Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

render Wauwau und Lindwurm von Konsistorium
schreckt. In dieser Legesellschaft war nun ein Gesetz
im Gang. -- Kommentatoren nnd Editoren halten
es --, daß jedes Leseglied die Fett- und Dintenflecke
und Riße, die es im Lesebuch anträfe, vorn imma¬
trikuliren sollte in einem Flecken-Verzeichniß und
Befundzettel samt der Pagina "wo." Ganz natür¬
lich läugnete jeder, der nur halbwege ein ehrlicher
Lutheraner war, die unbefleckte Empfängniß
des Buchs; und die Sommerflecken wurden also alle
ordentlich einregistrirt, aber keiner bestraft. Bloß
der gewissenhafte Hofkaplan lud als Wüstenbock die
Srrafe fremder Fehler auf, indem er eine ganze
Nacht jedesmal nicht schlafen konnte, so oft er im
Buche mehrere Klekse als in der Konduitenliste fand,
weil er offenbar sah, er werde zum Adoptivvater
des anonymen Schmutzes gemacht und zum Käufer
des Buchs. -- -- Tellers Anekdoten für Schwarz¬
röcke waren nun gar völlige schwarze Wäsche: war
nicht ein Eselsohr am andern -- Klekse auf Kleksen
-- die Blätter ordentliche Korrekturbogen . . . und
zwar unmetaphorisch gesprochen? -- Eyman hob
an: "Und wenn mirs Geld zum Fenster herein¬
flög'." . . .

Da flog Viktors Brief zum Fenster herein und
sein -- Verfasser zur Thür.

E 2

render Wauwau und Lindwurm von Konſiſtorium
ſchreckt. In dieſer Legeſellſchaft war nun ein Geſetz
im Gang. — Kommentatoren nnd Editoren halten
es —, daß jedes Leſeglied die Fett- und Dintenflecke
und Riße, die es im Leſebuch antraͤfe, vorn imma¬
trikuliren ſollte in einem Flecken-Verzeichniß und
Befundzettel ſamt der Pagina »wo.» Ganz natuͤr¬
lich laͤugnete jeder, der nur halbwege ein ehrlicher
Lutheraner war, die unbefleckte Empfaͤngniß
des Buchs; und die Sommerflecken wurden alſo alle
ordentlich einregiſtrirt, aber keiner beſtraft. Bloß
der gewiſſenhafte Hofkaplan lud als Wuͤſtenbock die
Srrafe fremder Fehler auf, indem er eine ganze
Nacht jedesmal nicht ſchlafen konnte, ſo oft er im
Buche mehrere Klekſe als in der Konduitenliſte fand,
weil er offenbar ſah, er werde zum Adoptivvater
des anonymen Schmutzes gemacht und zum Kaͤufer
des Buchs. — — Tellers Anekdoten fuͤr Schwarz¬
roͤcke waren nun gar voͤllige ſchwarze Waͤſche: war
nicht ein Eſelsohr am andern — Klekſe auf Klekſen
— die Blaͤtter ordentliche Korrekturbogen . . . und
zwar unmetaphoriſch geſprochen? — Eyman hob
an: »Und wenn mirs Geld zum Fenſter herein¬
floͤg'.» . . .

Da flog Viktors Brief zum Fenſter herein und
ſein — Verfaſſer zur Thuͤr.

E 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0077" n="67"/>
render Wauwau und Lindwurm von Kon&#x017F;i&#x017F;torium<lb/>
&#x017F;chreckt. In die&#x017F;er Lege&#x017F;ell&#x017F;chaft war nun ein Ge&#x017F;etz<lb/>
im Gang. &#x2014; Kommentatoren nnd Editoren halten<lb/>
es &#x2014;, daß jedes Le&#x017F;eglied die Fett- und Dintenflecke<lb/>
und Riße, die es im Le&#x017F;ebuch antra&#x0364;fe, vorn imma¬<lb/>
trikuliren &#x017F;ollte in einem Flecken-Verzeichniß und<lb/>
Befundzettel &#x017F;amt der Pagina »wo.» Ganz natu&#x0364;<lb/>
lich la&#x0364;ugnete jeder, der nur halbwege ein ehrlicher<lb/>
Lutheraner war, die <hi rendition="#g">unbefleckte Empfa&#x0364;ngniß</hi><lb/>
des Buchs; und die Sommerflecken wurden al&#x017F;o alle<lb/>
ordentlich einregi&#x017F;trirt, aber keiner be&#x017F;traft. Bloß<lb/>
der gewi&#x017F;&#x017F;enhafte Hofkaplan lud als Wu&#x0364;&#x017F;tenbock die<lb/>
Srrafe fremder Fehler auf, indem er eine ganze<lb/>
Nacht jedesmal nicht &#x017F;chlafen konnte, &#x017F;o oft er im<lb/>
Buche mehrere Klek&#x017F;e als in der Konduitenli&#x017F;te fand,<lb/>
weil er offenbar &#x017F;ah, er werde zum Adoptivvater<lb/>
des anonymen Schmutzes gemacht und zum Ka&#x0364;ufer<lb/>
des Buchs. &#x2014; &#x2014; <hi rendition="#g">Tellers</hi> Anekdoten fu&#x0364;r Schwarz¬<lb/>
ro&#x0364;cke waren nun gar vo&#x0364;llige &#x017F;chwarze Wa&#x0364;&#x017F;che: war<lb/>
nicht ein E&#x017F;elsohr am andern &#x2014; Klek&#x017F;e auf Klek&#x017F;en<lb/>
&#x2014; die Bla&#x0364;tter ordentliche Korrekturbogen . . . und<lb/>
zwar <hi rendition="#g">unmetaphori&#x017F;ch</hi> ge&#x017F;prochen? &#x2014; Eyman hob<lb/>
an: »Und wenn mirs Geld zum Fen&#x017F;ter herein¬<lb/>
flo&#x0364;g'.» . . .</p><lb/>
          <p>Da flog Viktors Brief zum Fen&#x017F;ter herein und<lb/>
&#x017F;ein &#x2014; Verfa&#x017F;&#x017F;er zur Thu&#x0364;r.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">E 2<lb/></fw>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[67/0077] render Wauwau und Lindwurm von Konſiſtorium ſchreckt. In dieſer Legeſellſchaft war nun ein Geſetz im Gang. — Kommentatoren nnd Editoren halten es —, daß jedes Leſeglied die Fett- und Dintenflecke und Riße, die es im Leſebuch antraͤfe, vorn imma¬ trikuliren ſollte in einem Flecken-Verzeichniß und Befundzettel ſamt der Pagina »wo.» Ganz natuͤr¬ lich laͤugnete jeder, der nur halbwege ein ehrlicher Lutheraner war, die unbefleckte Empfaͤngniß des Buchs; und die Sommerflecken wurden alſo alle ordentlich einregiſtrirt, aber keiner beſtraft. Bloß der gewiſſenhafte Hofkaplan lud als Wuͤſtenbock die Srrafe fremder Fehler auf, indem er eine ganze Nacht jedesmal nicht ſchlafen konnte, ſo oft er im Buche mehrere Klekſe als in der Konduitenliſte fand, weil er offenbar ſah, er werde zum Adoptivvater des anonymen Schmutzes gemacht und zum Kaͤufer des Buchs. — — Tellers Anekdoten fuͤr Schwarz¬ roͤcke waren nun gar voͤllige ſchwarze Waͤſche: war nicht ein Eſelsohr am andern — Klekſe auf Klekſen — die Blaͤtter ordentliche Korrekturbogen . . . und zwar unmetaphoriſch geſprochen? — Eyman hob an: »Und wenn mirs Geld zum Fenſter herein¬ floͤg'.» . . . Da flog Viktors Brief zum Fenſter herein und ſein — Verfaſſer zur Thuͤr. E 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795/77
Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795/77>, abgerufen am 24.11.2024.