-- Endlich war die Insel der Seeligen, die schon durch den Nebel seiner Kinderträume weit, weit vor¬ geschimmert hatte, jetzt der Boden unter seinen Füßen und er machte jetzt die Entdeckungsreisen durch seinen Himmel -- er und Klotilde schwiegen einige Minuten, weil ihre Herzen sanft vor Freude zu wallen anfingen, daß sie endlich allein nebeneinander und vor der großen Esplanade des Frühlings stan¬ den. Unter dem seeligen Lächeln, dem stummen Buchstaben der Wonne und unter zitternden Athem¬ zügen, dieser h. Sankritsprache der Liebe, waren sie schon am ersten Teiche, über dessen Krystallspie¬ gel sich eine Brücke wie vergoldetes Laubwerk schlän¬ gelt. -- Sie stockten in der Mitte dieser glatten Mond- und Spiegelscheibe geblendet, weil der Son¬ nenschirm nicht gegen zwei Sonnen auf einmal, die im Wasser dazu gerechnet, decken konnte: sie kehrten sich halb um und suchten mit den Blicken im malen¬ den Wasser das tiefere Himmelsblau und zwei stille beglückte Gestalten auf, die einander mit ihren feuch¬ ten Augen anblickten. O sein Auge ruhte warm in ihren wiedergestralten wie die Sonne in der unter¬ irdischen Sonne und sein zitternder Blick wurde das lange Beben und Aushalten eines einzigen Tones: denn die im Wasser wohnende Göttin sank mit ihren Augen seiner Seele entgegen, weil sie die verdoppelte Entfernung seiner Gestalt benutzen wollte, die sich
— Endlich war die Inſel der Seeligen, die ſchon durch den Nebel ſeiner Kindertraͤume weit, weit vor¬ geſchimmert hatte, jetzt der Boden unter ſeinen Fuͤßen und er machte jetzt die Entdeckungsreiſen durch ſeinen Himmel — er und Klotilde ſchwiegen einige Minuten, weil ihre Herzen ſanft vor Freude zu wallen anfingen, daß ſie endlich allein nebeneinander und vor der großen Eſplanade des Fruͤhlings ſtan¬ den. Unter dem ſeeligen Laͤcheln, dem ſtummen Buchſtaben der Wonne und unter zitternden Athem¬ zuͤgen, dieſer h. Sankritſprache der Liebe, waren ſie ſchon am erſten Teiche, uͤber deſſen Kryſtallſpie¬ gel ſich eine Bruͤcke wie vergoldetes Laubwerk ſchlaͤn¬ gelt. — Sie ſtockten in der Mitte dieſer glatten Mond- und Spiegelſcheibe geblendet, weil der Son¬ nenſchirm nicht gegen zwei Sonnen auf einmal, die im Waſſer dazu gerechnet, decken konnte: ſie kehrten ſich halb um und ſuchten mit den Blicken im malen¬ den Waſſer das tiefere Himmelsblau und zwei ſtille begluͤckte Geſtalten auf, die einander mit ihren feuch¬ ten Augen anblickten. O ſein Auge ruhte warm in ihren wiedergeſtralten wie die Sonne in der unter¬ irdiſchen Sonne und ſein zitternder Blick wurde das lange Beben und Aushalten eines einzigen Tones: denn die im Waſſer wohnende Goͤttin ſank mit ihren Augen ſeiner Seele entgegen, weil ſie die verdoppelte Entfernung ſeiner Geſtalt benutzen wollte, die ſich
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— Endlich war die Inſel der Seeligen, die ſchon
durch den Nebel ſeiner Kindertraͤume weit, weit vor¬
geſchimmert hatte, jetzt der Boden unter ſeinen
Fuͤßen und er machte jetzt die Entdeckungsreiſen durch
ſeinen Himmel — er und Klotilde ſchwiegen einige
Minuten, weil ihre Herzen ſanft vor Freude zu
wallen anfingen, daß ſie endlich allein nebeneinander
und vor der großen Eſplanade des Fruͤhlings ſtan¬
den. Unter dem ſeeligen Laͤcheln, dem ſtummen
Buchſtaben der Wonne und unter zitternden Athem¬
zuͤgen, dieſer h. Sankritſprache der Liebe, waren
ſie ſchon am erſten Teiche, uͤber deſſen Kryſtallſpie¬
gel ſich eine Bruͤcke wie vergoldetes Laubwerk ſchlaͤn¬
gelt. — Sie ſtockten in der Mitte dieſer glatten
Mond- und Spiegelſcheibe geblendet, weil der Son¬
nenſchirm nicht gegen zwei Sonnen auf einmal, die
im Waſſer dazu gerechnet, decken konnte: ſie kehrten
ſich halb um und ſuchten mit den Blicken im malen¬
den Waſſer das tiefere Himmelsblau und zwei ſtille
begluͤckte Geſtalten auf, die einander mit ihren feuch¬
ten Augen anblickten. O ſein Auge ruhte warm
in ihren wiedergeſtralten wie die Sonne in der unter¬
irdiſchen Sonne und ſein zitternder Blick wurde das
lange Beben und Aushalten eines einzigen Tones:
denn die im Waſſer wohnende Goͤttin ſank mit ihren
Augen ſeiner Seele entgegen, weil ſie die verdoppelte
Entfernung ſeiner Geſtalt benutzen wollte, die ſich
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/167>, abgerufen am 27.11.2024.
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