"Brautherz der Sitzerin, Fuchs, und brauchst "den Pinsel-Bräutigam nur zum Lockvogel, du "Raub- und Spaßvogel! doch du wirst roth. "Was Raphaelens Thränen anlangt -- glaube "mir, die Weiber haben größere "Schmerzen als die, worüber sie wei¬ "nen!"
"Gott, wie desto trauriger!" rief Walt. "Weiber und Müller, sagte Vult, halten ver¬ "steckte Windlöcher, damit Mehl für sie verstäu¬ "be, wenn der andere mahlt." --
"Meinetwegen! sagte Walt. Ich gab einem "Frauenzimmer mein Wort. Ich bürge. Gott "dank' ich nur, daß er mir eine Gelegenheit be¬ "scherte, das Vertrauen zu zeigen, das man zu "den Menschen haben soll, will man nicht das "eigne verlieren. Soll es aber seyn -- lass' mich "reden in dieser Stunde -- daß kein Gefühl mehr "wahrsagt, soll der Glaube und die Liebe bluten "und verbluten: o so freu ich mich, daß ich die "Wunde nur empfange, aber nicht schlage. Ich "bürge entschieden. Vater-Zorn -- aber kennt "er in seiner Dorf-Welt meine höhern Verhält¬
„Brautherz der Sitzerin, Fuchs, und brauchſt „den Pinſel-Braͤutigam nur zum Lockvogel, du „Raub- und Spaßvogel! doch du wirſt roth. „Was Raphaelens Thraͤnen anlangt — glaube „mir, die Weiber haben groͤßere „Schmerzen als die, woruͤber ſie wei¬ „nen!”
„Gott, wie deſto trauriger!” rief Walt. „Weiber und Muͤller, ſagte Vult, halten ver¬ „ſteckte Windloͤcher, damit Mehl fuͤr ſie verſtaͤu¬ „be, wenn der andere mahlt.” —
„Meinetwegen! ſagte Walt. Ich gab einem „Frauenzimmer mein Wort. Ich buͤrge. Gott „dank' ich nur, daß er mir eine Gelegenheit be¬ „ſcherte, das Vertrauen zu zeigen, das man zu „den Menſchen haben ſoll, will man nicht das „eigne verlieren. Soll es aber ſeyn — laſſ' mich „reden in dieſer Stunde — daß kein Gefuͤhl mehr „wahrſagt, ſoll der Glaube und die Liebe bluten „und verbluten: o ſo freu ich mich, daß ich die „Wunde nur empfange, aber nicht ſchlage. Ich „buͤrge entſchieden. Vater-Zorn — aber kennt „er in ſeiner Dorf-Welt meine hoͤhern Verhaͤlt¬
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0094"n="88"/>„Brautherz der Sitzerin, Fuchs, und brauchſt<lb/>„den Pinſel-Braͤutigam nur zum Lockvogel, du<lb/>„Raub- und Spaßvogel! doch du wirſt roth.<lb/>„Was Raphaelens Thraͤnen anlangt — glaube<lb/>„mir, <hirendition="#g">die Weiber haben groͤßere</hi><lb/>„<hirendition="#g">Schmerzen als die</hi>, <hirendition="#g">woruͤber ſie wei¬</hi><lb/>„<hirendition="#g">nen</hi>!”</p><lb/><p>„Gott, wie deſto trauriger!” rief Walt.<lb/>„Weiber und Muͤller, ſagte Vult, halten ver¬<lb/>„ſteckte Windloͤcher, damit Mehl fuͤr ſie verſtaͤu¬<lb/>„be, wenn der andere mahlt.”—</p><lb/><p>„Meinetwegen! ſagte Walt. Ich gab einem<lb/>„Frauenzimmer mein Wort. Ich buͤrge. Gott<lb/>„dank' ich nur, daß er mir eine Gelegenheit be¬<lb/>„ſcherte, das Vertrauen zu zeigen, das man zu<lb/>„den Menſchen haben ſoll, will man nicht das<lb/>„eigne verlieren. Soll es aber ſeyn — laſſ' mich<lb/>„reden in dieſer Stunde — daß kein Gefuͤhl mehr<lb/>„wahrſagt, ſoll der Glaube und die Liebe bluten<lb/>„und verbluten: o ſo freu ich mich, daß ich die<lb/>„Wunde nur empfange, aber nicht ſchlage. Ich<lb/>„buͤrge entſchieden. Vater-Zorn — aber kennt<lb/>„er in ſeiner Dorf-Welt meine hoͤhern Verhaͤlt¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[88/0094]
„Brautherz der Sitzerin, Fuchs, und brauchſt
„den Pinſel-Braͤutigam nur zum Lockvogel, du
„Raub- und Spaßvogel! doch du wirſt roth.
„Was Raphaelens Thraͤnen anlangt — glaube
„mir, die Weiber haben groͤßere
„Schmerzen als die, woruͤber ſie wei¬
„nen!”
„Gott, wie deſto trauriger!” rief Walt.
„Weiber und Muͤller, ſagte Vult, halten ver¬
„ſteckte Windloͤcher, damit Mehl fuͤr ſie verſtaͤu¬
„be, wenn der andere mahlt.” —
„Meinetwegen! ſagte Walt. Ich gab einem
„Frauenzimmer mein Wort. Ich buͤrge. Gott
„dank' ich nur, daß er mir eine Gelegenheit be¬
„ſcherte, das Vertrauen zu zeigen, das man zu
„den Menſchen haben ſoll, will man nicht das
„eigne verlieren. Soll es aber ſeyn — laſſ' mich
„reden in dieſer Stunde — daß kein Gefuͤhl mehr
„wahrſagt, ſoll der Glaube und die Liebe bluten
„und verbluten: o ſo freu ich mich, daß ich die
„Wunde nur empfange, aber nicht ſchlage. Ich
„buͤrge entſchieden. Vater-Zorn — aber kennt
„er in ſeiner Dorf-Welt meine hoͤhern Verhaͤlt¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/94>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.