Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

te blöde: "Ihre Seele ist zu gut und zu weich." --
Ja, dann brach sein überfülltes Herz entzwei. --
Dann quollen alle mit alten Thränen vollgegoßenen
Tiefen seiner Seele auf und hoben aus den Wurzeln
sein schwimmendes Herz und er sank vor Klotilden
nieder glänzend in himmlischer Liebe und rinnendem
Schmerz -- von der Tugend überflammt -- vom
Mondenlicht verklärt -- mit der treuen erliegenden
Brust, mit den überhullten Augen und die zerrin¬
nende Stimme konnte nur die Worte sagen: "Engel
"des Himmels! endlich bricht vor dir das Herz, das
"dich unaussprechlich liebt -- o ich habe ja lange
"geschwiegen. -- Nein, du edle Gestalt weichest nie
"aus meiner Seele. -- O Seele vom Himmel war,
"um haben deine Leiden und deine Güte und alles
"was du bist, mir eine ewige Liebe gegeben und
"keine Hoffnung und einen ewigen Schmerz?"
-- Von ihm weggebogen lag ihr erschrockenes Ange¬
sicht in ihrer rechten Hand und die linke deckte nur
die Augen, aber nicht die Thränen zu. Ein sterben¬
der Laut flehete ihn an aufzustehen. Man hörte den
zweiten Schlitten von Ferne. -- "Unvergeßliche! ich
"martere Sie, aber ich bleibe bis Sie mir ein Zei¬
"chen der Vergebung geben." -- Sie reichte ihm
die linke Hand hinaus und ein heiliges Angesicht
voll Rührung wurde aufgedeckt -- Er preßte die
warme Hand an sein flammendes Angesicht, in seine

heissen

te bloͤde: »Ihre Seele iſt zu gut und zu weich.« —
Ja, dann brach ſein uͤberfuͤlltes Herz entzwei. —
Dann quollen alle mit alten Thraͤnen vollgegoßenen
Tiefen ſeiner Seele auf und hoben aus den Wurzeln
ſein ſchwimmendes Herz und er ſank vor Klotilden
nieder glaͤnzend in himmliſcher Liebe und rinnendem
Schmerz — von der Tugend uͤberflammt — vom
Mondenlicht verklaͤrt — mit der treuen erliegenden
Bruſt, mit den uͤberhullten Augen und die zerrin¬
nende Stimme konnte nur die Worte ſagen: »Engel
»des Himmels! endlich bricht vor dir das Herz, das
»dich unausſprechlich liebt — o ich habe ja lange
»geſchwiegen. — Nein, du edle Geſtalt weicheſt nie
»aus meiner Seele. — O Seele vom Himmel war,
»um haben deine Leiden und deine Guͤte und alles
»was du biſt, mir eine ewige Liebe gegeben und
»keine Hoffnung und einen ewigen Schmerz?»
— Von ihm weggebogen lag ihr erſchrockenes Ange¬
ſicht in ihrer rechten Hand und die linke deckte nur
die Augen, aber nicht die Thraͤnen zu. Ein ſterben¬
der Laut flehete ihn an aufzuſtehen. Man hoͤrte den
zweiten Schlitten von Ferne. — »Unvergeßliche! ich
»martere Sie, aber ich bleibe bis Sie mir ein Zei¬
»chen der Vergebung geben.« — Sie reichte ihm
die linke Hand hinaus und ein heiliges Angeſicht
voll Ruͤhrung wurde aufgedeckt — Er preßte die
warme Hand an ſein flammendes Angeſicht, in ſeine

heiſſen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0394" n="384"/>
te blo&#x0364;de: »Ihre Seele i&#x017F;t zu gut und zu weich.« &#x2014;<lb/>
Ja, dann brach &#x017F;ein u&#x0364;berfu&#x0364;lltes Herz entzwei. &#x2014;<lb/>
Dann quollen alle mit alten Thra&#x0364;nen vollgegoßenen<lb/>
Tiefen &#x017F;einer Seele auf und hoben aus den Wurzeln<lb/>
&#x017F;ein &#x017F;chwimmendes Herz und er &#x017F;ank vor Klotilden<lb/>
nieder gla&#x0364;nzend in himmli&#x017F;cher Liebe und rinnendem<lb/>
Schmerz &#x2014; von der Tugend u&#x0364;berflammt &#x2014; vom<lb/>
Mondenlicht verkla&#x0364;rt &#x2014; mit der treuen erliegenden<lb/>
Bru&#x017F;t, mit den u&#x0364;berhullten Augen und die zerrin¬<lb/>
nende Stimme konnte nur die Worte &#x017F;agen: »Engel<lb/>
»des Himmels! endlich bricht vor dir das Herz, das<lb/>
»dich unaus&#x017F;prechlich liebt &#x2014; o ich habe ja lange<lb/>
»ge&#x017F;chwiegen. &#x2014; Nein, du edle Ge&#x017F;talt weiche&#x017F;t nie<lb/>
»aus meiner Seele. &#x2014; O Seele vom Himmel war,<lb/>
»um haben deine Leiden und deine Gu&#x0364;te und alles<lb/>
»was du bi&#x017F;t, mir eine ewige Liebe gegeben und<lb/>
»keine Hoffnung und einen <choice><sic>ewiaen</sic><corr>ewigen</corr></choice> Schmerz?»<lb/>
&#x2014; Von ihm weggebogen lag ihr er&#x017F;chrockenes Ange¬<lb/>
&#x017F;icht in ihrer rechten Hand und die linke deckte nur<lb/>
die Augen, aber nicht die Thra&#x0364;nen zu. Ein &#x017F;terben¬<lb/>
der Laut flehete ihn an aufzu&#x017F;tehen. Man ho&#x0364;rte den<lb/>
zweiten Schlitten von Ferne. &#x2014; »Unvergeßliche! ich<lb/>
»martere Sie, aber ich bleibe bis Sie mir ein Zei¬<lb/>
»chen der Vergebung geben.« &#x2014; Sie reichte ihm<lb/>
die linke Hand hinaus und ein heiliges Ange&#x017F;icht<lb/>
voll Ru&#x0364;hrung wurde aufgedeckt &#x2014; Er preßte die<lb/>
warme Hand an &#x017F;ein flammendes Ange&#x017F;icht, in &#x017F;eine<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">hei&#x017F;&#x017F;en<lb/></fw>
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[384/0394] te bloͤde: »Ihre Seele iſt zu gut und zu weich.« — Ja, dann brach ſein uͤberfuͤlltes Herz entzwei. — Dann quollen alle mit alten Thraͤnen vollgegoßenen Tiefen ſeiner Seele auf und hoben aus den Wurzeln ſein ſchwimmendes Herz und er ſank vor Klotilden nieder glaͤnzend in himmliſcher Liebe und rinnendem Schmerz — von der Tugend uͤberflammt — vom Mondenlicht verklaͤrt — mit der treuen erliegenden Bruſt, mit den uͤberhullten Augen und die zerrin¬ nende Stimme konnte nur die Worte ſagen: »Engel »des Himmels! endlich bricht vor dir das Herz, das »dich unausſprechlich liebt — o ich habe ja lange »geſchwiegen. — Nein, du edle Geſtalt weicheſt nie »aus meiner Seele. — O Seele vom Himmel war, »um haben deine Leiden und deine Guͤte und alles »was du biſt, mir eine ewige Liebe gegeben und »keine Hoffnung und einen ewigen Schmerz?» — Von ihm weggebogen lag ihr erſchrockenes Ange¬ ſicht in ihrer rechten Hand und die linke deckte nur die Augen, aber nicht die Thraͤnen zu. Ein ſterben¬ der Laut flehete ihn an aufzuſtehen. Man hoͤrte den zweiten Schlitten von Ferne. — »Unvergeßliche! ich »martere Sie, aber ich bleibe bis Sie mir ein Zei¬ »chen der Vergebung geben.« — Sie reichte ihm die linke Hand hinaus und ein heiliges Angeſicht voll Ruͤhrung wurde aufgedeckt — Er preßte die warme Hand an ſein flammendes Angeſicht, in ſeine heiſſen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795/394
Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795, S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795/394>, abgerufen am 23.11.2024.