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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795.

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Tochter morgen abfahre. -- Man verarge den Pfarr¬
leuten die Zudringlichkeit um Klotilden nicht: denn
am dritten Feiertag geht sie zum Balle, am Tage
darauf nach Maienthal -- sie hatten ja nur noch
morgen und heute. . . . Die kleine Julia hatte un¬
ser Flamin, dem ihr Penny Postamt wohlgefiel, mit¬
gebracht. -- Ich bin moralisch gewiß, die Kaplänin
sah meinem Helden soviel an als ich von ihm schrei¬
be und sie liebte ihn so sehr, daß wenn sie statt des
Schicksals hätte dekretiren müssen, sie vor Kummer
gestorben wäre, eh' sie es über sich gewonnen hätte,
den Sohn auf Kosten des Freundes zu beglücken. --
So sehr gewann er durch eine schöne Vereinigung
von Feinheit, Empfindung und Phantasie
die schönsten und weichsten Herzen, ich meine die
weiblichen.

Diese winzige Julia, der Zodialschein und Nach¬
hall der untergegangnen Giulia, ablaktirte in Vik¬
tors Seele Rosen mit Nesseln; und alle seine heu¬
tigen Blumen der Freude hatten ihre Wurzeln in
tiefen Thränen, die seine Brust verdeckte. Ihn
rührte sogar der Kuß von Klotildens Freundin, von
Agathen. Er dachte an das Stamizische Konzert
und an ihr Nebeneinander seyn und an den Florhut,
der den Schmerz von zwei geliebten Augen verhing.
Er bat Agathen, sie sollte von Klotilden diesen Hut
entlehnen und ihm ein genaues Ebenbild darnach ma¬

Tochter morgen abfahre. — Man verarge den Pfarr¬
leuten die Zudringlichkeit um Klotilden nicht: denn
am dritten Feiertag geht ſie zum Balle, am Tage
darauf nach Maienthal — ſie hatten ja nur noch
morgen und heute. . . . Die kleine Julia hatte un¬
ſer Flamin, dem ihr Penny Poſtamt wohlgefiel, mit¬
gebracht. — Ich bin moraliſch gewiß, die Kaplaͤnin
ſah meinem Helden ſoviel an als ich von ihm ſchrei¬
be und ſie liebte ihn ſo ſehr, daß wenn ſie ſtatt des
Schickſals haͤtte dekretiren muͤſſen, ſie vor Kummer
geſtorben waͤre, eh' ſie es uͤber ſich gewonnen haͤtte,
den Sohn auf Koſten des Freundes zu begluͤcken. —
So ſehr gewann er durch eine ſchoͤne Vereinigung
von Feinheit, Empfindung und Phantaſie
die ſchoͤnſten und weichſten Herzen, ich meine die
weiblichen.

Dieſe winzige Julia, der Zodialſchein und Nach¬
hall der untergegangnen Giulia, ablaktirte in Vik¬
tors Seele Roſen mit Neſſeln; und alle ſeine heu¬
tigen Blumen der Freude hatten ihre Wurzeln in
tiefen Thraͤnen, die ſeine Bruſt verdeckte. Ihn
ruͤhrte ſogar der Kuß von Klotildens Freundin, von
Agathen. Er dachte an das Stamiziſche Konzert
und an ihr Nebeneinander ſeyn und an den Florhut,
der den Schmerz von zwei geliebten Augen verhing.
Er bat Agathen, ſie ſollte von Klotilden dieſen Hut
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[339 [338]/0348] Tochter morgen abfahre. — Man verarge den Pfarr¬ leuten die Zudringlichkeit um Klotilden nicht: denn am dritten Feiertag geht ſie zum Balle, am Tage darauf nach Maienthal — ſie hatten ja nur noch morgen und heute. . . . Die kleine Julia hatte un¬ ſer Flamin, dem ihr Penny Poſtamt wohlgefiel, mit¬ gebracht. — Ich bin moraliſch gewiß, die Kaplaͤnin ſah meinem Helden ſoviel an als ich von ihm ſchrei¬ be und ſie liebte ihn ſo ſehr, daß wenn ſie ſtatt des Schickſals haͤtte dekretiren muͤſſen, ſie vor Kummer geſtorben waͤre, eh' ſie es uͤber ſich gewonnen haͤtte, den Sohn auf Koſten des Freundes zu begluͤcken. — So ſehr gewann er durch eine ſchoͤne Vereinigung von Feinheit, Empfindung und Phantaſie die ſchoͤnſten und weichſten Herzen, ich meine die weiblichen. Dieſe winzige Julia, der Zodialſchein und Nach¬ hall der untergegangnen Giulia, ablaktirte in Vik¬ tors Seele Roſen mit Neſſeln; und alle ſeine heu¬ tigen Blumen der Freude hatten ihre Wurzeln in tiefen Thraͤnen, die ſeine Bruſt verdeckte. Ihn ruͤhrte ſogar der Kuß von Klotildens Freundin, von Agathen. Er dachte an das Stamiziſche Konzert und an ihr Nebeneinander ſeyn und an den Florhut, der den Schmerz von zwei geliebten Augen verhing. Er bat Agathen, ſie ſollte von Klotilden dieſen Hut entlehnen und ihm ein genaues Ebenbild darnach ma¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795, S. 339 [338]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795/348>, abgerufen am 27.11.2024.