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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795.

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Und mit einer solchen Liebe, die wie ein Herz
in seinem Ich pochte, kam Viktor samt seinen zwei
Freunden droben im Kloster an. Die Aebtissin (ihr
Name wird mir gar nicht berichtet, nicht einmal
ein falscher) empfing ihn mit einem hohen Air, das
ihr Stand nicht gegeben, sondern gemildert hatte.
Ihre Seele wurde gekrönt geboren. Die * * Für¬
stin, deren Oberhofmeisterin sie war, spielte zuwei¬
len gern das Kind (Kinder erwiederns umgekehrt und
repräsentiren ihre Repräsentanten); aber ob sie gleich
einen dreißigjährigen Stolz besaß, so fiel sie doch
ihrem Steckenpferd in den Zügel, sobald die monar¬
chische Oberhofmeisterin erschien, die im ganzen Lan¬
de (die Schwanen ausgenommen) den Kopf am mei¬
sten zurückbog. Eine Frau wie diese, deren Blicke
Throninsignien und deren Worte mandata sacrae
caesareae majestatis propria
waren, hatte aus den
Händen der Natur selber die Huldigungsmünze und
das Throngerüste, um ihren Reichsapfel gegen die
Schönheitsäpfel junger Mädgen abzuwägen -- eine
solche konnte die Klotilden beherrschen und formen.
Ihre jetzige Seele war von drei Meistern gemalt:
-- der Hintergrund von der Welt -- der Vorgrund
von der Kirche -- der Mittelgrund von der Tugend.
Ihre aszetische Bestandtheile setzten sie auf eine son¬
derbare Weise in einige chymische Verwandschaft mit
Emanuels indischen. --

Und mit einer ſolchen Liebe, die wie ein Herz
in ſeinem Ich pochte, kam Viktor ſamt ſeinen zwei
Freunden droben im Kloſter an. Die Aebtiſſin (ihr
Name wird mir gar nicht berichtet, nicht einmal
ein falſcher) empfing ihn mit einem hohen Air, das
ihr Stand nicht gegeben, ſondern gemildert hatte.
Ihre Seele wurde gekroͤnt geboren. Die * * Fuͤr¬
ſtin, deren Oberhofmeiſterin ſie war, ſpielte zuwei¬
len gern das Kind (Kinder erwiederns umgekehrt und
repraͤſentiren ihre Repraͤſentanten); aber ob ſie gleich
einen dreißigjaͤhrigen Stolz beſaß, ſo fiel ſie doch
ihrem Steckenpferd in den Zuͤgel, ſobald die monar¬
chiſche Oberhofmeiſterin erſchien, die im ganzen Lan¬
de (die Schwanen ausgenommen) den Kopf am mei¬
ſten zuruͤckbog. Eine Frau wie dieſe, deren Blicke
Throninſignien und deren Worte mandata sacrae
caesareae majestatis propria
waren, hatte aus den
Haͤnden der Natur ſelber die Huldigungsmuͤnze und
das Throngeruͤſte, um ihren Reichsapfel gegen die
Schoͤnheitsaͤpfel junger Maͤdgen abzuwaͤgen — eine
ſolche konnte die Klotilden beherrſchen und formen.
Ihre jetzige Seele war von drei Meiſtern gemalt:
— der Hintergrund von der Welt — der Vorgrund
von der Kirche — der Mittelgrund von der Tugend.
Ihre aszetiſche Beſtandtheile ſetzten ſie auf eine ſon¬
derbare Weiſe in einige chymiſche Verwandſchaft mit
Emanuels indiſchen. —

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[153/0163] Und mit einer ſolchen Liebe, die wie ein Herz in ſeinem Ich pochte, kam Viktor ſamt ſeinen zwei Freunden droben im Kloſter an. Die Aebtiſſin (ihr Name wird mir gar nicht berichtet, nicht einmal ein falſcher) empfing ihn mit einem hohen Air, das ihr Stand nicht gegeben, ſondern gemildert hatte. Ihre Seele wurde gekroͤnt geboren. Die * * Fuͤr¬ ſtin, deren Oberhofmeiſterin ſie war, ſpielte zuwei¬ len gern das Kind (Kinder erwiederns umgekehrt und repraͤſentiren ihre Repraͤſentanten); aber ob ſie gleich einen dreißigjaͤhrigen Stolz beſaß, ſo fiel ſie doch ihrem Steckenpferd in den Zuͤgel, ſobald die monar¬ chiſche Oberhofmeiſterin erſchien, die im ganzen Lan¬ de (die Schwanen ausgenommen) den Kopf am mei¬ ſten zuruͤckbog. Eine Frau wie dieſe, deren Blicke Throninſignien und deren Worte mandata sacrae caesareae majestatis propria waren, hatte aus den Haͤnden der Natur ſelber die Huldigungsmuͤnze und das Throngeruͤſte, um ihren Reichsapfel gegen die Schoͤnheitsaͤpfel junger Maͤdgen abzuwaͤgen — eine ſolche konnte die Klotilden beherrſchen und formen. Ihre jetzige Seele war von drei Meiſtern gemalt: — der Hintergrund von der Welt — der Vorgrund von der Kirche — der Mittelgrund von der Tugend. Ihre aszetiſche Beſtandtheile ſetzten ſie auf eine ſon¬ derbare Weiſe in einige chymiſche Verwandſchaft mit Emanuels indiſchen. —

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Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/163>, abgerufen am 27.11.2024.