aber mit einer Würde, die eben soviel Ehrfurcht erwarb als sie erwies. Mein guter Held betrug sich wie ein -- Narr: er hatte weit mehr Witz als un¬ sre Achtung gegen Höhere oder die ihrige gegen uns verstattet; ein Talent, das ausser dem Hof-Lehn¬ dienste sich äussert, kan als eine Felonie betrachtet werden.
Sein Witz war blos eine versteckte Verlegenheit, worin ihn zwey Gesichter und eine dritte Ursache setzten. Erstlich das fürstliche. ...
-- Wenn sich die Lesewelt beschwert, daß so al¬ mählig wie sie sehe, ein neuer Name und Akteur nach dem andern in diesen Venusstern hereinschleiche und ihn sovoll mache, bis aus dem historischen Bildersaal ein ordentlicher Vokabelnsaal werde, in dem sie mit einem Adreskalender in der Hand her¬ umwandeln müsse: so hat sie wahrhaftig recht Recht und ich habe mich selber schon am meisten darüber beschwert: denn mir sitzt am Ende doch die gröste Teufeley auf dem Hals, und jeder neue Tropf ist ein neues herausgezogenes Orgelregister, das ich mit spielen muß und das mir das Niederdrücken der Ta¬ sten sauerer macht; -- aber der Korrespondent schickt mir im Kürbis alle diese Einquartirung zu und der Haselant schreibt gar, ich sollt' es nur der Welt sa¬ gen, es käme noch mehr Volk. --
aber mit einer Wuͤrde, die eben ſoviel Ehrfurcht erwarb als ſie erwies. Mein guter Held betrug ſich wie ein — Narr: er hatte weit mehr Witz als un¬ ſre Achtung gegen Hoͤhere oder die ihrige gegen uns verſtattet; ein Talent, das auſſer dem Hof-Lehn¬ dienſte ſich aͤuſſert, kan als eine Felonie betrachtet werden.
Sein Witz war blos eine verſteckte Verlegenheit, worin ihn zwey Geſichter und eine dritte Urſache ſetzten. Erſtlich das fuͤrſtliche. ...
— Wenn ſich die Leſewelt beſchwert, daß ſo al¬ maͤhlig wie ſie ſehe, ein neuer Name und Akteur nach dem andern in dieſen Venusſtern hereinſchleiche und ihn ſovoll mache, bis aus dem hiſtoriſchen Bilderſaal ein ordentlicher Vokabelnſaal werde, in dem ſie mit einem Adreskalender in der Hand her¬ umwandeln muͤſſe: ſo hat ſie wahrhaftig recht Recht und ich habe mich ſelber ſchon am meiſten daruͤber beſchwert: denn mir ſitzt am Ende doch die groͤſte Teufeley auf dem Hals, und jeder neue Tropf iſt ein neues herausgezogenes Orgelregiſter, das ich mit ſpielen muß und das mir das Niederdruͤcken der Ta¬ ſten ſauerer macht; — aber der Korreſpondent ſchickt mir im Kuͤrbis alle dieſe Einquartirung zu und der Haſelant ſchreibt gar, ich ſollt' es nur der Welt ſa¬ gen, es kaͤme noch mehr Volk. —
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aber mit einer Wuͤrde, die eben ſoviel Ehrfurcht
erwarb als ſie erwies. Mein guter Held betrug ſich
wie ein — Narr: er hatte weit mehr Witz als un¬
ſre Achtung gegen Hoͤhere oder die ihrige gegen uns
verſtattet; ein Talent, das auſſer dem Hof-Lehn¬
dienſte ſich aͤuſſert, kan als eine Felonie betrachtet
werden.
Sein Witz war blos eine verſteckte Verlegenheit,
worin ihn zwey Geſichter und eine dritte Urſache
ſetzten. Erſtlich das fuͤrſtliche. ...
— Wenn ſich die Leſewelt beſchwert, daß ſo al¬
maͤhlig wie ſie ſehe, ein neuer Name und Akteur
nach dem andern in dieſen Venusſtern hereinſchleiche
und ihn ſovoll mache, bis aus dem hiſtoriſchen
Bilderſaal ein ordentlicher Vokabelnſaal werde, in
dem ſie mit einem Adreskalender in der Hand her¬
umwandeln muͤſſe: ſo hat ſie wahrhaftig recht Recht
und ich habe mich ſelber ſchon am meiſten daruͤber
beſchwert: denn mir ſitzt am Ende doch die groͤſte
Teufeley auf dem Hals, und jeder neue Tropf iſt
ein neues herausgezogenes Orgelregiſter, das ich mit
ſpielen muß und das mir das Niederdruͤcken der Ta¬
ſten ſauerer macht; — aber der Korreſpondent ſchickt
mir im Kuͤrbis alle dieſe Einquartirung zu und der
Haſelant ſchreibt gar, ich ſollt' es nur der Welt ſa¬
gen, es kaͤme noch mehr Volk. —
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/211>, abgerufen am 25.11.2024.
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