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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795.

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stern sitzen -- und Agnola saß da: -- so war Vik¬
tor doch heute nicht ganz und gar so einfältig wie
ein Schaf. Noch dazu machte ihn der Kleinodien¬
schrank beherzt, in dem er -- sie konnt' es nicht
sehen, daß er unhöflich herumsah -- zu seiner Freude
unter 20 Uhren keine montre a regulatuer ausfand.
Sie fragte ihn, ob sie bis zum 3ten Feiertage so
hergestellt seyn werde, daß sie zum Vergnügen des
Fürsten auf dem Balle etwas beitragen könne. Er
bejahte es, ob er gleich wußte, sie trüge noch mehr
bei, wenn sie wegbliebe und ob sie gleich dasselbe
wußte. -- Hier dauerte sie ihn und er wollt' ihr
alles offenbaren. Er wollte nicht etwan plump sa¬
gen: "in Großkussevitz mußte mich der Teufel reiten,
"daß ich in die die Uhr Ew. Durchlaucht eine Lie¬
besdeklaration eingeschwärzet: "sondern er wollte im
schönsten Seelenergusse aus dem pochenden Busen nie¬
derfallen und sagen: "nicht aus Furcht der Strafe,
"sondern aus Furcht, daß das Geständniß meines
"Fehlers einige Aehnlichkeit mit der Wiederholung
"desselben habe, hab' ichs bisher verborgen, daß ich
"einmal eine Hochachtung, in der ich nur Ihren
"Hof, und nicht den Gebieter desselben nachahmen
"darf, weniger zu stark, als zu kühn ausgedrückt
"habe; aber die Stärke der Gefühle wird leicht mit
"der Rechtmäßigkeit derselben verwechselt."

ſtern ſitzen — und Agnola ſaß da: — ſo war Vik¬
tor doch heute nicht ganz und gar ſo einfaͤltig wie
ein Schaf. Noch dazu machte ihn der Kleinodien¬
ſchrank beherzt, in dem er — ſie konnt' es nicht
ſehen, daß er unhoͤflich herumſah — zu ſeiner Freude
unter 20 Uhren keine montre à regulatuer ausfand.
Sie fragte ihn, ob ſie bis zum 3ten Feiertage ſo
hergeſtellt ſeyn werde, daß ſie zum Vergnuͤgen des
Fuͤrſten auf dem Balle etwas beitragen koͤnne. Er
bejahte es, ob er gleich wußte, ſie truͤge noch mehr
bei, wenn ſie wegbliebe und ob ſie gleich daſſelbe
wußte. — Hier dauerte ſie ihn und er wollt' ihr
alles offenbaren. Er wollte nicht etwan plump ſa¬
gen: »in Großkuſſevitz mußte mich der Teufel reiten,
»daß ich in die die Uhr Ew. Durchlaucht eine Lie¬
besdeklaration eingeſchwaͤrzet: «ſondern er wollte im
ſchoͤnſten Seelenerguſſe aus dem pochenden Buſen nie¬
derfallen und ſagen: »nicht aus Furcht der Strafe,
»ſondern aus Furcht, daß das Geſtaͤndniß meines
»Fehlers einige Aehnlichkeit mit der Wiederholung
»deſſelben habe, hab' ichs bisher verborgen, daß ich
»einmal eine Hochachtung, in der ich nur Ihren
»Hof, und nicht den Gebieter deſſelben nachahmen
»darf, weniger zu ſtark, als zu kuͤhn ausgedruͤckt
»habe; aber die Staͤrke der Gefuͤhle wird leicht mit
»der Rechtmaͤßigkeit derſelben verwechſelt.«

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[315/0325] ſtern ſitzen — und Agnola ſaß da: — ſo war Vik¬ tor doch heute nicht ganz und gar ſo einfaͤltig wie ein Schaf. Noch dazu machte ihn der Kleinodien¬ ſchrank beherzt, in dem er — ſie konnt' es nicht ſehen, daß er unhoͤflich herumſah — zu ſeiner Freude unter 20 Uhren keine montre à regulatuer ausfand. Sie fragte ihn, ob ſie bis zum 3ten Feiertage ſo hergeſtellt ſeyn werde, daß ſie zum Vergnuͤgen des Fuͤrſten auf dem Balle etwas beitragen koͤnne. Er bejahte es, ob er gleich wußte, ſie truͤge noch mehr bei, wenn ſie wegbliebe und ob ſie gleich daſſelbe wußte. — Hier dauerte ſie ihn und er wollt' ihr alles offenbaren. Er wollte nicht etwan plump ſa¬ gen: »in Großkuſſevitz mußte mich der Teufel reiten, »daß ich in die die Uhr Ew. Durchlaucht eine Lie¬ besdeklaration eingeſchwaͤrzet: «ſondern er wollte im ſchoͤnſten Seelenerguſſe aus dem pochenden Buſen nie¬ derfallen und ſagen: »nicht aus Furcht der Strafe, »ſondern aus Furcht, daß das Geſtaͤndniß meines »Fehlers einige Aehnlichkeit mit der Wiederholung »deſſelben habe, hab' ichs bisher verborgen, daß ich »einmal eine Hochachtung, in der ich nur Ihren »Hof, und nicht den Gebieter deſſelben nachahmen »darf, weniger zu ſtark, als zu kuͤhn ausgedruͤckt »habe; aber die Staͤrke der Gefuͤhle wird leicht mit »der Rechtmaͤßigkeit derſelben verwechſelt.«

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Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795/325>, abgerufen am 28.11.2024.