Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795.immer höher und brannte, sich zu öfnen -- er Er kriegte noch in sich, als der hinter ihrem Auf dieser Erde schlägt keine erhabnere und seeligere *) "Fliehe mich nicht weil mich immer ein großer Schatten
umgiebt, der sich vergrößert bis er mich einbauet." immer hoͤher und brannte, ſich zu oͤfnen — er Er kriegte noch in ſich, als der hinter ihrem Auf dieſer Erde ſchlaͤgt keine erhabnere und ſeeligere *) „Fliehe mich nicht weil mich immer ein großer Schatten
umgiebt, der ſich vergrößert bis er mich einbauet.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0354" n="343"/> immer hoͤher und brannte, ſich zu oͤfnen — er<lb/> kaͤmpfte noch mit ihm und es ſchwieg noch — es<lb/> liebte unendlich — es hob ſich wie von einer unſicht¬<lb/> baren Macht empor — es brach endlich entzwei —<lb/> die Bruſt ging wie vor Gott auseinander und nun<lb/> Geliebter! ſchau' hinein, aber verzeih' ihm alles.</p><lb/> <p>Er kriegte noch in ſich, als der hinter ihrem<lb/> Ruͤcken heraufgehobene Mond ihre zwei Schatten-<lb/> Knieſtuͤcke vor ihnen voraustrieb — Er wurde durch<lb/> Emanuels ziehenden Schatten an eine Stelle in ſei¬<lb/> nem Briefe <note place="foot" n="*)"><lb/> „Fliehe mich nicht weil mich immer ein großer Schatten<lb/> umgiebt, der ſich vergrößert bis er mich einbauet.“</note> erinnert und an ſein ſieches Leben<lb/> und fruͤhes Verſchwinden . . . Dieſes zerſpaltete ſein<lb/> Inneres, er wendete ſanft ſeinen Emanuel gegen<lb/> den herunteſtroͤmenden Mond um und ſagte und<lb/> zeigte ihm alles — aber nicht bloß ſeine Liebe ſon¬<lb/> dern ſeine ganze Geſchichte — ſeine ganze Seele —<lb/> alle ſeine Fehler — alle ſeine Thorheiten — alles,<lb/> er war ſo beredt in dieſer Minute wie ein Engel<lb/> und eben ſo groß — ſein Herz wallete zerſchmolzen<lb/> in Liebe und je mehr er ſagte, je mehr wollte er zu<lb/> ſagen haben.</p><lb/> <p>Auf dieſer Erde ſchlaͤgt keine erhabnere und ſeeligere<lb/> Stunde als die, wo ein Menſch ſich aufrichtet erho¬<lb/> ben von der Tugend, erweicht von der Liebe, und<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [343/0354]
immer hoͤher und brannte, ſich zu oͤfnen — er
kaͤmpfte noch mit ihm und es ſchwieg noch — es
liebte unendlich — es hob ſich wie von einer unſicht¬
baren Macht empor — es brach endlich entzwei —
die Bruſt ging wie vor Gott auseinander und nun
Geliebter! ſchau' hinein, aber verzeih' ihm alles.
Er kriegte noch in ſich, als der hinter ihrem
Ruͤcken heraufgehobene Mond ihre zwei Schatten-
Knieſtuͤcke vor ihnen voraustrieb — Er wurde durch
Emanuels ziehenden Schatten an eine Stelle in ſei¬
nem Briefe *) erinnert und an ſein ſieches Leben
und fruͤhes Verſchwinden . . . Dieſes zerſpaltete ſein
Inneres, er wendete ſanft ſeinen Emanuel gegen
den herunteſtroͤmenden Mond um und ſagte und
zeigte ihm alles — aber nicht bloß ſeine Liebe ſon¬
dern ſeine ganze Geſchichte — ſeine ganze Seele —
alle ſeine Fehler — alle ſeine Thorheiten — alles,
er war ſo beredt in dieſer Minute wie ein Engel
und eben ſo groß — ſein Herz wallete zerſchmolzen
in Liebe und je mehr er ſagte, je mehr wollte er zu
ſagen haben.
Auf dieſer Erde ſchlaͤgt keine erhabnere und ſeeligere
Stunde als die, wo ein Menſch ſich aufrichtet erho¬
ben von der Tugend, erweicht von der Liebe, und
*)
„Fliehe mich nicht weil mich immer ein großer Schatten
umgiebt, der ſich vergrößert bis er mich einbauet.“
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