aber der empfieng sie so kalt wie ihren Ueberbringer. Der Aktenstaub lag dick auf den Orgelpfeifen seines Gemüths. -- Angekettet an den Sessions- und Schreibetisch, war er jetzt wie angekettete Hunde wilder als vorher ungefesselt. -- Die Bemühungen seiner Kollegen, den Staats-Körper zu einem Ana¬ gramma auszurenken, erhielten von ihm den verdien¬ ten Beifall nicht. -- Auch setzte sich in seiner Seele der Sauerteig der freundschaftlichen Eifersucht an, der es nicht recht war, daß sein Viktor ihn seltener und andre öfter sah. -- Am meisten erboßte ihn Viktors Weigern, als er ihn um Begleitung nach St. Lüne ersuchte. . . . Kurz: er war arg.
Die 9037 Mann, die für meinen Helden 9037 Plagegötter waren, sind die Herren Flachsenfinger samt und sonders vermittelst ihres närrischen Karak¬ ters, der hier nicht skizziret zu werden verdient, son¬ dern in einem flüchtigen Extrablättgen.
Flüchtiges Extrablättgen, worin der när¬ rische Karakter der Flachsenfinger skizzirt wird -- oder perspektivischer Aufriß der Stadt Klein-Wien.
Klein-Wien heissen viele mein Flachsenfingen, so wie es Klein-Leipzig, Klein-Paris u. s. w. giebt. Es können aber wohl zwei Städte nicht weiter von einander in Sitten abstehen als Flachsenfingen, wo
aber der empfieng ſie ſo kalt wie ihren Ueberbringer. Der Aktenſtaub lag dick auf den Orgelpfeifen ſeines Gemuͤths. — Angekettet an den Seſſions- und Schreibetiſch, war er jetzt wie angekettete Hunde wilder als vorher ungefeſſelt. — Die Bemuͤhungen ſeiner Kollegen, den Staats-Koͤrper zu einem Ana¬ gramma auszurenken, erhielten von ihm den verdien¬ ten Beifall nicht. — Auch ſetzte ſich in ſeiner Seele der Sauerteig der freundſchaftlichen Eiferſucht an, der es nicht recht war, daß ſein Viktor ihn ſeltener und andre oͤfter ſah. — Am meiſten erboßte ihn Viktors Weigern, als er ihn um Begleitung nach St. Luͤne erſuchte. . . . Kurz: er war arg.
Die 9037 Mann, die fuͤr meinen Helden 9037 Plagegoͤtter waren, ſind die Herren Flachſenfinger ſamt und ſonders vermittelſt ihres naͤrriſchen Karak¬ ters, der hier nicht ſkizziret zu werden verdient, ſon¬ dern in einem fluͤchtigen Extrablaͤttgen.
Fluͤchtiges Extrablaͤttgen, worin der naͤr¬ riſche Karakter der Flachſenfinger skizzirt wird — oder perſpektiviſcher Aufriß der Stadt Klein-Wien.
Klein-Wien heiſſen viele mein Flachſenfingen, ſo wie es Klein-Leipzig, Klein-Paris u. ſ. w. giebt. Es koͤnnen aber wohl zwei Staͤdte nicht weiter von einander in Sitten abſtehen als Flachſenfingen, wo
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0068"n="58"/>
aber der empfieng ſie ſo kalt wie ihren Ueberbringer.<lb/>
Der Aktenſtaub lag dick auf den Orgelpfeifen ſeines<lb/>
Gemuͤths. — Angekettet an den Seſſions- und<lb/>
Schreibetiſch, war er jetzt wie angekettete Hunde<lb/>
wilder als vorher ungefeſſelt. — Die Bemuͤhungen<lb/>ſeiner Kollegen, den Staats-Koͤrper zu einem Ana¬<lb/>
gramma auszurenken, erhielten von ihm den verdien¬<lb/>
ten Beifall nicht. — Auch ſetzte ſich in ſeiner Seele<lb/>
der Sauerteig der freundſchaftlichen Eiferſucht an,<lb/>
der es nicht recht war, daß ſein Viktor ihn ſeltener<lb/>
und andre oͤfter ſah. — Am meiſten erboßte ihn<lb/>
Viktors Weigern, als er <hirendition="#g">ihn</hi> um Begleitung nach<lb/>
St. Luͤne <hirendition="#g">erſuchte</hi>. . . . Kurz: er war arg.</p><lb/><p>Die 9037 Mann, die fuͤr meinen Helden 9037<lb/>
Plagegoͤtter waren, ſind die Herren Flachſenfinger<lb/>ſamt und ſonders vermittelſt ihres naͤrriſchen Karak¬<lb/>
ters, der hier nicht ſkizziret zu werden verdient, ſon¬<lb/>
dern in einem fluͤchtigen Extrablaͤttgen.</p><lb/></div><divn="3"><head><hirendition="#g">Fluͤchtiges Extrablaͤttgen</hi>, <hirendition="#g">worin der naͤr¬<lb/>
riſche Karakter der Flachſenfinger skizzirt<lb/>
wird</hi>—<hirendition="#g">oder perſpektiviſcher Aufriß der<lb/>
Stadt Klein-Wien</hi>.<lb/></head><p>Klein-Wien heiſſen viele mein Flachſenfingen, ſo<lb/>
wie es Klein-Leipzig, Klein-Paris u. ſ. w. giebt.<lb/>
Es koͤnnen aber wohl zwei Staͤdte nicht weiter von<lb/>
einander in Sitten abſtehen als Flachſenfingen, wo<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[58/0068]
aber der empfieng ſie ſo kalt wie ihren Ueberbringer.
Der Aktenſtaub lag dick auf den Orgelpfeifen ſeines
Gemuͤths. — Angekettet an den Seſſions- und
Schreibetiſch, war er jetzt wie angekettete Hunde
wilder als vorher ungefeſſelt. — Die Bemuͤhungen
ſeiner Kollegen, den Staats-Koͤrper zu einem Ana¬
gramma auszurenken, erhielten von ihm den verdien¬
ten Beifall nicht. — Auch ſetzte ſich in ſeiner Seele
der Sauerteig der freundſchaftlichen Eiferſucht an,
der es nicht recht war, daß ſein Viktor ihn ſeltener
und andre oͤfter ſah. — Am meiſten erboßte ihn
Viktors Weigern, als er ihn um Begleitung nach
St. Luͤne erſuchte. . . . Kurz: er war arg.
Die 9037 Mann, die fuͤr meinen Helden 9037
Plagegoͤtter waren, ſind die Herren Flachſenfinger
ſamt und ſonders vermittelſt ihres naͤrriſchen Karak¬
ters, der hier nicht ſkizziret zu werden verdient, ſon¬
dern in einem fluͤchtigen Extrablaͤttgen.
Fluͤchtiges Extrablaͤttgen, worin der naͤr¬
riſche Karakter der Flachſenfinger skizzirt
wird — oder perſpektiviſcher Aufriß der
Stadt Klein-Wien.
Klein-Wien heiſſen viele mein Flachſenfingen, ſo
wie es Klein-Leipzig, Klein-Paris u. ſ. w. giebt.
Es koͤnnen aber wohl zwei Staͤdte nicht weiter von
einander in Sitten abſtehen als Flachſenfingen, wo
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795/68>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.