"jetzt alles Schöne um Sie (er wollte sie hier durch ei¬ "nen schmeichelnden Blick verwirren und abstrafen, aber "vergeblich) -- die italienische Prinzessin kommt zu "Johanni auch, und diese soll so reizend seyn als "wenn sie gar keine Prinzessin wäre, sondern nur "eine Italienerin." Eine gewisse Ironie über ihr eignes Geschlecht war der einzige Fehler der Kaplä¬ nin, für die es wie für mehrere Mütter beinahe keine Stiefsöhne und beinahe nichts als Stieftöchter gab. Er replizirte, er hoffe, daß noch wenige Prin¬ zessinnen, selbst in Amerika, kopulirt worden, in die er sich nicht vollständig verschossen hätte -- und das blos aus Mitleid mit so einem armen zarten Thiergen oder Wappenthiere, das unter die Siegel¬ presse und dann auf die Verträge gedruckt werde, welche die einzigen Kinder dieser Ehen wären -- "die jungen Landesmütter stehen warlich wie Bie¬ "nenmütter in ihrem Drathkarzer feil und passen "ab, in welchen Korb sie der Landes- oder Bienen¬ "vater noch heuer verhandle."
Eine Frau kanns von einem Mann, den sie hoch¬ achtet, gar nicht begreifen, daß er sich verliebt, wenns nicht in sie ist, und sie kanns kaum erwarten, bis sie seine Inamorata zu Gesichte bekömmt -- eben so er¬ picht ist sie auf dieses Mannes Manier in seiner Liebe, ob sie nämlich aus der niederländischen, oder französischen oder italinischen Schule her
»jetzt alles Schoͤne um Sie (er wollte ſie hier durch ei¬ »nen ſchmeichelnden Blick verwirren und abſtrafen, aber »vergeblich) — die italieniſche Prinzeſſin kommt zu »Johanni auch, und dieſe ſoll ſo reizend ſeyn als «wenn ſie gar keine Prinzeſſin waͤre, ſondern nur »eine Italienerin.« Eine gewiſſe Ironie uͤber ihr eignes Geſchlecht war der einzige Fehler der Kaplaͤ¬ nin, fuͤr die es wie fuͤr mehrere Muͤtter beinahe keine Stiefſoͤhne und beinahe nichts als Stieftoͤchter gab. Er replizirte, er hoffe, daß noch wenige Prin¬ zeſſinnen, ſelbſt in Amerika, kopulirt worden, in die er ſich nicht vollſtaͤndig verſchoſſen haͤtte — und das blos aus Mitleid mit ſo einem armen zarten Thiergen oder Wappenthiere, das unter die Siegel¬ preſſe und dann auf die Vertraͤge gedruckt werde, welche die einzigen Kinder dieſer Ehen waͤren — »die jungen Landesmuͤtter ſtehen warlich wie Bie¬ »nenmuͤtter in ihrem Drathkarzer feil und paſſen »ab, in welchen Korb ſie der Landes- oder Bienen¬ »vater noch heuer verhandle.«
Eine Frau kanns von einem Mann, den ſie hoch¬ achtet, gar nicht begreifen, daß er ſich verliebt, wenns nicht in ſie iſt, und ſie kanns kaum erwarten, bis ſie ſeine Inamorata zu Geſichte bekoͤmmt — eben ſo er¬ picht iſt ſie auf dieſes Mannes Manier in ſeiner Liebe, ob ſie naͤmlich aus der niederlaͤndiſchen, oder franzoͤſiſchen oder italiniſchen Schule her
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0079"n="68"/>
»jetzt alles Schoͤne um Sie (er wollte ſie hier durch ei¬<lb/>
»nen ſchmeichelnden Blick verwirren und abſtrafen, aber<lb/>
»vergeblich) — die italieniſche Prinzeſſin kommt zu<lb/>
»Johanni auch, und dieſe ſoll ſo reizend ſeyn als<lb/>
«wenn ſie gar keine Prinzeſſin waͤre, ſondern nur<lb/>
»eine Italienerin.« Eine gewiſſe Ironie uͤber ihr<lb/>
eignes Geſchlecht war der einzige Fehler der Kaplaͤ¬<lb/>
nin, fuͤr die es wie fuͤr mehrere Muͤtter beinahe<lb/>
keine Stiefſoͤhne und beinahe nichts als Stieftoͤchter<lb/>
gab. Er replizirte, er hoffe, daß noch wenige Prin¬<lb/>
zeſſinnen, ſelbſt in Amerika, kopulirt worden, in die<lb/>
er ſich nicht vollſtaͤndig verſchoſſen haͤtte — und<lb/>
das blos aus Mitleid mit ſo einem armen zarten<lb/>
Thiergen oder Wappenthiere, das unter die Siegel¬<lb/>
preſſe und dann auf die Vertraͤge gedruckt werde,<lb/>
welche die einzigen Kinder dieſer Ehen waͤren —<lb/>
»die jungen Landesmuͤtter ſtehen warlich wie Bie¬<lb/>
»nenmuͤtter in ihrem Drathkarzer feil und paſſen<lb/>
»ab, in welchen Korb ſie der Landes- oder Bienen¬<lb/>
»vater noch heuer verhandle.«</p><lb/><p>Eine Frau kanns von einem Mann, den ſie hoch¬<lb/>
achtet, gar nicht begreifen, daß er ſich verliebt, wenns<lb/>
nicht in ſie iſt, und ſie kanns kaum erwarten, bis ſie<lb/>ſeine Inamorata zu Geſichte bekoͤmmt — eben ſo er¬<lb/>
picht iſt ſie auf dieſes Mannes <hirendition="#g">Manier</hi> in ſeiner<lb/>
Liebe, ob ſie naͤmlich aus der <hirendition="#g">niederlaͤndiſchen</hi>,<lb/>
oder <hirendition="#g">franzoͤſiſchen</hi> oder <hirendition="#g">italiniſchen</hi> Schule her<lb/></p></div></body></text></TEI>
[68/0079]
»jetzt alles Schoͤne um Sie (er wollte ſie hier durch ei¬
»nen ſchmeichelnden Blick verwirren und abſtrafen, aber
»vergeblich) — die italieniſche Prinzeſſin kommt zu
»Johanni auch, und dieſe ſoll ſo reizend ſeyn als
«wenn ſie gar keine Prinzeſſin waͤre, ſondern nur
»eine Italienerin.« Eine gewiſſe Ironie uͤber ihr
eignes Geſchlecht war der einzige Fehler der Kaplaͤ¬
nin, fuͤr die es wie fuͤr mehrere Muͤtter beinahe
keine Stiefſoͤhne und beinahe nichts als Stieftoͤchter
gab. Er replizirte, er hoffe, daß noch wenige Prin¬
zeſſinnen, ſelbſt in Amerika, kopulirt worden, in die
er ſich nicht vollſtaͤndig verſchoſſen haͤtte — und
das blos aus Mitleid mit ſo einem armen zarten
Thiergen oder Wappenthiere, das unter die Siegel¬
preſſe und dann auf die Vertraͤge gedruckt werde,
welche die einzigen Kinder dieſer Ehen waͤren —
»die jungen Landesmuͤtter ſtehen warlich wie Bie¬
»nenmuͤtter in ihrem Drathkarzer feil und paſſen
»ab, in welchen Korb ſie der Landes- oder Bienen¬
»vater noch heuer verhandle.«
Eine Frau kanns von einem Mann, den ſie hoch¬
achtet, gar nicht begreifen, daß er ſich verliebt, wenns
nicht in ſie iſt, und ſie kanns kaum erwarten, bis ſie
ſeine Inamorata zu Geſichte bekoͤmmt — eben ſo er¬
picht iſt ſie auf dieſes Mannes Manier in ſeiner
Liebe, ob ſie naͤmlich aus der niederlaͤndiſchen,
oder franzoͤſiſchen oder italiniſchen Schule her
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/79>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.