Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795."das Himmelblau später einsaugt!" -- Und eh' ihn Er zog Linds Uhr heraus, um die Geburtsminu¬ »das Himmelblau ſpaͤter einſaugt!» — Und eh' ihn Er zog Linds Uhr heraus, um die Geburtsminu¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0133" n="123"/> »das Himmelblau ſpaͤter einſaugt!» — Und eh' ihn<lb/> der herumgekruͤmte Fußſteig vor das mit Blumen<lb/> behangne Portal des Thales ſtellte, worin die ge¬<lb/> liebte Wiege und Baumſchule ſeiner ſchoͤnen dreitaͤ¬<lb/> gigen Zukunft ſtand: ſo hielt ihn noch eine zuge¬<lb/> knoͤpfte Diſtel auf, um deren hermetiſch verſiegelte<lb/> Honiggefaͤße ein weiſſer Schmetterling ſeine dritte<lb/> Parallele zog — und die muſiviſchen Diſteln auf Le<lb/> Bauts Diele traten vor ihm ins Leben und zeigten<lb/> ihm alle Stacheln der Vergangenheit und er fand<lb/> es jetzt unbegreiflich, wie er ſeine Schmerzen ertra¬<lb/> gen koͤnnen, und leichter, den Freudenhimmel zu tra¬<lb/> gen. . . .</p><lb/> <p>Er zog Linds Uhr heraus, um die Geburtsminu¬<lb/> te ſeiner Honig- und Flitterzeit zu wiſſen — gerade<lb/> um 11 Uhr trat er vor das nette Dorf, vor das<lb/> Treibhaus ſeines Himmels, vor die Pflanzſtadt ſei¬<lb/> ner Hoffnung, vor Eden . . . . Ach das ſaͤuſelnde<lb/> in Lauben verwachſene Doͤrfgen ſchien alle ſeine bluͤ¬<lb/> henden Zweige als Arme um ihn zu legen und ihn<lb/> an ſich zu ſtricken; es war gruͤn und weiß und roth<lb/> — nicht angeſtrichen, ſondern uͤberlaubt und uͤber¬<lb/> bluͤht. Und als er unter dem Auslaͤuten — um ſich<lb/> die Umarmung ſeines Emanuels geitzig aufzuſparen<lb/> und um den Maienthaliſchen Kirchengeſang mit ei¬<lb/> nem von der Natur geoͤfneten Herzen zu beſchleichen<lb/> — in das lange ſaubere Doͤrfgen ſtahl und den<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [123/0133]
»das Himmelblau ſpaͤter einſaugt!» — Und eh' ihn
der herumgekruͤmte Fußſteig vor das mit Blumen
behangne Portal des Thales ſtellte, worin die ge¬
liebte Wiege und Baumſchule ſeiner ſchoͤnen dreitaͤ¬
gigen Zukunft ſtand: ſo hielt ihn noch eine zuge¬
knoͤpfte Diſtel auf, um deren hermetiſch verſiegelte
Honiggefaͤße ein weiſſer Schmetterling ſeine dritte
Parallele zog — und die muſiviſchen Diſteln auf Le
Bauts Diele traten vor ihm ins Leben und zeigten
ihm alle Stacheln der Vergangenheit und er fand
es jetzt unbegreiflich, wie er ſeine Schmerzen ertra¬
gen koͤnnen, und leichter, den Freudenhimmel zu tra¬
gen. . . .
Er zog Linds Uhr heraus, um die Geburtsminu¬
te ſeiner Honig- und Flitterzeit zu wiſſen — gerade
um 11 Uhr trat er vor das nette Dorf, vor das
Treibhaus ſeines Himmels, vor die Pflanzſtadt ſei¬
ner Hoffnung, vor Eden . . . . Ach das ſaͤuſelnde
in Lauben verwachſene Doͤrfgen ſchien alle ſeine bluͤ¬
henden Zweige als Arme um ihn zu legen und ihn
an ſich zu ſtricken; es war gruͤn und weiß und roth
— nicht angeſtrichen, ſondern uͤberlaubt und uͤber¬
bluͤht. Und als er unter dem Auslaͤuten — um ſich
die Umarmung ſeines Emanuels geitzig aufzuſparen
und um den Maienthaliſchen Kirchengeſang mit ei¬
nem von der Natur geoͤfneten Herzen zu beſchleichen
— in das lange ſaubere Doͤrfgen ſtahl und den
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