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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795.

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ausgebrannte abgedampfte Hof -- nur kaustisch war
er zu sehr und zu philosophisch und fast zu schel¬
misch.

Ich, Viktor und der Leser haben noch immer
nur eine unbestimmte verwischte Kreidenzeichnung
von Matthieu im Kopf. Meinem Helden gefiel er
ein wenig, wie jeder exzentrische Mensch einem excen¬
trischen: es war sein Fehler, daß er den Genies
zu leicht die ihrigen, sogar moralische verzieh. --
Mit verdoppelter Neugierde trat er seinen Weg ins
Schloß oder vielmehr in dessen großen Garten an,
der die Facade als Bogensehne in seinen Halbzirkel
von grünen Schönheiten hineinnimmt. Er lief im
Hafen eines Laubenganges ein und freuete sich, wie
der poröse Schatten der Lauben, um deren Eisen-
Gerippe sich weiche Zweige wie sanftes Haar um
Haarnadeln wickelten, blendend über seinen Körper
glitt. Mit seiner Laube strich eine andre parallel. Er
ging versäeten schwarzen Papierschnitzeln als Weg¬
weisern nach. Das Geflüster des Morgenwindes warf
von einem Zweige ein Blätgen feines Papier herab,
das er nahm, um es zu lesen. Er war noch über
der ersten Zeile: "der Mensch hat dritthalbe Minu¬
ten, eine um einmal zu lächeln . . ." als er an ei¬
nen wagrechten Zopf anstieß, der eine schwarze Her¬
kules-Keule war, verglichen mit meiner oder des Le¬
sers geflochtener Haar-Badine. Den Zopf stülpte

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ausgebrannte abgedampfte Hof — nur kauſtiſch war
er zu ſehr und zu philoſophiſch und faſt zu ſchel¬
miſch.

Ich, Viktor und der Leſer haben noch immer
nur eine unbeſtimmte verwiſchte Kreidenzeichnung
von Matthieu im Kopf. Meinem Helden gefiel er
ein wenig, wie jeder exzentriſche Menſch einem excen¬
triſchen: es war ſein Fehler, daß er den Genies
zu leicht die ihrigen, ſogar moraliſche verzieh. —
Mit verdoppelter Neugierde trat er ſeinen Weg ins
Schloß oder vielmehr in deſſen großen Garten an,
der die Facade als Bogenſehne in ſeinen Halbzirkel
von gruͤnen Schoͤnheiten hineinnimmt. Er lief im
Hafen eines Laubenganges ein und freuete ſich, wie
der poroͤſe Schatten der Lauben, um deren Eiſen-
Gerippe ſich weiche Zweige wie ſanftes Haar um
Haarnadeln wickelten, blendend uͤber ſeinen Koͤrper
glitt. Mit ſeiner Laube ſtrich eine andre parallel. Er
ging verſaͤeten ſchwarzen Papierſchnitzeln als Weg¬
weiſern nach. Das Gefluͤſter des Morgenwindes warf
von einem Zweige ein Blaͤtgen feines Papier herab,
das er nahm, um es zu leſen. Er war noch uͤber
der erſten Zeile: »der Menſch hat dritthalbe Minu¬
ten, eine um einmal zu laͤcheln . . .« als er an ei¬
nen wagrechten Zopf anſtieß, der eine ſchwarze Her¬
kules-Keule war, verglichen mit meiner oder des Le¬
ſers geflochtener Haar-Badine. Den Zopf ſtuͤlpte

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[83/0094] ausgebrannte abgedampfte Hof — nur kauſtiſch war er zu ſehr und zu philoſophiſch und faſt zu ſchel¬ miſch. Ich, Viktor und der Leſer haben noch immer nur eine unbeſtimmte verwiſchte Kreidenzeichnung von Matthieu im Kopf. Meinem Helden gefiel er ein wenig, wie jeder exzentriſche Menſch einem excen¬ triſchen: es war ſein Fehler, daß er den Genies zu leicht die ihrigen, ſogar moraliſche verzieh. — Mit verdoppelter Neugierde trat er ſeinen Weg ins Schloß oder vielmehr in deſſen großen Garten an, der die Facade als Bogenſehne in ſeinen Halbzirkel von gruͤnen Schoͤnheiten hineinnimmt. Er lief im Hafen eines Laubenganges ein und freuete ſich, wie der poroͤſe Schatten der Lauben, um deren Eiſen- Gerippe ſich weiche Zweige wie ſanftes Haar um Haarnadeln wickelten, blendend uͤber ſeinen Koͤrper glitt. Mit ſeiner Laube ſtrich eine andre parallel. Er ging verſaͤeten ſchwarzen Papierſchnitzeln als Weg¬ weiſern nach. Das Gefluͤſter des Morgenwindes warf von einem Zweige ein Blaͤtgen feines Papier herab, das er nahm, um es zu leſen. Er war noch uͤber der erſten Zeile: »der Menſch hat dritthalbe Minu¬ ten, eine um einmal zu laͤcheln . . .« als er an ei¬ nen wagrechten Zopf anſtieß, der eine ſchwarze Her¬ kules-Keule war, verglichen mit meiner oder des Le¬ ſers geflochtener Haar-Badine. Den Zopf ſtuͤlpte F 2

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Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/94>, abgerufen am 22.12.2024.