, weil Julius den Brief deſſelben Klotilden zum
Vorleſen uͤbergiebt: ſo konnt' er ſich weiß machen,
er bliebe deswegen; und zu ſich ſagen: »Wunders¬
»halber ſollte man's doch abwarten, was es mit
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/169>, abgerufen am 26.11.2024.
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