Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795.Viktor sah nicht und hörte nicht, er glühte und zit¬ Und als er mit seinem Edenlicht die Wangen der Umschlinget euch fest, ihr Unglücklichen! drücket Emanuel trat endlich aus der Stellung der Liebe Viktor ſah nicht und hoͤrte nicht, er gluͤhte und zit¬ Und als er mit ſeinem Edenlicht die Wangen der Umſchlinget euch feſt, ihr Ungluͤcklichen! druͤcket Emanuel trat endlich aus der Stellung der Liebe <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0330" n="319"/> Viktor ſah nicht und hoͤrte nicht, er gluͤhte und zit¬<lb/> terte. Die Geſtalt flog ihm entgegen und er gab<lb/> ſich hin: »nimm mich!« Sie beruͤhrten einander —<lb/> ſie umſchlangen einander — der Nachtwind riß durch<lb/> ſie — das fremde Getoͤne klang naͤher — ein Stern<lb/> zerſchoß — der Mond ſtog uͤber den Alpen. . . .</p><lb/> <p>Und als er mit ſeinem Edenlicht die Wangen der<lb/> unbekannten Geſtalt begoß: erkannte Viktor ſeinen<lb/> alten Lehrer — Dahore. Und Dahore ſagte: »o ge¬<lb/> »liebter Sohn, ich bin der Emanuel, den du ſuchſt.«<lb/> Da wurde die Umarmung enger — Horion wollte<lb/> den Dank fuͤr eine ganze Kindheit in einen Kuß zu¬<lb/> ſammenpreſſen und lag aufgeloͤſt in den Armen des<lb/> Lehrers und in den Armen der liebenden Wonne.</p><lb/> <p>Umſchlinget euch feſt, ihr Ungluͤcklichen! druͤcket<lb/> euere gefuͤllten Herzen bis zum Thraͤnen Erpreſſen<lb/> an einander, vergeſſet Himmel und Erde und ver¬<lb/> laͤngert die erhabne Umarmung — ach ſobald ſie zer¬<lb/> fallen iſt, ſo hat dieſes ſchlaffe Leben nichts mehr,<lb/> womit es euch verknuͤpfen kann, nichts mehr als den<lb/> Anfang des — zweiten! . . .</p><lb/> <p>Emanuel trat endlich aus der Stellung der Liebe<lb/> heraus und ſchauete abgebogen wie eine Sonne groß<lb/> und offen in Horions Angeſicht und begegnete mit<lb/> Entzuͤckung dem veredelten Geiſte und Angeſicht ſei¬<lb/> nes bluͤhenden Lieblings. Horion ſank vor dem<lb/> Blick der Liebe mit aufgehobenem Angeſicht unwill¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [319/0330]
Viktor ſah nicht und hoͤrte nicht, er gluͤhte und zit¬
terte. Die Geſtalt flog ihm entgegen und er gab
ſich hin: »nimm mich!« Sie beruͤhrten einander —
ſie umſchlangen einander — der Nachtwind riß durch
ſie — das fremde Getoͤne klang naͤher — ein Stern
zerſchoß — der Mond ſtog uͤber den Alpen. . . .
Und als er mit ſeinem Edenlicht die Wangen der
unbekannten Geſtalt begoß: erkannte Viktor ſeinen
alten Lehrer — Dahore. Und Dahore ſagte: »o ge¬
»liebter Sohn, ich bin der Emanuel, den du ſuchſt.«
Da wurde die Umarmung enger — Horion wollte
den Dank fuͤr eine ganze Kindheit in einen Kuß zu¬
ſammenpreſſen und lag aufgeloͤſt in den Armen des
Lehrers und in den Armen der liebenden Wonne.
Umſchlinget euch feſt, ihr Ungluͤcklichen! druͤcket
euere gefuͤllten Herzen bis zum Thraͤnen Erpreſſen
an einander, vergeſſet Himmel und Erde und ver¬
laͤngert die erhabne Umarmung — ach ſobald ſie zer¬
fallen iſt, ſo hat dieſes ſchlaffe Leben nichts mehr,
womit es euch verknuͤpfen kann, nichts mehr als den
Anfang des — zweiten! . . .
Emanuel trat endlich aus der Stellung der Liebe
heraus und ſchauete abgebogen wie eine Sonne groß
und offen in Horions Angeſicht und begegnete mit
Entzuͤckung dem veredelten Geiſte und Angeſicht ſei¬
nes bluͤhenden Lieblings. Horion ſank vor dem
Blick der Liebe mit aufgehobenem Angeſicht unwill¬
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