Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795.um überwältigte Emanuel -- mehr als durch breite Der Mensch geht wie die Erde von Westen Das Höchste und Edelste im Menschen verbirgt Unsere zwecklose Thätigkeit, unsere Griffe nach *) Die meisten Menschen haben eine gleiche Zahl guter Ge¬
danken und Thaten; aber es ist noch nicht bestimmt wie lange der Tugendhafte die guten Gedanken, die weniger als gute Handlungen der äussern Welt bedürfen, durch gleichgültige unterbrechen darf. um uͤberwaͤltigte Emanuel — mehr als durch breite Der Menſch geht wie die Erde von Weſten Das Hoͤchſte und Edelſte im Menſchen verbirgt Unſere zweckloſe Thaͤtigkeit, unſere Griffe nach *) Die meiſten Menſchen haben eine gleiche Zahl guter Ge¬
danken und Thaten; aber es iſt noch nicht beſtimmt wie lange der Tugendhafte die guten Gedanken, die weniger als gute Handlungen der aͤuſſern Welt beduͤrfen, durch gleichguͤltige unterbrechen darf. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0342" n="331"/> um uͤberwaͤltigte Emanuel — mehr als durch breite<lb/><hi rendition="#g">Theſesbilder</hi>, <hi rendition="#aq">rationes decidendi</hi> und <hi rendition="#aq">sententiae<lb/> magistrales</hi> — ſeinen geliebten Horion bloß durch<lb/> die Verklaͤrung in ſeinem Angeſicht, durch den leiſen<lb/> Echoton ſeiner Stimme, durch den Glanz in ſeinem<lb/> Blick und durch die Andacht in ſeiner Bruſt, wenn<lb/> er alte (aber neu gefuͤhlte) Wahrheiten ſagte, wenn<lb/> er feierlich ſagte:</p><lb/> <p>Der Menſch geht wie die Erde von <hi rendition="#g">Weſten</hi><lb/> nach <hi rendition="#g">Oſten</hi>, aber es kommt ihm vor, er gehe mit<lb/> ihr von Oſten nach Weſten, vom Leben ins Grab.</p><lb/> <p>Das Hoͤchſte und Edelſte im Menſchen verbirgt<lb/> ſich und iſt ohne Nutzen fuͤr die thaͤtige Welt (wie<lb/> die hoͤchſten Berge keine Gewaͤchſe tragen) und<lb/> aus der Kette ſchoͤner <hi rendition="#g">Gedanken</hi> koͤnnen ſich nur<lb/> einige Glieder als <hi rendition="#g">Thaten</hi> abloͤſen. <note place="foot" n="*)"><lb/> Die meiſten Menſchen haben eine gleiche Zahl guter <hi rendition="#g">Ge¬<lb/> danken</hi> und <hi rendition="#g">Thaten</hi>; aber es iſt noch nicht beſtimmt<lb/> wie lange der Tugendhafte die guten Gedanken, die weniger<lb/> als gute Handlungen der aͤuſſern Welt beduͤrfen, durch<lb/> gleichguͤltige unterbrechen darf.</note>— —</p><lb/> <p>Unſere zweckloſe Thaͤtigkeit, unſere Griffe nach<lb/> Luft muͤſſen hoͤhern Weſen vorkommen wie das<lb/> Fangen der Sterbenden nach dem Deckbette. — —</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [331/0342]
um uͤberwaͤltigte Emanuel — mehr als durch breite
Theſesbilder, rationes decidendi und sententiae
magistrales — ſeinen geliebten Horion bloß durch
die Verklaͤrung in ſeinem Angeſicht, durch den leiſen
Echoton ſeiner Stimme, durch den Glanz in ſeinem
Blick und durch die Andacht in ſeiner Bruſt, wenn
er alte (aber neu gefuͤhlte) Wahrheiten ſagte, wenn
er feierlich ſagte:
Der Menſch geht wie die Erde von Weſten
nach Oſten, aber es kommt ihm vor, er gehe mit
ihr von Oſten nach Weſten, vom Leben ins Grab.
Das Hoͤchſte und Edelſte im Menſchen verbirgt
ſich und iſt ohne Nutzen fuͤr die thaͤtige Welt (wie
die hoͤchſten Berge keine Gewaͤchſe tragen) und
aus der Kette ſchoͤner Gedanken koͤnnen ſich nur
einige Glieder als Thaten abloͤſen. *)— —
Unſere zweckloſe Thaͤtigkeit, unſere Griffe nach
Luft muͤſſen hoͤhern Weſen vorkommen wie das
Fangen der Sterbenden nach dem Deckbette. — —
*)
Die meiſten Menſchen haben eine gleiche Zahl guter Ge¬
danken und Thaten; aber es iſt noch nicht beſtimmt
wie lange der Tugendhafte die guten Gedanken, die weniger
als gute Handlungen der aͤuſſern Welt beduͤrfen, durch
gleichguͤltige unterbrechen darf.
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