Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805.ein Mondschimmer ohne Mond, und endlich ver¬ Aber der Morgenröthe gegenüber stand eine Die Chöre der Morgenröthen schlugen jezt ein Mondſchimmer ohne Mond, und endlich ver¬ Aber der Morgenroͤthe gegenuͤber ſtand eine Die Choͤre der Morgenroͤthen ſchlugen jezt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0315" n="309"/> ein Mondſchimmer ohne Mond, und endlich ver¬<lb/> lor es ſich ferner und ferner in einen Floͤten- oder<lb/> Philomelenton.</p><lb/> <p>Aber der Morgenroͤthe gegenuͤber ſtand eine<lb/> Morgenroͤthe auf; immer herzerhebender rauſch¬<lb/> ten beide wie zwei Choͤre einander entgegen, mit<lb/> Toͤnen ſtatt Farben, gleichſam als wenn unbe¬<lb/> kannte ſelige Weſen hinter der Erde ihre Freu¬<lb/> denlieder heraufſingen. Die ſchwarze Blume mit<lb/> der Spinne bog ſich krampfhaft bis zum Knicken<lb/> nieder. Zu einem Lilienkranze waren vom Rade<lb/> die Sterne vom Himmel herabgeſponnen, und<lb/> er nur hellblau gemacht. Der Allklang hatte<lb/> die Blumen zu Baͤumen gereift. Die Kinder<lb/> waren dem Auge zu Menſchen gewachſen, und<lb/> ſtanden endlich als Goͤtter und Goͤttinnen da,<lb/> und ſahen ſehr ernſt nach Morgen und Abend.</p><lb/> <p>Die Choͤre der Morgenroͤthen ſchlugen jezt<lb/> wie Donner einander entgegen, und jeder Schlag<lb/> zuͤndete einen gewaltigern an. Zwei Sonnen<lb/> ſollten aufſteigen, unter dem Klingen des Mor¬<lb/> gens. Siehe, als ſie kommen wollten, wurde<lb/> es leiſer, und dann uͤberall ſtill. Amor flog in<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [309/0315]
ein Mondſchimmer ohne Mond, und endlich ver¬
lor es ſich ferner und ferner in einen Floͤten- oder
Philomelenton.
Aber der Morgenroͤthe gegenuͤber ſtand eine
Morgenroͤthe auf; immer herzerhebender rauſch¬
ten beide wie zwei Choͤre einander entgegen, mit
Toͤnen ſtatt Farben, gleichſam als wenn unbe¬
kannte ſelige Weſen hinter der Erde ihre Freu¬
denlieder heraufſingen. Die ſchwarze Blume mit
der Spinne bog ſich krampfhaft bis zum Knicken
nieder. Zu einem Lilienkranze waren vom Rade
die Sterne vom Himmel herabgeſponnen, und
er nur hellblau gemacht. Der Allklang hatte
die Blumen zu Baͤumen gereift. Die Kinder
waren dem Auge zu Menſchen gewachſen, und
ſtanden endlich als Goͤtter und Goͤttinnen da,
und ſahen ſehr ernſt nach Morgen und Abend.
Die Choͤre der Morgenroͤthen ſchlugen jezt
wie Donner einander entgegen, und jeder Schlag
zuͤndete einen gewaltigern an. Zwei Sonnen
ſollten aufſteigen, unter dem Klingen des Mor¬
gens. Siehe, als ſie kommen wollten, wurde
es leiſer, und dann uͤberall ſtill. Amor flog in
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/315 |
Zitationshilfe: | Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/315>, abgerufen am 22.07.2024. |