Regiment: das Buch, das er auf seinen Diebs- Heckjagden herumtrug, war die unsichtbare Lo¬ ge. *) Viktor lies sich den ersten Theil vorstrecken: der Büttel stand im zweiten gerade an der Pyrami¬ de beim ersten Kuß. -- Jener that immer schnellere Schritte im Lesen und im Gehen und hatte Buch und Weg miteinander zu Ende -- --
Die Insel stand vor ihm! --
-- -- Hier auf diesem Eiland, mein Leser, ma¬ che Augen und Ohren auf! . . . . Nicht als ob merkwürdige Dinge erschienen -- denn diese würden sich schon durch halbofne Ohren und Augensterne drängen -- sondern eben weil lauter alltägliche kommen.
Der Lord stand einsam am Ufer der See, die um die Insel floß -- und erwartete und empfing ihn mit einem Ernst, der seine Freundlichkeit über¬ hüllte, und mit einer Rührung, die noch mit seiner gewöhnlichen Kälte rang. Er wollte jetzt zur Insel hinüber und Viktor sah doch kein Mittel des Ue¬ bergangs. Es war kein Boot da. Auch wäre kei¬ nes fortzubringen gewesen, weil eiserne Spitzen un¬ ter dem Wasser in solcher Menge und Richtung stan¬ den, daß keines gehen konnte. Die Schildwache, die bisher am Ufer die Insel gegen die zerstöhrende Neugier des Pöbels deckte, war heute entfernt.
*)Die unsichtbare Loge eine Biographie in 2 Theilen. 8. Berlin in Karl Maßdorffs Buchhandlung.
Regiment: das Buch, das er auf ſeinen Diebs- Heckjagden herumtrug, war die unſichtbare Lo¬ ge. *) Viktor lies ſich den erſten Theil vorſtrecken: der Buͤttel ſtand im zweiten gerade an der Pyrami¬ de beim erſten Kuß. — Jener that immer ſchnellere Schritte im Leſen und im Gehen und hatte Buch und Weg miteinander zu Ende — —
Die Inſel ſtand vor ihm! —
— — Hier auf dieſem Eiland, mein Leſer, ma¬ che Augen und Ohren auf! . . . . Nicht als ob merkwuͤrdige Dinge erſchienen — denn dieſe wuͤrden ſich ſchon durch halbofne Ohren und Augenſterne draͤngen — ſondern eben weil lauter alltaͤgliche kommen.
Der Lord ſtand einſam am Ufer der See, die um die Inſel floß — und erwartete und empfing ihn mit einem Ernſt, der ſeine Freundlichkeit uͤber¬ huͤllte, und mit einer Ruͤhrung, die noch mit ſeiner gewoͤhnlichen Kaͤlte rang. Er wollte jetzt zur Inſel hinuͤber und Viktor ſah doch kein Mittel des Ue¬ bergangs. Es war kein Boot da. Auch waͤre kei¬ nes fortzubringen geweſen, weil eiſerne Spitzen un¬ ter dem Waſſer in ſolcher Menge und Richtung ſtan¬ den, daß keines gehen konnte. Die Schildwache, die bisher am Ufer die Inſel gegen die zerſtoͤhrende Neugier des Poͤbels deckte, war heute entfernt.
*)Die unſichtbare Loge eine Biographie in 2 Theilen. 8. Berlin in Karl Maßdorffs Buchhandlung.
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Regiment: das Buch, das er auf ſeinen Diebs-
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ge. *) Viktor lies ſich den erſten Theil vorſtrecken:
der Buͤttel ſtand im zweiten gerade an der Pyrami¬
de beim erſten Kuß. — Jener that immer ſchnellere
Schritte im Leſen und im Gehen und hatte Buch
und Weg miteinander zu Ende — —
Die Inſel ſtand vor ihm! —
— — Hier auf dieſem Eiland, mein Leſer, ma¬
che Augen und Ohren auf! . . . . Nicht als ob
merkwuͤrdige Dinge erſchienen — denn dieſe wuͤrden
ſich ſchon durch halbofne Ohren und Augenſterne
draͤngen — ſondern eben weil lauter alltaͤgliche kommen.
Der Lord ſtand einſam am Ufer der See, die
um die Inſel floß — und erwartete und empfing
ihn mit einem Ernſt, der ſeine Freundlichkeit uͤber¬
huͤllte, und mit einer Ruͤhrung, die noch mit ſeiner
gewoͤhnlichen Kaͤlte rang. Er wollte jetzt zur Inſel
hinuͤber und Viktor ſah doch kein Mittel des Ue¬
bergangs. Es war kein Boot da. Auch waͤre kei¬
nes fortzubringen geweſen, weil eiſerne Spitzen un¬
ter dem Waſſer in ſolcher Menge und Richtung ſtan¬
den, daß keines gehen konnte. Die Schildwache,
die bisher am Ufer die Inſel gegen die zerſtoͤhrende
Neugier des Poͤbels deckte, war heute entfernt.
*)
Die unſichtbare Loge eine Biographie in 2 Theilen. 8.
Berlin in Karl Maßdorffs Buchhandlung.
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/294>, abgerufen am 22.11.2024.
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