O du weibliche Seele, die du müde und unbe¬ lohnt, bekämpft und blutend, aber groß und unbe¬ fleckt aus dem rauchenden Schlachtfelde des Lebens gehst, du Engel, den das männliche von Stürmen erzogne, von Geschäften besudelte Herz achten und lieben, aber nicht belohnen und erreichen kann; wie beugt sich jetzt meine Seele vor dir, wie wünsch' ich dir jetzt des Himmels stillenden Balsam, des Ewi¬ gen belohnende Güte! Und du, Philippine, theure, theure Seele, trete jetzt weg in eine verborgne Zelle und lege unter den Thränen, die du schon so oft vergossen hast, deine Hand an dein reines weiches Herz und schwöre: "ewig bleibe du Gott und der "Tugend geweiht, wenn auch nicht der Ruhe!" Dir schwör' es; mir nicht, denn ich glaub' es ohne Schwur. -- --
Welch' eine Paradenacht voll Sterne und Träu¬ me war das! und welch ein Gallatag der Natur kam auf sie! In Viktors Kopf stand nichts als St. Lü¬ ne, blau überzogen, silbern überthauet und mit dem schönsten Engel geschmückt, der heute nasse frohe Augen in den freundlichen Himmel hob und dachte: "wie bist du heute gerade an meinem Geburtstage "so schön!" -- Sogar der Stadtsenior und seine Tochter, die beide Hochzeit machten -- jener eine Ancora-Hochzeit mit seiner Seniorin, diese eine erste mit dem Waisenhausprediger -- schoben sich in
O du weibliche Seele‚ die du muͤde und unbe¬ lohnt‚ bekaͤmpft und blutend‚ aber groß und unbe¬ fleckt aus dem rauchenden Schlachtfelde des Lebens gehſt, du Engel‚ den das maͤnnliche von Stuͤrmen erzogne‚ von Geſchaͤften beſudelte Herz achten und lieben‚ aber nicht belohnen und erreichen kann; wie beugt ſich jetzt meine Seele vor dir‚ wie wuͤnſch' ich dir jetzt des Himmels ſtillenden Balſam‚ des Ewi¬ gen belohnende Guͤte! Und du‚ Philippine‚ theure‚ theure Seele, trete jetzt weg in eine verborgne Zelle und lege unter den Thraͤnen‚ die du ſchon ſo oft vergoſſen haſt‚ deine Hand an dein reines weiches Herz und ſchwoͤre: »ewig bleibe du Gott und der »Tugend geweiht‚ wenn auch nicht der Ruhe!« Dir ſchwoͤr' es; mir nicht‚ denn ich glaub' es ohne Schwur. — —
Welch' eine Paradenacht voll Sterne und Traͤu¬ me war das! und welch ein Gallatag der Natur kam auf ſie! In Viktors Kopf ſtand nichts als St. Luͤ¬ ne‚ blau uͤberzogen‚ ſilbern uͤberthauet und mit dem ſchoͤnſten Engel geſchmuͤckt, der heute naſſe frohe Augen in den freundlichen Himmel hob und dachte: »wie biſt du heute gerade an meinem Geburtstage »ſo ſchoͤn!« — Sogar der Stadtſenior und ſeine Tochter‚ die beide Hochzeit machten — jener eine Ancora-Hochzeit mit ſeiner Seniorin‚ dieſe eine erſte mit dem Waiſenhausprediger — ſchoben ſich in
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O du weibliche Seele‚ die du muͤde und unbe¬
lohnt‚ bekaͤmpft und blutend‚ aber groß und unbe¬
fleckt aus dem rauchenden Schlachtfelde des Lebens
gehſt, du Engel‚ den das maͤnnliche von Stuͤrmen
erzogne‚ von Geſchaͤften beſudelte Herz achten und
lieben‚ aber nicht belohnen und erreichen kann; wie
beugt ſich jetzt meine Seele vor dir‚ wie wuͤnſch' ich
dir jetzt des Himmels ſtillenden Balſam‚ des Ewi¬
gen belohnende Guͤte! Und du‚ Philippine‚ theure‚
theure Seele, trete jetzt weg in eine verborgne Zelle
und lege unter den Thraͤnen‚ die du ſchon ſo oft
vergoſſen haſt‚ deine Hand an dein reines weiches
Herz und ſchwoͤre: »ewig bleibe du Gott und der
»Tugend geweiht‚ wenn auch nicht der Ruhe!« Dir
ſchwoͤr' es; mir nicht‚ denn ich glaub' es ohne
Schwur. — —
Welch' eine Paradenacht voll Sterne und Traͤu¬
me war das! und welch ein Gallatag der Natur kam
auf ſie! In Viktors Kopf ſtand nichts als St. Luͤ¬
ne‚ blau uͤberzogen‚ ſilbern uͤberthauet und mit dem
ſchoͤnſten Engel geſchmuͤckt, der heute naſſe frohe
Augen in den freundlichen Himmel hob und dachte:
»wie biſt du heute gerade an meinem Geburtstage
»ſo ſchoͤn!« — Sogar der Stadtſenior und ſeine
Tochter‚ die beide Hochzeit machten — jener eine
Ancora-Hochzeit mit ſeiner Seniorin‚ dieſe eine
erſte mit dem Waiſenhausprediger — ſchoben ſich in
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795/82>, abgerufen am 28.11.2024.
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