der Gegenwart und der Wiederschein der Nachbar¬ schaft. Las er im Gully: so versäumte er eine Wo¬ che lang das geheime Regierungskollegium nicht und ließ den Kammerpräsidenten kommen. Las er im Friedrich II: so wollt' er das Reichskontingent stel¬ len und selber kommandiren und ging vormittags auf die Parade. Er sah mit Vergnügen das Ideal einer guten Regierung an, es sey in Druck oder in einer Rede; und oft versuchte er die Approxima¬ zion dazu, Reformen, Untersuchungen und Beloh¬ nungen ganze Wochen lang -- Enthaltungen ausgenommen, die doch das einzige Verdienst sind, das der Fürst ohne fremde Hülfe erwerben kann. -- Unter der ganzen Kreuzfahrt war er ein wahrer An¬ toninus Philosophus und war in Bereitschaft, über¬ all zu belohnen und zu bestrafen und zu resolviren; -- auch fühlte er, er könnt' es thulich machen, wenn man nur nicht von ihm noch arbeiten und entbehren heischte: darüber ging das andre auch zum Teufel.
Anfangs gefiel ihm die empfindsame Reise, -- als sie vorüber war, wieder -- aber in der Mitte schmeckte ihm alles, was nach dem Vorlauf ausge¬ keltert wurde, immer herber und er wünschte sich statt der Dorfküchenzettel sein Viktualienzifferblatt. Auch hatt' er sich so sehr an Tapferkeit gewöhnt, daß er beim Mangel derselben -- d. h. seiner Leib¬ wache -- so zu sagen furchtsam wurde; daher wollt'
der Gegenwart und der Wiederſchein der Nachbar¬ ſchaft. Las er im Gully: ſo verſaͤumte er eine Wo¬ che lang das geheime Regierungskollegium nicht und ließ den Kammerpraͤſidenten kommen. Las er im Friedrich II: ſo wollt' er das Reichskontingent ſtel¬ len und ſelber kommandiren und ging vormittags auf die Parade. Er ſah mit Vergnuͤgen das Ideal einer guten Regierung an, es ſey in Druck oder in einer Rede; und oft verſuchte er die Approxima¬ zion dazu, Reformen, Unterſuchungen und Beloh¬ nungen ganze Wochen lang — Enthaltungen ausgenommen, die doch das einzige Verdienſt ſind, das der Fuͤrſt ohne fremde Huͤlfe erwerben kann. — Unter der ganzen Kreuzfahrt war er ein wahrer An¬ toninus Philoſophus und war in Bereitſchaft, uͤber¬ all zu belohnen und zu beſtrafen und zu reſolviren; — auch fuͤhlte er, er koͤnnt' es thulich machen, wenn man nur nicht von ihm noch arbeiten und entbehren heiſchte: daruͤber ging das andre auch zum Teufel.
Anfangs gefiel ihm die empfindſame Reiſe, — als ſie voruͤber war, wieder — aber in der Mitte ſchmeckte ihm alles, was nach dem Vorlauf ausge¬ keltert wurde, immer herber und er wuͤnſchte ſich ſtatt der Dorfkuͤchenzettel ſein Viktualienzifferblatt. Auch hatt' er ſich ſo ſehr an Tapferkeit gewoͤhnt, daß er beim Mangel derſelben — d. h. ſeiner Leib¬ wache — ſo zu ſagen furchtſam wurde; daher wollt'
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der Gegenwart und der Wiederſchein der Nachbar¬
ſchaft. Las er im Gully: ſo verſaͤumte er eine Wo¬
che lang das geheime Regierungskollegium nicht und
ließ den Kammerpraͤſidenten kommen. Las er im
Friedrich II: ſo wollt' er das Reichskontingent ſtel¬
len und ſelber kommandiren und ging vormittags
auf die Parade. Er ſah mit Vergnuͤgen das Ideal
einer guten Regierung an, es ſey in Druck oder
in einer Rede; und oft verſuchte er die Approxima¬
zion dazu, Reformen, Unterſuchungen und Beloh¬
nungen ganze Wochen lang — Enthaltungen
ausgenommen, die doch das einzige Verdienſt ſind,
das der Fuͤrſt ohne fremde Huͤlfe erwerben kann. —
Unter der ganzen Kreuzfahrt war er ein wahrer An¬
toninus Philoſophus und war in Bereitſchaft, uͤber¬
all zu belohnen und zu beſtrafen und zu reſolviren; —
auch fuͤhlte er, er koͤnnt' es thulich machen, wenn man
nur nicht von ihm noch arbeiten und entbehren
heiſchte: daruͤber ging das andre auch zum Teufel.
Anfangs gefiel ihm die empfindſame Reiſe, —
als ſie voruͤber war, wieder — aber in der Mitte
ſchmeckte ihm alles, was nach dem Vorlauf ausge¬
keltert wurde, immer herber und er wuͤnſchte ſich
ſtatt der Dorfkuͤchenzettel ſein Viktualienzifferblatt.
Auch hatt' er ſich ſo ſehr an Tapferkeit gewoͤhnt,
daß er beim Mangel derſelben — d. h. ſeiner Leib¬
wache — ſo zu ſagen furchtſam wurde; daher wollt'
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795/63>, abgerufen am 21.11.2024.
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