min, wild wie ein englischer Garten, aber fruchttra¬ gender, erquickte sich und andere mit der Schilde¬ rung von Viktors sanfter Treue und Redlichkeit und von seinem Kopf und pries sogar sein Dichterfeuer, das er sonst nicht hochschätzte. Agathe erinnerte an seine humoristischen Rösselsprünge, wie er einmal mit der Trommel eines durchpassierenden Zahndoktors das Dorf vergeblich vor sein Theater zusammenge¬ trommelt habe, weil er vorher die ganze fahrende Apotheke dieses redlichen wahren Freund Hains ausgekauft hatte -- wie er oft nach einer Kindtaufe sich auf die Kanzel postiret und da ein paar andäch¬ tige Zuschauer in der Werkeltags Schwarte so an¬ gepredigt habe, daß sie mehr lachten als weinten -- und andern Spas, womit er niemand lächerlich ma¬ chen wolle als sich und niemand lachend als andere. Weiber billigen es aber nie (sondern nur Männer) wenn einer wie Viktor zur brittischen Ordenszunge der Humoristen gehöret -- denn bei ihnen und Höf¬ lingen ist schon Witz Laune -- das billigen sie nicht, daß Viktor (wie z. B. Swift und viele Brit¬ ten) gern zu Fuhrleuten, Hanswürsten und Matrosen herunterstieg, indes ein Franzos lieber zu Leu¬ ten von Ton hinaufkriecht. -- Denn die Wei¬ ber die stets den Bürger mehr als den Menschen achten, sehen nicht, daß sich der Humorist weis macht, alles was jene Plebejer sagen, souflire er ih¬
nen
min, wild wie ein engliſcher Garten, aber fruchttra¬ gender, erquickte ſich und andere mit der Schilde¬ rung von Viktors ſanfter Treue und Redlichkeit und von ſeinem Kopf und pries ſogar ſein Dichterfeuer, das er ſonſt nicht hochſchaͤtzte. Agathe erinnerte an ſeine humoriſtiſchen Roͤſſelſpruͤnge, wie er einmal mit der Trommel eines durchpaſſierenden Zahndoktors das Dorf vergeblich vor ſein Theater zuſammenge¬ trommelt habe, weil er vorher die ganze fahrende Apotheke dieſes redlichen wahren Freund Hains ausgekauft hatte — wie er oft nach einer Kindtaufe ſich auf die Kanzel poſtiret und da ein paar andaͤch¬ tige Zuſchauer in der Werkeltags Schwarte ſo an¬ gepredigt habe, daß ſie mehr lachten als weinten — und andern Spas, womit er niemand laͤcherlich ma¬ chen wolle als ſich und niemand lachend als andere. Weiber billigen es aber nie (ſondern nur Maͤnner) wenn einer wie Viktor zur brittiſchen Ordenszunge der Humoriſten gehoͤret — denn bei ihnen und Hoͤf¬ lingen iſt ſchon Witz Laune — das billigen ſie nicht, daß Viktor (wie z. B. Swift und viele Brit¬ ten) gern zu Fuhrleuten, Hanswuͤrſten und Matroſen herunterſtieg, indes ein Franzos lieber zu Leu¬ ten von Ton hinaufkriecht. — Denn die Wei¬ ber die ſtets den Buͤrger mehr als den Menſchen achten, ſehen nicht, daß ſich der Humoriſt weis macht, alles was jene Plebejer ſagen, ſouflire er ih¬
nen
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0027"n="16"/>
min, wild wie ein engliſcher Garten, aber fruchttra¬<lb/>
gender, erquickte ſich und andere mit der Schilde¬<lb/>
rung von Viktors ſanfter Treue und Redlichkeit und<lb/>
von ſeinem Kopf und pries ſogar ſein Dichterfeuer,<lb/>
das er ſonſt nicht hochſchaͤtzte. Agathe erinnerte an<lb/>ſeine humoriſtiſchen Roͤſſelſpruͤnge, wie er einmal mit<lb/>
der Trommel eines durchpaſſierenden Zahndoktors<lb/>
das Dorf vergeblich vor ſein Theater zuſammenge¬<lb/>
trommelt habe, weil er vorher die ganze fahrende<lb/>
Apotheke dieſes redlichen wahren Freund Hains<lb/>
ausgekauft hatte — wie er oft nach einer Kindtaufe<lb/>ſich auf die Kanzel poſtiret und da ein paar andaͤch¬<lb/>
tige Zuſchauer in der Werkeltags Schwarte ſo an¬<lb/>
gepredigt habe, daß ſie mehr lachten als weinten —<lb/>
und andern Spas, womit er niemand laͤcherlich ma¬<lb/>
chen wolle als ſich und niemand lachend als andere.<lb/>
Weiber billigen es aber nie (ſondern nur Maͤnner)<lb/>
wenn einer wie Viktor zur brittiſchen Ordenszunge<lb/>
der Humoriſten gehoͤret — denn bei ihnen und Hoͤf¬<lb/>
lingen iſt ſchon Witz Laune — das billigen ſie<lb/>
nicht, daß Viktor (wie z. B. Swift und viele Brit¬<lb/>
ten) gern zu Fuhrleuten, Hanswuͤrſten und Matroſen<lb/><hirendition="#g">herunterſtieg</hi>, indes ein Franzos lieber zu Leu¬<lb/>
ten von Ton <hirendition="#g">hinaufkriecht</hi>. — Denn die Wei¬<lb/>
ber die ſtets den Buͤrger mehr als den Menſchen<lb/>
achten, ſehen nicht, daß ſich der Humoriſt weis<lb/>
macht, alles was jene Plebejer ſagen, ſouflire er ih¬<lb/><fwplace="bottom"type="catch">nen<lb/></fw></p></div></body></text></TEI>
[16/0027]
min, wild wie ein engliſcher Garten, aber fruchttra¬
gender, erquickte ſich und andere mit der Schilde¬
rung von Viktors ſanfter Treue und Redlichkeit und
von ſeinem Kopf und pries ſogar ſein Dichterfeuer,
das er ſonſt nicht hochſchaͤtzte. Agathe erinnerte an
ſeine humoriſtiſchen Roͤſſelſpruͤnge, wie er einmal mit
der Trommel eines durchpaſſierenden Zahndoktors
das Dorf vergeblich vor ſein Theater zuſammenge¬
trommelt habe, weil er vorher die ganze fahrende
Apotheke dieſes redlichen wahren Freund Hains
ausgekauft hatte — wie er oft nach einer Kindtaufe
ſich auf die Kanzel poſtiret und da ein paar andaͤch¬
tige Zuſchauer in der Werkeltags Schwarte ſo an¬
gepredigt habe, daß ſie mehr lachten als weinten —
und andern Spas, womit er niemand laͤcherlich ma¬
chen wolle als ſich und niemand lachend als andere.
Weiber billigen es aber nie (ſondern nur Maͤnner)
wenn einer wie Viktor zur brittiſchen Ordenszunge
der Humoriſten gehoͤret — denn bei ihnen und Hoͤf¬
lingen iſt ſchon Witz Laune — das billigen ſie
nicht, daß Viktor (wie z. B. Swift und viele Brit¬
ten) gern zu Fuhrleuten, Hanswuͤrſten und Matroſen
herunterſtieg, indes ein Franzos lieber zu Leu¬
ten von Ton hinaufkriecht. — Denn die Wei¬
ber die ſtets den Buͤrger mehr als den Menſchen
achten, ſehen nicht, daß ſich der Humoriſt weis
macht, alles was jene Plebejer ſagen, ſouflire er ih¬
nen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/27>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.