sein Namensvetter, sondern weil ihm einfiel, war¬ um die Weiber in Italien zuweilen Heiligenbilder vorhängen. Die Ursache kann bekanntlich einen Kupferstich zu den zehn Geboten -- Göschen und Penzel sollten den Katechismus mit geschmackvollern Verboten-Stichen ediren -- abgeben. Auch die Ma¬ ria über dem Bette war mit Federbüschen und allem verschleiert. . . . . Zeusel, Zeusel! hättest du nicht medisiret, diese ganze Biographie liefe (so viel ich voraussehen kann) wohl anders! --
Er erhielt sich durch Anstemmung der Rechten an die Wand, über der schönen Blinden schwebend, weil ihn eine neue kleine Weltkugel bei der Zentripetal¬ kraft anfaßte und ihn aus seinem Zurücklaufe brach¬ te. -- Denn weil die Kranke auf der rechten Seite ruhte: so war vom aufgerollten Haar eine Welle nach der andern über das Herz und über den Lilien¬ hügel, den Seufzer tragen, hinübergeflossen und die zum andern Hügel sinkenden Locken hatten dort nicht so viel überdecken können als sie hier entkleidet hat¬ ten. Den Locken sank langsam das Spitzengewebe nach und die Herzblätter und die reifen Blüten blät¬ terten sich ab von der aufdringenden Aepfel Frucht ... Theurer ästhetischer Held dieser Posttage, wirst du ein moralischer bleiben, jetzt ungesehen hängend über diesem wahren globe de compression von Be¬ [unleserliches Material - Zeichen fehlt]bor -- über dieser zunehmenden Mondkugel,
ſein Namensvetter, ſondern weil ihm einfiel, war¬ um die Weiber in Italien zuweilen Heiligenbilder vorhaͤngen. Die Urſache kann bekanntlich einen Kupferſtich zu den zehn Geboten — Goͤſchen und Penzel ſollten den Katechiſmus mit geſchmackvollern Verboten-Stichen ediren — abgeben. Auch die Ma¬ ria uͤber dem Bette war mit Federbuͤſchen und allem verſchleiert. . . . . Zeuſel, Zeuſel! haͤtteſt du nicht mediſiret, dieſe ganze Biographie liefe (ſo viel ich vorausſehen kann) wohl anders! —
Er erhielt ſich durch Anſtemmung der Rechten an die Wand, uͤber der ſchoͤnen Blinden ſchwebend, weil ihn eine neue kleine Weltkugel bei der Zentripetal¬ kraft anfaßte und ihn aus ſeinem Zuruͤcklaufe brach¬ te. — Denn weil die Kranke auf der rechten Seite ruhte: ſo war vom aufgerollten Haar eine Welle nach der andern uͤber das Herz und uͤber den Lilien¬ huͤgel, den Seufzer tragen, hinuͤbergefloſſen und die zum andern Huͤgel ſinkenden Locken hatten dort nicht ſo viel uͤberdecken koͤnnen als ſie hier entkleidet hat¬ ten. Den Locken ſank langſam das Spitzengewebe nach und die Herzblaͤtter und die reifen Bluͤten blaͤt¬ terten ſich ab von der aufdringenden Aepfel Frucht ... Theurer aͤſthetiſcher Held dieſer Poſttage, wirſt du ein moraliſcher bleiben, jetzt ungeſehen haͤngend uͤber dieſem wahren globe de compression von Be¬ [unleserliches Material – Zeichen fehlt]bor — uͤber dieſer zunehmenden Mondkugel,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0328"n="318"/>ſein Namensvetter, ſondern weil ihm einfiel, <hirendition="#g">war¬<lb/>
um</hi> die Weiber in Italien zuweilen Heiligenbilder<lb/>
vorhaͤngen. Die Urſache kann bekanntlich einen<lb/>
Kupferſtich zu den zehn Geboten — Goͤſchen und<lb/>
Penzel ſollten den Katechiſmus mit geſchmackvollern<lb/>
Verboten-Stichen ediren — abgeben. Auch die Ma¬<lb/>
ria uͤber dem Bette war mit Federbuͤſchen und allem<lb/>
verſchleiert. . . . . Zeuſel, Zeuſel! haͤtteſt du nicht<lb/>
mediſiret, dieſe ganze Biographie liefe (ſo viel ich<lb/>
vorausſehen kann) wohl anders! —</p><lb/><p>Er erhielt ſich durch Anſtemmung der Rechten an<lb/>
die Wand, uͤber der ſchoͤnen Blinden ſchwebend, weil<lb/>
ihn eine neue kleine Weltkugel bei der Zentripetal¬<lb/>
kraft anfaßte und ihn aus ſeinem Zuruͤcklaufe brach¬<lb/>
te. — Denn weil die Kranke auf der rechten Seite<lb/>
ruhte: ſo war vom aufgerollten Haar eine Welle<lb/>
nach der andern uͤber das Herz und uͤber den Lilien¬<lb/>
huͤgel, den Seufzer tragen, hinuͤbergefloſſen und die<lb/>
zum andern Huͤgel ſinkenden Locken hatten dort nicht<lb/>ſo viel uͤberdecken koͤnnen als ſie hier entkleidet hat¬<lb/>
ten. Den Locken ſank langſam das Spitzengewebe<lb/>
nach und die Herzblaͤtter und die reifen Bluͤten blaͤt¬<lb/>
terten ſich ab von der aufdringenden Aepfel Frucht<lb/>
... Theurer aͤſthetiſcher Held dieſer Poſttage, wirſt<lb/>
du ein moraliſcher bleiben, jetzt ungeſehen haͤngend<lb/>
uͤber dieſem wahren <hirendition="#aq">globe de compression</hi> von Be¬<lb/><gapreason="illegible"unit="chars"/>bor — uͤber dieſer <hirendition="#g">zunehmenden</hi> Mondkugel,<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[318/0328]
ſein Namensvetter, ſondern weil ihm einfiel, war¬
um die Weiber in Italien zuweilen Heiligenbilder
vorhaͤngen. Die Urſache kann bekanntlich einen
Kupferſtich zu den zehn Geboten — Goͤſchen und
Penzel ſollten den Katechiſmus mit geſchmackvollern
Verboten-Stichen ediren — abgeben. Auch die Ma¬
ria uͤber dem Bette war mit Federbuͤſchen und allem
verſchleiert. . . . . Zeuſel, Zeuſel! haͤtteſt du nicht
mediſiret, dieſe ganze Biographie liefe (ſo viel ich
vorausſehen kann) wohl anders! —
Er erhielt ſich durch Anſtemmung der Rechten an
die Wand, uͤber der ſchoͤnen Blinden ſchwebend, weil
ihn eine neue kleine Weltkugel bei der Zentripetal¬
kraft anfaßte und ihn aus ſeinem Zuruͤcklaufe brach¬
te. — Denn weil die Kranke auf der rechten Seite
ruhte: ſo war vom aufgerollten Haar eine Welle
nach der andern uͤber das Herz und uͤber den Lilien¬
huͤgel, den Seufzer tragen, hinuͤbergefloſſen und die
zum andern Huͤgel ſinkenden Locken hatten dort nicht
ſo viel uͤberdecken koͤnnen als ſie hier entkleidet hat¬
ten. Den Locken ſank langſam das Spitzengewebe
nach und die Herzblaͤtter und die reifen Bluͤten blaͤt¬
terten ſich ab von der aufdringenden Aepfel Frucht
... Theurer aͤſthetiſcher Held dieſer Poſttage, wirſt
du ein moraliſcher bleiben, jetzt ungeſehen haͤngend
uͤber dieſem wahren globe de compression von Be¬
_ bor — uͤber dieſer zunehmenden Mondkugel,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795/328>, abgerufen am 28.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.