Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795.Strömen ein ins Herz und macht es gewaltsam grö¬ Stroͤmen ein ins Herz und macht es gewaltſam groͤ¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0164" n="153"/> Stroͤmen ein ins Herz und macht es gewaltſam groͤ¬<lb/> ßer — Oben fuͤllet Luna die wehenden Wolken-<lb/> Flocken mit fluͤſſigem Silber an und die getraͤnkte<lb/> Silberwelle zittert herab und Glanzperlen rinnen<lb/> uͤber glattes Laub und ſtocken in Bluͤten und das<lb/> himmliſche Gefilde perlt und glimmt — — Durch<lb/> dieſes Eden, woruͤber ein doppeltes Schneegeſtoͤber<lb/> von Funken und von Tropfen zwiſchen einem Staub¬<lb/> regen von Bluͤtenduͤften ſpielte und wirbelte und in<lb/> welchem Klotildens Toͤne wie verirrte Engel ſinkend<lb/> und ſteigend umherflogen, durch dieſes Zauber-Ge¬<lb/> wimmel wankte Viktor geblendet — uͤberſtroͤmt —<lb/> zitternd und weinend hin und ſank muͤde in die<lb/> Laube nieder, wo er heute am Herzen ſeines Vaters<lb/> geweſen war. Er hob das angelehnte Haupt in den<lb/> Regen auf und aus den weiten ofnen Augen fielen<lb/> fremde Tropfen nicht allein. Er gluͤhte durch ſein<lb/> ganzes Ich und Nachtwolken ſollten es kuͤhlen.<lb/> Seine Fingerſpitzen hingen leiſe in einander gefalltet<lb/> nieder. Klotildens Toͤne tropften bald wie geſchmol¬<lb/> zene Silberpunkte auf ſeinen Buſen, bald floſſen ſie<lb/> wie verirrte Echo's aus fernen Hainen in dieſen ſtil¬<lb/> len Garten herein. Er nannte nichts — er dachte<lb/> nichts — er ſprach ſich nicht los, er klagte ſich nicht<lb/> an — er ſah es wie im Traum, wenn bald eine<lb/> dicke Nacht uͤber den Garten rannte, bald ein Licht¬<lb/> meer ihr nachſchoß. — —</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [153/0164]
Stroͤmen ein ins Herz und macht es gewaltſam groͤ¬
ßer — Oben fuͤllet Luna die wehenden Wolken-
Flocken mit fluͤſſigem Silber an und die getraͤnkte
Silberwelle zittert herab und Glanzperlen rinnen
uͤber glattes Laub und ſtocken in Bluͤten und das
himmliſche Gefilde perlt und glimmt — — Durch
dieſes Eden, woruͤber ein doppeltes Schneegeſtoͤber
von Funken und von Tropfen zwiſchen einem Staub¬
regen von Bluͤtenduͤften ſpielte und wirbelte und in
welchem Klotildens Toͤne wie verirrte Engel ſinkend
und ſteigend umherflogen, durch dieſes Zauber-Ge¬
wimmel wankte Viktor geblendet — uͤberſtroͤmt —
zitternd und weinend hin und ſank muͤde in die
Laube nieder, wo er heute am Herzen ſeines Vaters
geweſen war. Er hob das angelehnte Haupt in den
Regen auf und aus den weiten ofnen Augen fielen
fremde Tropfen nicht allein. Er gluͤhte durch ſein
ganzes Ich und Nachtwolken ſollten es kuͤhlen.
Seine Fingerſpitzen hingen leiſe in einander gefalltet
nieder. Klotildens Toͤne tropften bald wie geſchmol¬
zene Silberpunkte auf ſeinen Buſen, bald floſſen ſie
wie verirrte Echo's aus fernen Hainen in dieſen ſtil¬
len Garten herein. Er nannte nichts — er dachte
nichts — er ſprach ſich nicht los, er klagte ſich nicht
an — er ſah es wie im Traum, wenn bald eine
dicke Nacht uͤber den Garten rannte, bald ein Licht¬
meer ihr nachſchoß. — —
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/164 |
Zitationshilfe: | Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Erstes Heftlein. Berlin, 1795, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus01_1795/164>, abgerufen am 17.02.2025. |