für einen Olymp und ein Empyräum hielten und die nirgends als an dieser Höhe ihr Glück zu machen wußten, bessere Begriffe vom Glück und schlechtere von der Höhe beizubringen wären. Gleichwohl mußt' er vor Klotilden, die auf ihrem Gesichte mehr als ein Nein gegen die Lobrede hatte, offenbaren, daß er eben so edel verneine wie sie. Er knätete also Lob und Tadel nach einer horazischen Mi¬ schung untereinander, um weder satirische noch schmeichlerische Anspielungen auf zwei kassirte Hof¬ leute zu machen: "mir gefällts nicht, daß es da nur "Vergnügungen, und keine Arbeiten giebt -- lauter "Konfektkörbgen und keinen einzigen Arbeitsbeutel, "geschweige einen Arbeitstisch wie diesen da." -- "Glauben Sie, fragte Klotilde mit auffallender In¬ nigkeit, daß alle Festins einen einzigen Hofdienst be¬ zahlen?" -- "Nein, sagt' er, denn für die Festins "selber sollte man bezahlet werden -- ich behaupte, "es giebt dort lauter Arbeit und kein Vergnügen -- "alle ihre Lustbarkeiten sind nur die Illumination, "die Zwischenmusik und die Dekorationen, die dem "Schauspieler, der an seine Rolle denkt, weniger ge¬ "fallen als dem Zuschauer." -- "Es ist allemal gut, da gewesen zu seyn" sagte die Alte: "Gewiß (sagte "er): denn es ist gut, nicht immer dazubleiben:" -- "Aber es giebt Personen (sagte Klotilde,) die dort "ihr Glück nicht machen können, bloß weil sie nicht
fuͤr einen Olymp und ein Empyraͤum hielten und die nirgends als an dieſer Hoͤhe ihr Gluͤck zu machen wußten, beſſere Begriffe vom Gluͤck und ſchlechtere von der Hoͤhe beizubringen waͤren. Gleichwohl mußt' er vor Klotilden, die auf ihrem Geſichte mehr als ein Nein gegen die Lobrede hatte, offenbaren, daß er eben ſo edel verneine wie ſie. Er knaͤtete alſo Lob und Tadel nach einer horaziſchen Mi¬ ſchung untereinander, um weder ſatiriſche noch ſchmeichleriſche Anſpielungen auf zwei kaſſirte Hof¬ leute zu machen: »mir gefaͤllts nicht, daß es da nur »Vergnuͤgungen, und keine Arbeiten giebt — lauter »Konfektkoͤrbgen und keinen einzigen Arbeitsbeutel, »geſchweige einen Arbeitstiſch wie dieſen da.« — »Glauben Sie, fragte Klotilde mit auffallender In¬ nigkeit, daß alle Feſtins einen einzigen Hofdienſt be¬ zahlen?« — »Nein, ſagt' er, denn fuͤr die Feſtins »ſelber ſollte man bezahlet werden — ich behaupte, »es giebt dort lauter Arbeit und kein Vergnuͤgen — »alle ihre Luſtbarkeiten ſind nur die Illumination, »die Zwiſchenmuſik und die Dekorationen, die dem »Schauſpieler, der an ſeine Rolle denkt, weniger ge¬ »fallen als dem Zuſchauer.« — »Es iſt allemal gut, da geweſen zu ſeyn« ſagte die Alte: »Gewiß (ſagte »er): denn es iſt gut, nicht immer dazubleiben:« — »Aber es giebt Perſonen (ſagte Klotilde,) die dort »ihr Gluͤck nicht machen koͤnnen, bloß weil ſie nicht
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0388"n="377"/>
fuͤr einen Olymp und ein Empyraͤum hielten und die<lb/>
nirgends als an dieſer Hoͤhe ihr Gluͤck zu machen<lb/>
wußten, beſſere Begriffe vom Gluͤck und ſchlechtere<lb/>
von der Hoͤhe beizubringen waͤren. Gleichwohl<lb/>
mußt' er vor Klotilden, die auf ihrem Geſichte mehr<lb/>
als ein Nein gegen die Lobrede hatte, offenbaren,<lb/>
daß er eben ſo edel verneine wie ſie. Er knaͤtete<lb/>
alſo Lob und Tadel nach einer <hirendition="#g">horaziſchen</hi> Mi¬<lb/>ſchung untereinander, um weder ſatiriſche noch<lb/>ſchmeichleriſche Anſpielungen auf zwei kaſſirte Hof¬<lb/>
leute zu machen: »mir gefaͤllts nicht, daß es da nur<lb/>
»Vergnuͤgungen, und keine Arbeiten giebt — lauter<lb/>
»Konfektkoͤrbgen und keinen einzigen Arbeitsbeutel,<lb/>
»geſchweige einen Arbeitstiſch wie dieſen da.« —<lb/>
»Glauben Sie, fragte Klotilde mit auffallender In¬<lb/>
nigkeit, daß alle Feſtins einen einzigen Hofdienſt be¬<lb/>
zahlen?« — »Nein, ſagt' er, denn fuͤr die Feſtins<lb/>
»ſelber ſollte man bezahlet werden — ich behaupte,<lb/>
»es giebt dort lauter Arbeit und kein Vergnuͤgen —<lb/>
»alle ihre Luſtbarkeiten ſind nur die Illumination,<lb/>
»die Zwiſchenmuſik und die Dekorationen, die dem<lb/>
»Schauſpieler, der an ſeine Rolle denkt, weniger ge¬<lb/>
»fallen als dem Zuſchauer.« — »Es iſt allemal gut,<lb/>
da geweſen zu ſeyn« ſagte die Alte: »Gewiß (ſagte<lb/>
»er): denn es iſt gut, nicht immer dazubleiben:« —<lb/>
»Aber es giebt Perſonen (ſagte Klotilde,) die dort<lb/>
»ihr Gluͤck nicht machen koͤnnen, bloß weil ſie nicht<lb/></p></div></body></text></TEI>
[377/0388]
fuͤr einen Olymp und ein Empyraͤum hielten und die
nirgends als an dieſer Hoͤhe ihr Gluͤck zu machen
wußten, beſſere Begriffe vom Gluͤck und ſchlechtere
von der Hoͤhe beizubringen waͤren. Gleichwohl
mußt' er vor Klotilden, die auf ihrem Geſichte mehr
als ein Nein gegen die Lobrede hatte, offenbaren,
daß er eben ſo edel verneine wie ſie. Er knaͤtete
alſo Lob und Tadel nach einer horaziſchen Mi¬
ſchung untereinander, um weder ſatiriſche noch
ſchmeichleriſche Anſpielungen auf zwei kaſſirte Hof¬
leute zu machen: »mir gefaͤllts nicht, daß es da nur
»Vergnuͤgungen, und keine Arbeiten giebt — lauter
»Konfektkoͤrbgen und keinen einzigen Arbeitsbeutel,
»geſchweige einen Arbeitstiſch wie dieſen da.« —
»Glauben Sie, fragte Klotilde mit auffallender In¬
nigkeit, daß alle Feſtins einen einzigen Hofdienſt be¬
zahlen?« — »Nein, ſagt' er, denn fuͤr die Feſtins
»ſelber ſollte man bezahlet werden — ich behaupte,
»es giebt dort lauter Arbeit und kein Vergnuͤgen —
»alle ihre Luſtbarkeiten ſind nur die Illumination,
»die Zwiſchenmuſik und die Dekorationen, die dem
»Schauſpieler, der an ſeine Rolle denkt, weniger ge¬
»fallen als dem Zuſchauer.« — »Es iſt allemal gut,
da geweſen zu ſeyn« ſagte die Alte: »Gewiß (ſagte
»er): denn es iſt gut, nicht immer dazubleiben:« —
»Aber es giebt Perſonen (ſagte Klotilde,) die dort
»ihr Gluͤck nicht machen koͤnnen, bloß weil ſie nicht
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/388>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.